Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.welche die Unfehlbarkeit dos Papstes zu bezweifeln wagen. Dies das Wesen der welche die Unfehlbarkeit dos Papstes zu bezweifeln wagen. Dies das Wesen der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187096"/> <p xml:id="ID_436" prev="#ID_435" next="#ID_437"> welche die Unfehlbarkeit dos Papstes zu bezweifeln wagen. Dies das Wesen der<lb/> von Oestreich eingeschlagnen Politik, die in der Vermehrung der östreichischen<lb/> Hausmacht durch wenig bedeutende Erwerbungen und in der möglichsten Aus¬<lb/> beutung des Schattens der kaiserlichen Gewalt ihr Ziel suchte, und durch diese klein¬<lb/> lichen.'theilweise falschen Bestrebungen sich und Deutschlano in Neligionswirrcn<lb/> und zahllose Fehden stürzte, welche die Kräfte einer edlen Nation aufrieben<lb/> und zur Uneinigkeit Deutschlands den Grund legten. In den .Kriegen mit<lb/> Schweden, Holland und Frankreich vergaßen die Regenten Oestreichs, daß<lb/> "n Osten ein weites Feld für die Befriedigung des größten Ehrgeizes<lb/> offen stand. Unter Leopold I. am Ende des siebzehnten Jahrhunderts<lb/> war noch einmal ein besonders günstiger Augenblick, der Politik des Hauses<lb/> ?V^estreich diese Richtung zu geben. Nach der zweiten Belagerung Wiens es82<lb/> wurden durch eine Gesammtanstrcngung der Christenheit die Türken aus dem<lb/> Roßten Theil Ungarns endlich vertrieben und Ofen wiedergcnommen. Alles for¬<lb/> derte dazu aus und einen Augenblick schien anch das wiener Cabinet den Plan<lb/> 5« hegen, die Vernichtung der schon in ihrem Verfall begriffenen osmanischen<lb/> Macht'in Europa zu vollenden, durch die Eroberung aller Provinzen an der<lb/> Donau die Herrschaft im Osten sich anzueignen und so ein mächtiges Reich<lb/> »u schassen, welches auch im Stande gewesen wäre, der damals immer drohender<lb/> werdenden Ausbreitung der französischen Macht in Mitteleuropa Schranken zu<lb/> setzen. Dies unterblieb, Leopold I. und Josef I. verwendeten alle ihre Kräfte,<lb/> um das Uebergewicht in Deutschland und Italien zu behaupten, und die<lb/> ganze spanische Erbschaft ihrem Hause zu erwerben. Dem letzteren Bestreben<lb/> kann die Anerkennung nicht versagt werden, daß es einigermaßen begründet<lb/> war durch die gegründete Hoffnung, die sich das Haus Habsburg machen<lb/> kannte, seine Macht im Fall der Durchführung dieses Planes auf eine Höhe<lb/> sU bringen. die ihm. wenn sich die Interessen der beiden Linien des Hauses<lb/> weht getrennt hätten, das entschiedene Uebergewicht in Europa zugewiesen<lb/> Und dasselbe befähigt hätte. dann auch die angedeutete Rolle im Osten zu<lb/> Übernehmen. Die im spanischen Erbfolgekrieg gemachten Anstrengungen ver¬<lb/> schafften jedoch Oestreich nur den wenig Segen bringenden Besitz Italiens.<lb/> es fortwährend abhielt, seinen wahren Interessen nachzugehen. Noch ein-<lb/> wal. unter Karl VI.. wäre es möglich gewesen, die Rolle des Eroberers un<lb/> Dsl>in zu übernehmen. Es war immer klarer geworden, daß der Glanz der<lb/> "Um Kaiserkrone allen, dem Oberhaupt des deutschen Reiches diesen Rang<lb/> Wehe mehr sichere, daß sich Oestreich, um den moderneren und kräftigeren<lb/> westlichen Staaten gleich zu sein, eine eigne selbstständige Macht schaffen<lb/> wüsse. Ohne genöthigt zu sein, seine Bedeutung als Staat Mitteleuropas<lb/> Kanz aufzuopfern, höchstens auf das entfernte Belgien und die italienischen<lb/> ^Sitzungen verzichtend, hätte Oestreich die Gelegenheit ergreifen können, den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0145]
