Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.und Beobachtungen des Verfassers in Australien enthält, ist reich an interessanten Adelaide -- wie schon der schone Name zeigt -- von Deutschen gegründet, Die Stadt liegt malerisch schön, an der Schwelle des Südens, im Hintergründe Alle Mundarten des deutschen Reiches klingen durch das schnarrende Straßen- und Beobachtungen des Verfassers in Australien enthält, ist reich an interessanten Adelaide — wie schon der schone Name zeigt — von Deutschen gegründet, Die Stadt liegt malerisch schön, an der Schwelle des Südens, im Hintergründe Alle Mundarten des deutschen Reiches klingen durch das schnarrende Straßen- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0128" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187079"/> <p xml:id="ID_385" prev="#ID_384"> und Beobachtungen des Verfassers in Australien enthält, ist reich an interessanten<lb/> Mittheilungen. Besonders gelungen sind die Schilderungen aus dem Mincndistrict,<lb/> aus Melbourne und aus Adelaide. Wir geben als Probe eines der Bilder aus<lb/> letzterer Stadt:</p><lb/> <p xml:id="ID_386"> Adelaide — wie schon der schone Name zeigt — von Deutschen gegründet,<lb/> steht wie ein junger, lebensfrischer Baum in der Maienblüte vielversprechender Ent¬<lb/> wickelung. Noch hat der Ort nicht die Ausdehnung und Zahl der Bevölkerung<lb/> wie Melbourne und Sidney erreicht — die Attracticm des Goldes macht diese Städte<lb/> zu Centralpunkten des Landes — aber als Hauptstadt von Südaustralien, wo die<lb/> Macht des tropischen Himmels alle Reichthümer der Erde segnet, wo außer den<lb/> Herrlichkeiten des Südens auch alle Früchte der gemäßigten Zone gedeihen, und der<lb/> Ackerbau sich rascher und blühender entfaltet, wie im nördlichen Theil des Landes,<lb/> genießt Adelaide eine schönere Bedeutung, als ihre Schwesterstädtc, und auch die<lb/> Bevölkerung, die viele deutsche und nicht gar so abenteuerliche Elemente zählt, hat<lb/> schon eine höhere Stufe der Cultur erstiegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_387"> Die Stadt liegt malerisch schön, an der Schwelle des Südens, im Hintergründe<lb/> von himmelnahcn Höhen begrenzt, die bis zum Rande des Oceans sich hinziehen,<lb/> und mit den Blue Mountains vereinigt nach Norden laufen. Die Straßen, nach<lb/> amerikanischer Art mit schattenkühlcn Norfolkpalmcn bepflanzt, sind größtentheils<lb/> mit Stein gepflastert; einzelne imposante Gebäude, Kirchen mit Kuppeln und Thür¬<lb/> men, wachsen stolz und fabelhaft schnell aus dem Boden, der vor kurzem nur<lb/> Brettcrhäuser und Leinwandzeltc trug; deutscher Fleiß und britische Gediegenheit<lb/> walten hier in überraschend günstiger Weise und die zierlichen ein- auch zweistvck-<lb/> hohen Wohnhäuser, nach moderner Bauart sehr geschmackvoll mit Balkonen, Blumen-<lb/> gärtchen und grünen Jalousien geschmückt, blicken mir so traulich entgegen, daß<lb/> ich, heiter gestimmt, die entlegenen Freunde und das Heimweh vergesse. Ist es doch<lb/> das erste Mal in diesem Welttheile. daß ich deutsches Leben, ein Schiff voll reicher<lb/> Ladung auf offener See, bei günstigem Winde, mit geschwellten Segeln stolz dahin-<lb/> fahren sehe, denn überall auf meinen Wanderungen fand ich das vaterländische<lb/> Element gleich einem gebrechlichen Fahrzeuge schlecht gesteuert und cntmastct von<lb/> den schwankenden Wellen, getragen hin in das Ungewisse, unter sich den Abgrund,<lb/> hinter sich die Launen des Windes, immer umherirrend, zerstreut und ohne Ziel.<lb/> Und Adelaide ist der Zufluchtshafcu der über den Ocean gewebten Volksthümlichkeit.<lb/> Man findet hier ein Thusnclda-Casino, ein Friedrich Schiller-Theater, mehre Lese-<lb/> vereine, Handels- und Asseeuranzgcscllschaftcn, kurz es ist hier, wie nach den classi-<lb/> schen Phantasien des Astronomen Gruithuisen, als ob ein Stück Deutschland plötz¬<lb/> lich vom Monde herabgefallen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_388" next="#ID_389"> Alle Mundarten des deutschen Reiches klingen durch das schnarrende Straßen-<lb/> gcschwätz, und war sollte es nicht freudig überraschen, wenn ihn zwölftausend Mei¬<lb/> len fern vom Vaterlande so liebe heimathliche Erinnerungen umschmeicheln? Wandelt<lb/> man durch das meist von deutschen Gastwirthcn, Kaufleuten und Handwerkern<lb/> bewohnte Germcmiavicrtcl, wo das Völkchen der Krämer und Makler mit Bienen-<lb/> emsigkeit durch die Straßen wimmelt, so glaubt man sich im Traume in irgend<lb/> ein handelshcflisscncs Seitengäßchen der freien Stadt Frankfurt versetzt. Was das<lb/> merkantilische Genie des vaterländischen Soll und Habens nur Erfinderisches aus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0128]
