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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Kunstliteratnr.

Die altchristlichen Kirchen nach den Baudenkmalen und älteren Beschreibungen und
der Einfluß des altchristlichen Baustyls aus den Kirchenbau aller späteren
Perioden. Dargestellt und herausgegeben für Architekten, Archäologen, Geist¬
liche und Kunstfreunde von Dr. Hübsch. 1 -- 3 Liest, incl. Gr. Fol. 18
Tafeln Abbild, u. 9 Tafeln Beschreibung. Karlsruhe. 1858. --

Wir halten es sür unsre Pflicht, das vorstehende Werk, in dessen Wesen und
etwaige wissenschaftliche Bedeutung wir nach seiner Vollendung genauer einzugehen
gedenken, vor der Hand wenigstens zur Anzeige zu bringen. Da bis jetzt von den
zehn beabsichtigten Lieferungen nur drei und von den sechzig Platten des Ganzen
nur achtzehn erschienen sind, überdies der bis jetzt gelieferte Text und die beigegebe-
nen Platten sich nicht vollständig decken, so ist ein eingehendes Urtheil über die
einzelnen Bauwerke, deren Beschreibung, Beurtheilung und Ergänzung noch un¬
möglich. Ein längeres Schweigen aber ist ebenso unthunlich, da der Versasser es
für gut befunden hat, dem Werke selbst den Zweck desselben in ziemlich anspruchs¬
voller Weise vorauszuschicken und da es nicht an Solchen gefehlt hat. die auf Treu
und Glauben ohne die erforderlichen Kenntnisse feine Ansicht adoptirt und ohne
weiteres in die Welt hinaustrompctct haben. Wir wollen mithin unsrerseits nur
das prüfen, was wir bis jetzt haben.

Ueber den Zweck des Werkes klärt uns schon der Titel, noch mehr der Prospect
und die Vorrede selbst aus. Der Verfasser hat sich zunächst zu viele Ziele gefleckt
und wir besorgen um deswillen schon, daß er keines erreichen wird. Er will zu¬
nächst eine angebliche Lücke ausfüllen, die nach seiner Behauptung zwischen dem
Zeitalter Konstantins und dem Karl des Großen in der Literatur der altchristlichen
Baugeschichte vorhanden sein soll. Erst beweise er uns, daß das Werk von Quast
über die altchristlichen Bauwerke Ravennas nicht ein in wissenschaftlicher Hinsicht
fast unerreichbares Musterwerk ist, daß die Basiliken Roms von Gutensohn und
Knappe, von dem Text reden wir nicht, keine genügende und wahrheitsgetreue An¬
schauung geben und daß Salzcnbcrgs altchristliche Bauwerke Konstantinopels in jeder
Hinsicht auch in der rein äußerlichen Ausstattung, auf die Hübsch besonderen Werth
zu legen scheint, gerechte Ansprüche nicht befriedigen, daß endlich über die Katakomben
von dazu Befugten und Unbefugter nicht mehr als erforderlich ist, zusammen
geschrieben worden ist und wir wollen unsern Namen unter diesen ersten Theil seines
Programms setzen.

Der Verfasser macht sich, und auch das flößt uns gerechte Besorgnisse ein, nicht
etwa nur mit Liebe, sondern gradezu mit Enthusiasmus an seine Aufgabe. "Die
kirchliche Poesie und die Musik der altchristlichen Periode gab die erhabensten Muster,"
fagt er und er geht daher jetzt darauf aus, uns auch die Großartigkeit, Mannig¬
faltigkeit der Anlage und Anordnung, die echte Originalität und den strengen Or¬
ganismus der Grundformen nebst der glänzenden Pracht der inneren Ausschmückung
der gleichzeitigen Bauwerke darzuthun. Was jene angestaunten Musterwcrke der Poesie


Kunstliteratnr.

Die altchristlichen Kirchen nach den Baudenkmalen und älteren Beschreibungen und
der Einfluß des altchristlichen Baustyls aus den Kirchenbau aller späteren
Perioden. Dargestellt und herausgegeben für Architekten, Archäologen, Geist¬
liche und Kunstfreunde von Dr. Hübsch. 1 — 3 Liest, incl. Gr. Fol. 18
Tafeln Abbild, u. 9 Tafeln Beschreibung. Karlsruhe. 1858. —

Wir halten es sür unsre Pflicht, das vorstehende Werk, in dessen Wesen und
etwaige wissenschaftliche Bedeutung wir nach seiner Vollendung genauer einzugehen
gedenken, vor der Hand wenigstens zur Anzeige zu bringen. Da bis jetzt von den
zehn beabsichtigten Lieferungen nur drei und von den sechzig Platten des Ganzen
nur achtzehn erschienen sind, überdies der bis jetzt gelieferte Text und die beigegebe-
nen Platten sich nicht vollständig decken, so ist ein eingehendes Urtheil über die
einzelnen Bauwerke, deren Beschreibung, Beurtheilung und Ergänzung noch un¬
möglich. Ein längeres Schweigen aber ist ebenso unthunlich, da der Versasser es
für gut befunden hat, dem Werke selbst den Zweck desselben in ziemlich anspruchs¬
voller Weise vorauszuschicken und da es nicht an Solchen gefehlt hat. die auf Treu
und Glauben ohne die erforderlichen Kenntnisse feine Ansicht adoptirt und ohne
weiteres in die Welt hinaustrompctct haben. Wir wollen mithin unsrerseits nur
das prüfen, was wir bis jetzt haben.

Ueber den Zweck des Werkes klärt uns schon der Titel, noch mehr der Prospect
und die Vorrede selbst aus. Der Verfasser hat sich zunächst zu viele Ziele gefleckt
und wir besorgen um deswillen schon, daß er keines erreichen wird. Er will zu¬
nächst eine angebliche Lücke ausfüllen, die nach seiner Behauptung zwischen dem
Zeitalter Konstantins und dem Karl des Großen in der Literatur der altchristlichen
Baugeschichte vorhanden sein soll. Erst beweise er uns, daß das Werk von Quast
über die altchristlichen Bauwerke Ravennas nicht ein in wissenschaftlicher Hinsicht
fast unerreichbares Musterwerk ist, daß die Basiliken Roms von Gutensohn und
Knappe, von dem Text reden wir nicht, keine genügende und wahrheitsgetreue An¬
schauung geben und daß Salzcnbcrgs altchristliche Bauwerke Konstantinopels in jeder
Hinsicht auch in der rein äußerlichen Ausstattung, auf die Hübsch besonderen Werth
zu legen scheint, gerechte Ansprüche nicht befriedigen, daß endlich über die Katakomben
von dazu Befugten und Unbefugter nicht mehr als erforderlich ist, zusammen
geschrieben worden ist und wir wollen unsern Namen unter diesen ersten Theil seines
Programms setzen.

Der Verfasser macht sich, und auch das flößt uns gerechte Besorgnisse ein, nicht
etwa nur mit Liebe, sondern gradezu mit Enthusiasmus an seine Aufgabe. „Die
kirchliche Poesie und die Musik der altchristlichen Periode gab die erhabensten Muster,"
fagt er und er geht daher jetzt darauf aus, uns auch die Großartigkeit, Mannig¬
faltigkeit der Anlage und Anordnung, die echte Originalität und den strengen Or¬
ganismus der Grundformen nebst der glänzenden Pracht der inneren Ausschmückung
der gleichzeitigen Bauwerke darzuthun. Was jene angestaunten Musterwcrke der Poesie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/88>, abgerufen am 23.07.2024.