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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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gekauft, da man gefunden hat, daß eine Mischung von Kohlen aus den eng¬
lischen Nordgmfschaften und Wales und französischer Kohle weit besser ist, als
französische Kohle allein. Selbst in Toulon, wenige Meilen von den Kohlen¬
gruben von Grand Conde, wird auf allen Kriegsdampfern mit britischen
Kohlen geheizt, obwol diese 34--35 Franken per Tonne kosten, während
die französischen um weniger als die Hälfte dieses Preises zu haben sind.
Die englische Admiralität dagegen gibt in den heimischen Häfen für die besten
Kohlen per Tonne nur 12--18 Schilling, also 15--22 Franken. Der Ar¬
tikel der Heizung bildet jetzt, wie bemerkt, eine sehr wichtige Rubrik bei der
Abschätzung der Kosten einer Flotte, da der Verbrauch bei den größern Fahr¬
zeugen nicht selten 100 Tonnen täglich übersteigt, ein einziges solches Schiff
also binnen 30 Tagen für 18,000 Thaler Kohlen verbrennt.

Dazu kommt, daß trotz der ungeheuern Vorräthe von Kohlen in den
französischen Kriegshafen im Fall eines Krieges, besonders eines Krieges mit
England, der Preis dieses Artikels in wenigen Tagen außerordentlich steigen
würde. Ein Beweis dafür war der Krieg mit Rußland, wo die französische
Negierung für die Tonne Waliser Kohlen 70--80 Franken zahlen mußte,
dennoch aber diese statt der heimischen benutzte. Bei einem Kriege mit Eng¬
land würde man anfangs die englische Kohle kaum zu 100 Franken per Tonne
bekommen und später, wenn die Vorräthe in Frankreich erschöpft wären, über¬
haupt keine mehr haben können.

In Frankreich findet sich so wenig zu Marinezwccken brauchbare Kohle,
daß. wenn Feindseligkeiten zwischen ihm und England ausbrechen und eine
Zeit lang fortdauern sollten, der Preis der Feuerung die Operationen der
französischen Flotte sehr beträchtlich stören würde. Frankreich würde dann in
der Hauptsache von Belgien abhängig sein, und es würde in diesem Fall ent¬
weder ungeheure Preise zahlen oder sich die nothwendige Kohle durch Erobe¬
rung Belgiens verschaffen müssen. Bei dem Versuch einer solchen Eroberung
würde es sicher Holland und Preußen sich gegenübcrsehen.

Man hat nach sorgfältig angestellten Versuchen herausgerechnet, daß die
Maschine eines französischen Kriegsdampfers, wenn sie mit voller Kraft wirkt,
stündlich 100 Kilogramme Kohlen auf jede Pferdekraft verbraucht. Da die¬
selben aber in der Regel nur mit halber Kraft arbeiten, so wird etwa die
Hülste weniger verbraucht. Ein Geschwader von 10 Kriegsdampfern also,
von denen jeder 900 Pferdekraft hätte, würde, falls es mit halber Kraft führe,
zwischen Toulon und Algier etwa 900 und zwischen Toulon und Brest mehr als
5000 Tonnen verbrauchen. Man kann sich hiervon eine Vorstellung der Kosten
machen, welche dieser einzige Artikel bei einer großen Flotte verursachen würde.
Die Fahrt einer solchen von Toulon bis in den Kanal würde, die Pferdekraft
derselben nur dreimal, so groß als/ die jenes Geschwaders und den Preis der


gekauft, da man gefunden hat, daß eine Mischung von Kohlen aus den eng¬
lischen Nordgmfschaften und Wales und französischer Kohle weit besser ist, als
französische Kohle allein. Selbst in Toulon, wenige Meilen von den Kohlen¬
gruben von Grand Conde, wird auf allen Kriegsdampfern mit britischen
Kohlen geheizt, obwol diese 34—35 Franken per Tonne kosten, während
die französischen um weniger als die Hälfte dieses Preises zu haben sind.
Die englische Admiralität dagegen gibt in den heimischen Häfen für die besten
Kohlen per Tonne nur 12—18 Schilling, also 15—22 Franken. Der Ar¬
tikel der Heizung bildet jetzt, wie bemerkt, eine sehr wichtige Rubrik bei der
Abschätzung der Kosten einer Flotte, da der Verbrauch bei den größern Fahr¬
zeugen nicht selten 100 Tonnen täglich übersteigt, ein einziges solches Schiff
also binnen 30 Tagen für 18,000 Thaler Kohlen verbrennt.

Dazu kommt, daß trotz der ungeheuern Vorräthe von Kohlen in den
französischen Kriegshafen im Fall eines Krieges, besonders eines Krieges mit
England, der Preis dieses Artikels in wenigen Tagen außerordentlich steigen
würde. Ein Beweis dafür war der Krieg mit Rußland, wo die französische
Negierung für die Tonne Waliser Kohlen 70—80 Franken zahlen mußte,
dennoch aber diese statt der heimischen benutzte. Bei einem Kriege mit Eng¬
land würde man anfangs die englische Kohle kaum zu 100 Franken per Tonne
bekommen und später, wenn die Vorräthe in Frankreich erschöpft wären, über¬
haupt keine mehr haben können.

In Frankreich findet sich so wenig zu Marinezwccken brauchbare Kohle,
daß. wenn Feindseligkeiten zwischen ihm und England ausbrechen und eine
Zeit lang fortdauern sollten, der Preis der Feuerung die Operationen der
französischen Flotte sehr beträchtlich stören würde. Frankreich würde dann in
der Hauptsache von Belgien abhängig sein, und es würde in diesem Fall ent¬
weder ungeheure Preise zahlen oder sich die nothwendige Kohle durch Erobe¬
rung Belgiens verschaffen müssen. Bei dem Versuch einer solchen Eroberung
würde es sicher Holland und Preußen sich gegenübcrsehen.

Man hat nach sorgfältig angestellten Versuchen herausgerechnet, daß die
Maschine eines französischen Kriegsdampfers, wenn sie mit voller Kraft wirkt,
stündlich 100 Kilogramme Kohlen auf jede Pferdekraft verbraucht. Da die¬
selben aber in der Regel nur mit halber Kraft arbeiten, so wird etwa die
Hülste weniger verbraucht. Ein Geschwader von 10 Kriegsdampfern also,
von denen jeder 900 Pferdekraft hätte, würde, falls es mit halber Kraft führe,
zwischen Toulon und Algier etwa 900 und zwischen Toulon und Brest mehr als
5000 Tonnen verbrauchen. Man kann sich hiervon eine Vorstellung der Kosten
machen, welche dieser einzige Artikel bei einer großen Flotte verursachen würde.
Die Fahrt einer solchen von Toulon bis in den Kanal würde, die Pferdekraft
derselben nur dreimal, so groß als/ die jenes Geschwaders und den Preis der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/66>, abgerufen am 23.07.2024.