und Beobachtungen des Verfassers in Australien enthält, ist reich an interessanten
Mittheilungen. Besonders gelungen sind die Schilderungen aus dem Mincndistrict,
aus Melbourne und aus Adelaide. Wir geben als Probe eines der Bilder aus
letzterer Stadt:
Adelaide — wie schon der schone Name zeigt — von Deutschen gegründet,
steht wie ein junger, lebensfrischer Baum in der Maienblüte vielversprechender Ent¬
wickelung. Noch hat der Ort nicht die Ausdehnung und Zahl der Bevölkerung
wie Melbourne und Sidney erreicht — die Attracticm des Goldes macht diese Städte
zu Centralpunkten des Landes — aber als Hauptstadt von Südaustralien, wo die
Macht des tropischen Himmels alle Reichthümer der Erde segnet, wo außer den
Herrlichkeiten des Südens auch alle Früchte der gemäßigten Zone gedeihen, und der
Ackerbau sich rascher und blühender entfaltet, wie im nördlichen Theil des Landes,
genießt Adelaide eine schönere Bedeutung, als ihre Schwesterstädtc, und auch die
Bevölkerung, die viele deutsche und nicht gar so abenteuerliche Elemente zählt, hat
schon eine höhere Stufe der Cultur erstiegen.
Die Stadt liegt malerisch schön, an der Schwelle des Südens, im Hintergründe
von himmelnahcn Höhen begrenzt, die bis zum Rande des Oceans sich hinziehen,
und mit den Blue Mountains vereinigt nach Norden laufen. Die Straßen, nach
amerikanischer Art mit schattenkühlcn Norfolkpalmcn bepflanzt, sind größtentheils
mit Stein gepflastert; einzelne imposante Gebäude, Kirchen mit Kuppeln und Thür¬
men, wachsen stolz und fabelhaft schnell aus dem Boden, der vor kurzem nur
Brettcrhäuser und Leinwandzeltc trug; deutscher Fleiß und britische Gediegenheit
walten hier in überraschend günstiger Weise und die zierlichen ein- auch zweistvck-
hohen Wohnhäuser, nach moderner Bauart sehr geschmackvoll mit Balkonen, Blumen-
gärtchen und grünen Jalousien geschmückt, blicken mir so traulich entgegen, daß
ich, heiter gestimmt, die entlegenen Freunde und das Heimweh vergesse. Ist es doch
das erste Mal in diesem Welttheile. daß ich deutsches Leben, ein Schiff voll reicher
Ladung auf offener See, bei günstigem Winde, mit geschwellten Segeln stolz dahin-
fahren sehe, denn überall auf meinen Wanderungen fand ich das vaterländische
Element gleich einem gebrechlichen Fahrzeuge schlecht gesteuert und cntmastct von
den schwankenden Wellen, getragen hin in das Ungewisse, unter sich den Abgrund,
hinter sich die Launen des Windes, immer umherirrend, zerstreut und ohne Ziel.
Und Adelaide ist der Zufluchtshafcu der über den Ocean gewebten Volksthümlichkeit.
Man findet hier ein Thusnclda-Casino, ein Friedrich Schiller-Theater, mehre Lese-
vereine, Handels- und Asseeuranzgcscllschaftcn, kurz es ist hier, wie nach den classi-
schen Phantasien des Astronomen Gruithuisen, als ob ein Stück Deutschland plötz¬
lich vom Monde herabgefallen wäre.
Alle Mundarten des deutschen Reiches klingen durch das schnarrende Straßen-
gcschwätz, und war sollte es nicht freudig überraschen, wenn ihn zwölftausend Mei¬
len fern vom Vaterlande so liebe heimathliche Erinnerungen umschmeicheln? Wandelt
man durch das meist von deutschen Gastwirthcn, Kaufleuten und Handwerkern
bewohnte Germcmiavicrtcl, wo das Völkchen der Krämer und Makler mit Bienen-
emsigkeit durch die Straßen wimmelt, so glaubt man sich im Traume in irgend
ein handelshcflisscncs Seitengäßchen der freien Stadt Frankfurt versetzt. Was das
merkantilische Genie des vaterländischen Soll und Habens nur Erfinderisches aus-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |