Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.erwählt sind, macht ihnen das nicht leicht. Denn die innern Gegensätze zwischen Mit starker Spannung sehen Preußen und Deutsche dem Zusammen¬ So beginnt das Jahr 1859 unter der Herrschaft günstiger Sterne. Und Der Protestantismus und das Laienthum. Am 15. December v. I. haben die meklenburgischen Stände in der Dadurch ist eine für die Entwicklung der gesammten evangelischen Kirche erwählt sind, macht ihnen das nicht leicht. Denn die innern Gegensätze zwischen Mit starker Spannung sehen Preußen und Deutsche dem Zusammen¬ So beginnt das Jahr 1859 unter der Herrschaft günstiger Sterne. Und Der Protestantismus und das Laienthum. Am 15. December v. I. haben die meklenburgischen Stände in der Dadurch ist eine für die Entwicklung der gesammten evangelischen Kirche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0014" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186965"/> <p xml:id="ID_18" prev="#ID_17"> erwählt sind, macht ihnen das nicht leicht. Denn die innern Gegensätze zwischen<lb/> den einzelnen Mitgliedern des Ministeriums sind beträchtlich, und wie groß die per¬<lb/> sönliche Achtung sein mag, welche sie gegeneinander bewahren, so haben sie<lb/> sich doch zu hüten, daß nicht eben deshalb collegiale Nachgiebigkeit den Ansichten<lb/> eines Einzelnen zu viel einräume. Eine Kammersession ohne bedeutende Vor¬<lb/> lagen wird kein so großer Uebelstand sein, als Vorlagen, — etwa ein neues<lb/> Ehegesetz — denen die innerliche Beistimmung der meisten von ihnen und<lb/> die freudige Beistimmung der Vertreter des Volks fehlte. Denn man darf<lb/> zweifeln, was gefährlicher wäre, eine zögernde, rücksichtsvolle und schwache<lb/> Annahme durch das Haus der Abgeordneten, oder eine ebenso zögernde,<lb/> peinliche und verletzende Zurückweisung. Im erstem Fall würde das Ver¬<lb/> trauen zu der neuen Volksvertretung gefährlich erschüttert, im zweiten sogar<lb/> die Existenz des Ministeriums gefährdet.</p><lb/> <p xml:id="ID_19"> Mit starker Spannung sehen Preußen und Deutsche dem Zusammen¬<lb/> tritt der Kammern entgegen. Fast alles ist diesmal in dem Haus der Ab¬<lb/> geordneten vereinigt, was Preußen von politischen Talenten auf der Tribüne<lb/> kennen gelernt hat. Nur die Besten unserer alten Gegner, der Demokraten,<lb/> vermissen wir ungern unter den Gewählten.</p><lb/> <p xml:id="ID_20"> So beginnt das Jahr 1859 unter der Herrschaft günstiger Sterne. Und<lb/> wer die Aufgabe hat, ihren Lauf zu deuten und seiner Nation darüber zu be¬<lb/> richten, darf wol mit Freude in solche Zukunft sehn, und sich selbst Glück wün¬<lb/> schen, daß seine Augen offen blieben, die neue Zeit zu schauen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Protestantismus und das Laienthum.</head><lb/> <p xml:id="ID_21"> Am 15. December v. I. haben die meklenburgischen Stände in der<lb/> Angelegenheit des Professor Baumgarten mit 72.48 Stimmen folgenden<lb/> Beschluß gesaßt: „Stände halten durch die im Baumgartenschen Absetzungs-<lb/> decret ohne zuvoriges kirchenrechtliches Verfahren ausgesprochene Verurtheilung<lb/> der Lehre desselben ihre Rechte verletzt, und beantragen aus eignem Antrieb<lb/> für denselben die Einleitung des kirchenordnungsmäßigen Verfahiens."</p><lb/> <p xml:id="ID_22"> Dadurch ist eine für die Entwicklung der gesammten evangelischen Kirche<lb/> hochwichtige Angelegenheit in ein neues Stadium getreten, deren Thatbestand<lb/> Professor Baumgarten selbst in der Schrift „Die kirchliche Krisis in Mek-<lb/> lenburg" (Braunschweig, Brühn), beleuchtet.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0014]
erwählt sind, macht ihnen das nicht leicht. Denn die innern Gegensätze zwischen
den einzelnen Mitgliedern des Ministeriums sind beträchtlich, und wie groß die per¬
sönliche Achtung sein mag, welche sie gegeneinander bewahren, so haben sie
sich doch zu hüten, daß nicht eben deshalb collegiale Nachgiebigkeit den Ansichten
eines Einzelnen zu viel einräume. Eine Kammersession ohne bedeutende Vor¬
lagen wird kein so großer Uebelstand sein, als Vorlagen, — etwa ein neues
Ehegesetz — denen die innerliche Beistimmung der meisten von ihnen und
die freudige Beistimmung der Vertreter des Volks fehlte. Denn man darf
zweifeln, was gefährlicher wäre, eine zögernde, rücksichtsvolle und schwache
Annahme durch das Haus der Abgeordneten, oder eine ebenso zögernde,
peinliche und verletzende Zurückweisung. Im erstem Fall würde das Ver¬
trauen zu der neuen Volksvertretung gefährlich erschüttert, im zweiten sogar
die Existenz des Ministeriums gefährdet.
Mit starker Spannung sehen Preußen und Deutsche dem Zusammen¬
tritt der Kammern entgegen. Fast alles ist diesmal in dem Haus der Ab¬
geordneten vereinigt, was Preußen von politischen Talenten auf der Tribüne
kennen gelernt hat. Nur die Besten unserer alten Gegner, der Demokraten,
vermissen wir ungern unter den Gewählten.
So beginnt das Jahr 1859 unter der Herrschaft günstiger Sterne. Und
wer die Aufgabe hat, ihren Lauf zu deuten und seiner Nation darüber zu be¬
richten, darf wol mit Freude in solche Zukunft sehn, und sich selbst Glück wün¬
schen, daß seine Augen offen blieben, die neue Zeit zu schauen.
Der Protestantismus und das Laienthum.
Am 15. December v. I. haben die meklenburgischen Stände in der
Angelegenheit des Professor Baumgarten mit 72.48 Stimmen folgenden
Beschluß gesaßt: „Stände halten durch die im Baumgartenschen Absetzungs-
decret ohne zuvoriges kirchenrechtliches Verfahren ausgesprochene Verurtheilung
der Lehre desselben ihre Rechte verletzt, und beantragen aus eignem Antrieb
für denselben die Einleitung des kirchenordnungsmäßigen Verfahiens."
Dadurch ist eine für die Entwicklung der gesammten evangelischen Kirche
hochwichtige Angelegenheit in ein neues Stadium getreten, deren Thatbestand
Professor Baumgarten selbst in der Schrift „Die kirchliche Krisis in Mek-
lenburg" (Braunschweig, Brühn), beleuchtet.
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