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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Oestreich unter Metternich.

Zeitgenössische Geschichten von Dr. Adolf Schmidt, Professor an der
Universität Zürich. -- 1) Frankreich von 1815 bis 1830, 2) Oestreich
von 1830 bis 1848. -- Berlin, Duncker und Humblot. --

Diese Mittheilungen gehören zu dem Anziehendsten und Geistvollsten,
^as in den letzten Jahren über den Gegenstand veröffentlicht worden ist. Zu
Grunde liegen die Berichte der eidgenössischen Bevollmächtigten in Wien und
Paris, die manches enthüllen, was der Presse unbekannt oder unverständlich
^ich; doch hat der Verfasser dabei auch die übrigen zum Theil seltenen
Quellen zu Rathe gezogen und namentlich über die Zustände Oestreichs von
I83y^ig-ig ein abgerundetes Gemälde zu Stande gebracht, so weit das
"wgljch jhe, wo die Hauptquellen noch immer unzugänglich sind. Den ersten
Abschnitt des Buchs, die französischen Zustände vor der Julirevolution, über-
^'du wir. da diese bereits vielfältig anderwärts beleuchtet sind.

Wie sich noch in unsrer aufgeklärten Zeit der Oeffentlichkeit Mythen bil-
zeigt die populäre Vorstellung über das Verhältniß Metternichs zu Kaiser
Manz. Fast allgemein sieht man in Metternich eine dämonische Natur, einen
Mann von eisernem Willen, der den Kaiserstaat ungefähr in der Weise des
ardinnl Richelieu regierte, in Kaiser Franz dagegen einen schwachen aber
gutmüthigen Fürsten, der seinen Minister gewähren ließ. In der Wirklichkeit
^ar es anders: Kaiser Franz erinnert in mancher Beziehung, freilich nicht
und den Glanz seiner Herrschaft, an einen stammverwandten Monarchen,
°" König Philipp II. von Spanien, nur daß sich in Bezug auf die Form
" spanische Grandezza in wiener Gemüthlichkeit auflöste. Kaiser Franz
der Herr und Metternich der Diener; freilich ein glänzend begabter Diener.
^ sich aber doch nur dadurch an der Spitze hielt, daß er in allen ernsthaften
vllisionsfällen dem Willen seines Herrn sich fügte. Durch seine Anlage und
Erziehung ein Diplomat im größten Stil, war er die rechte Hand des
"'fers in Bezug auf die auswärtigen Angelegenheiten, aber selbst hier war


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Oestreich unter Metternich.

Zeitgenössische Geschichten von Dr. Adolf Schmidt, Professor an der
Universität Zürich. — 1) Frankreich von 1815 bis 1830, 2) Oestreich
von 1830 bis 1848. — Berlin, Duncker und Humblot. —

Diese Mittheilungen gehören zu dem Anziehendsten und Geistvollsten,
^as in den letzten Jahren über den Gegenstand veröffentlicht worden ist. Zu
Grunde liegen die Berichte der eidgenössischen Bevollmächtigten in Wien und
Paris, die manches enthüllen, was der Presse unbekannt oder unverständlich
^ich; doch hat der Verfasser dabei auch die übrigen zum Theil seltenen
Quellen zu Rathe gezogen und namentlich über die Zustände Oestreichs von
I83y^ig-ig ein abgerundetes Gemälde zu Stande gebracht, so weit das
"wgljch jhe, wo die Hauptquellen noch immer unzugänglich sind. Den ersten
Abschnitt des Buchs, die französischen Zustände vor der Julirevolution, über-
^'du wir. da diese bereits vielfältig anderwärts beleuchtet sind.

Wie sich noch in unsrer aufgeklärten Zeit der Oeffentlichkeit Mythen bil-
zeigt die populäre Vorstellung über das Verhältniß Metternichs zu Kaiser
Manz. Fast allgemein sieht man in Metternich eine dämonische Natur, einen
Mann von eisernem Willen, der den Kaiserstaat ungefähr in der Weise des
ardinnl Richelieu regierte, in Kaiser Franz dagegen einen schwachen aber
gutmüthigen Fürsten, der seinen Minister gewähren ließ. In der Wirklichkeit
^ar es anders: Kaiser Franz erinnert in mancher Beziehung, freilich nicht
und den Glanz seiner Herrschaft, an einen stammverwandten Monarchen,
°" König Philipp II. von Spanien, nur daß sich in Bezug auf die Form
" spanische Grandezza in wiener Gemüthlichkeit auflöste. Kaiser Franz
der Herr und Metternich der Diener; freilich ein glänzend begabter Diener.
^ sich aber doch nur dadurch an der Spitze hielt, daß er in allen ernsthaften
vllisionsfällen dem Willen seines Herrn sich fügte. Durch seine Anlage und
Erziehung ein Diplomat im größten Stil, war er die rechte Hand des
"'fers in Bezug auf die auswärtigen Angelegenheiten, aber selbst hier war


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[0131] Oestreich unter Metternich. Zeitgenössische Geschichten von Dr. Adolf Schmidt, Professor an der Universität Zürich. — 1) Frankreich von 1815 bis 1830, 2) Oestreich von 1830 bis 1848. — Berlin, Duncker und Humblot. — Diese Mittheilungen gehören zu dem Anziehendsten und Geistvollsten, ^as in den letzten Jahren über den Gegenstand veröffentlicht worden ist. Zu Grunde liegen die Berichte der eidgenössischen Bevollmächtigten in Wien und Paris, die manches enthüllen, was der Presse unbekannt oder unverständlich ^ich; doch hat der Verfasser dabei auch die übrigen zum Theil seltenen Quellen zu Rathe gezogen und namentlich über die Zustände Oestreichs von I83y^ig-ig ein abgerundetes Gemälde zu Stande gebracht, so weit das "wgljch jhe, wo die Hauptquellen noch immer unzugänglich sind. Den ersten Abschnitt des Buchs, die französischen Zustände vor der Julirevolution, über- ^'du wir. da diese bereits vielfältig anderwärts beleuchtet sind. Wie sich noch in unsrer aufgeklärten Zeit der Oeffentlichkeit Mythen bil- zeigt die populäre Vorstellung über das Verhältniß Metternichs zu Kaiser Manz. Fast allgemein sieht man in Metternich eine dämonische Natur, einen Mann von eisernem Willen, der den Kaiserstaat ungefähr in der Weise des ardinnl Richelieu regierte, in Kaiser Franz dagegen einen schwachen aber gutmüthigen Fürsten, der seinen Minister gewähren ließ. In der Wirklichkeit ^ar es anders: Kaiser Franz erinnert in mancher Beziehung, freilich nicht und den Glanz seiner Herrschaft, an einen stammverwandten Monarchen, °" König Philipp II. von Spanien, nur daß sich in Bezug auf die Form " spanische Grandezza in wiener Gemüthlichkeit auflöste. Kaiser Franz der Herr und Metternich der Diener; freilich ein glänzend begabter Diener. ^ sich aber doch nur dadurch an der Spitze hielt, daß er in allen ernsthaften vllisionsfällen dem Willen seines Herrn sich fügte. Durch seine Anlage und Erziehung ein Diplomat im größten Stil, war er die rechte Hand des "'fers in Bezug auf die auswärtigen Angelegenheiten, aber selbst hier war H>c"jboten I. 165S. ,K

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/131>, abgerufen am 24.07.2024.