welche die Unfehlbarkeit dos Papstes zu bezweifeln wagen. Dies das Wesen der
von Oestreich eingeschlagnen Politik, die in der Vermehrung der östreichischen
Hausmacht durch wenig bedeutende Erwerbungen und in der möglichsten Aus¬
beutung des Schattens der kaiserlichen Gewalt ihr Ziel suchte, und durch diese klein¬
lichen.'theilweise falschen Bestrebungen sich und Deutschlano in Neligionswirrcn
und zahllose Fehden stürzte, welche die Kräfte einer edlen Nation aufrieben
und zur Uneinigkeit Deutschlands den Grund legten. In den .Kriegen mit
Schweden, Holland und Frankreich vergaßen die Regenten Oestreichs, daß
"n Osten ein weites Feld für die Befriedigung des größten Ehrgeizes
offen stand. Unter Leopold I. am Ende des siebzehnten Jahrhunderts
war noch einmal ein besonders günstiger Augenblick, der Politik des Hauses
?V^estreich diese Richtung zu geben. Nach der zweiten Belagerung Wiens es82
wurden durch eine Gesammtanstrcngung der Christenheit die Türken aus dem
Roßten Theil Ungarns endlich vertrieben und Ofen wiedergcnommen. Alles for¬
derte dazu aus und einen Augenblick schien anch das wiener Cabinet den Plan
5« hegen, die Vernichtung der schon in ihrem Verfall begriffenen osmanischen
Macht'in Europa zu vollenden, durch die Eroberung aller Provinzen an der
Donau die Herrschaft im Osten sich anzueignen und so ein mächtiges Reich
»u schassen, welches auch im Stande gewesen wäre, der damals immer drohender
werdenden Ausbreitung der französischen Macht in Mitteleuropa Schranken zu
setzen. Dies unterblieb, Leopold I. und Josef I. verwendeten alle ihre Kräfte,
um das Uebergewicht in Deutschland und Italien zu behaupten, und die
ganze spanische Erbschaft ihrem Hause zu erwerben. Dem letzteren Bestreben
kann die Anerkennung nicht versagt werden, daß es einigermaßen begründet
war durch die gegründete Hoffnung, die sich das Haus Habsburg machen
kannte, seine Macht im Fall der Durchführung dieses Planes auf eine Höhe
sU bringen. die ihm. wenn sich die Interessen der beiden Linien des Hauses
weht getrennt hätten, das entschiedene Uebergewicht in Europa zugewiesen
Und dasselbe befähigt hätte. dann auch die angedeutete Rolle im Osten zu
Übernehmen. Die im spanischen Erbfolgekrieg gemachten Anstrengungen ver¬
schafften jedoch Oestreich nur den wenig Segen bringenden Besitz Italiens.
es fortwährend abhielt, seinen wahren Interessen nachzugehen. Noch ein-
wal. unter Karl VI.. wäre es möglich gewesen, die Rolle des Eroberers un
Dsl>in zu übernehmen. Es war immer klarer geworden, daß der Glanz der
"Um Kaiserkrone allen, dem Oberhaupt des deutschen Reiches diesen Rang
Wehe mehr sichere, daß sich Oestreich, um den moderneren und kräftigeren
westlichen Staaten gleich zu sein, eine eigne selbstständige Macht schaffen
wüsse. Ohne genöthigt zu sein, seine Bedeutung als Staat Mitteleuropas
Kanz aufzuopfern, höchstens auf das entfernte Belgien und die italienischen
^Sitzungen verzichtend, hätte Oestreich die Gelegenheit ergreifen können, den
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