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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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sind Gebäude, die sich nur durch ihre Größe von den übrigen Häusern der
Stadt unterscheiden,

Ceuta hat gegenwärtig eine Garnison von 3500 Mann und etwa 2500
Sträflinge. Unter letztern sind indeß nur ungefähr tausend eigentliche Ge¬
fangene, da die übrigen den verschiedenen Privathäusern der Stadt als Ar¬
beiter und Dienstboten zugetheilt sind. Jene eigentlichen Strafgefangnen ha¬
ben die Arbeiten unsrer Festungsstrüflinge zu verrichten, man läßt sie die Stra¬
ßen kehren und verwendet sie bei der Ausbesserung und Erweiterung der ziem¬
lich ausgedehnten Festungswerke. Außerdem werden sie nach den Handwerke",
die sie vertreten, zur Anfertigung von Kleidungsstücken, Gerathen u. s. w.
für den Bedarf der Besatzung angehalten und zur Bedienung der Offiziere,
Unteroffiziere und Soldaten gebraucht; denn selbst der gemeine Musketier und
Kanonier befaßt sich hier mit den gewöhnlichen Kasernenverrichtungen unsrer
Truppen durchaus nicht, sondern widmet alle Zeit, die ihm der Waffendienst
seel läßt, dem Dolce far niente der Siesta.

Einwohner, die weder Strafgefangne noch Soldaten sind, hat Ceuta
höchstens 600. Dieselben bestehen aus einigen Spaniern, vielen Juden und
einer Anzahl von Negern und Mulatten. Sie beschäftigen sich ausschließlich
mit der Pflege ihrer Frucht- und Gemüsegärten und mit dem Fischfang. Nament¬
lich ist es der Thunfisch, der hier in Massen gefangen wird. Man berechnet, daß
monatlich gegen 150,000 Stück in die Netze gehen. Davon müssen nach einem
alten Uebereinkommen täglich 500 in die .Küchen der Garnison abgeliefert
werden; die übrigen werden gedörrt oder eingesalzen in die Häfen von Va¬
lencia, Malaga und Cadix ausgeführt. Ein anderer Ausfuhrartikel wird durch
den Ertrag der Obstgärten gebildet. Obgleich die Stadt Obst in großer
Menge erbaut, liefert Tetuan hauptsächlich den Bedarf an Früchten, da die
Bewohner Ccutas es vorziehen, die ihrigen an die hier landenden Schiffe und
nach Spanien zu verkaufen, und die marokkanischen Städte, deren Haupt¬
erwerbsquelle ihre Orangen-, Granaten- und Olivenpflanzungen sind, die
Früchte derselben zu beispiellos wohlfeilen Preisen abgeben. Ebenso bezieht
Ceuta den größten Theil seines Bedarfs an Fleisch und Getreide aus Marokko.
Doch wird dieser Handel nur von eigens damit beauftragten Lieferanten unter
strenger Aufsicht des Gouverneurs betrieben. Im Uebrigen unterhält die Fe¬
stung nur insofern Verkehr mit dem Innern von Marokko, als alle Monate
zweimal von Gibraltar eine englische Karavane hier anlangt, welche durch
die Wüste nach Tanger geht. Die Spanier dürfen, seit man verrätherische
Verbindungen zur Ueberiiefe rung der Festung an die Mauren entdeckt hat, mit
Ausnahme jener Lebcnsmittellieferanten sich in keiner Weise den afrikanischen
Nachbarn nähern, und die Gouverneure sind beauftragt, dieses Verbot mit
aller Strenge des Kriegsrechts aufrecht zu erhalten. Nachlässigkeit oder Nach-


sind Gebäude, die sich nur durch ihre Größe von den übrigen Häusern der
Stadt unterscheiden,

Ceuta hat gegenwärtig eine Garnison von 3500 Mann und etwa 2500
Sträflinge. Unter letztern sind indeß nur ungefähr tausend eigentliche Ge¬
fangene, da die übrigen den verschiedenen Privathäusern der Stadt als Ar¬
beiter und Dienstboten zugetheilt sind. Jene eigentlichen Strafgefangnen ha¬
ben die Arbeiten unsrer Festungsstrüflinge zu verrichten, man läßt sie die Stra¬
ßen kehren und verwendet sie bei der Ausbesserung und Erweiterung der ziem¬
lich ausgedehnten Festungswerke. Außerdem werden sie nach den Handwerke»,
die sie vertreten, zur Anfertigung von Kleidungsstücken, Gerathen u. s. w.
für den Bedarf der Besatzung angehalten und zur Bedienung der Offiziere,
Unteroffiziere und Soldaten gebraucht; denn selbst der gemeine Musketier und
Kanonier befaßt sich hier mit den gewöhnlichen Kasernenverrichtungen unsrer
Truppen durchaus nicht, sondern widmet alle Zeit, die ihm der Waffendienst
seel läßt, dem Dolce far niente der Siesta.

Einwohner, die weder Strafgefangne noch Soldaten sind, hat Ceuta
höchstens 600. Dieselben bestehen aus einigen Spaniern, vielen Juden und
einer Anzahl von Negern und Mulatten. Sie beschäftigen sich ausschließlich
mit der Pflege ihrer Frucht- und Gemüsegärten und mit dem Fischfang. Nament¬
lich ist es der Thunfisch, der hier in Massen gefangen wird. Man berechnet, daß
monatlich gegen 150,000 Stück in die Netze gehen. Davon müssen nach einem
alten Uebereinkommen täglich 500 in die .Küchen der Garnison abgeliefert
werden; die übrigen werden gedörrt oder eingesalzen in die Häfen von Va¬
lencia, Malaga und Cadix ausgeführt. Ein anderer Ausfuhrartikel wird durch
den Ertrag der Obstgärten gebildet. Obgleich die Stadt Obst in großer
Menge erbaut, liefert Tetuan hauptsächlich den Bedarf an Früchten, da die
Bewohner Ccutas es vorziehen, die ihrigen an die hier landenden Schiffe und
nach Spanien zu verkaufen, und die marokkanischen Städte, deren Haupt¬
erwerbsquelle ihre Orangen-, Granaten- und Olivenpflanzungen sind, die
Früchte derselben zu beispiellos wohlfeilen Preisen abgeben. Ebenso bezieht
Ceuta den größten Theil seines Bedarfs an Fleisch und Getreide aus Marokko.
Doch wird dieser Handel nur von eigens damit beauftragten Lieferanten unter
strenger Aufsicht des Gouverneurs betrieben. Im Uebrigen unterhält die Fe¬
stung nur insofern Verkehr mit dem Innern von Marokko, als alle Monate
zweimal von Gibraltar eine englische Karavane hier anlangt, welche durch
die Wüste nach Tanger geht. Die Spanier dürfen, seit man verrätherische
Verbindungen zur Ueberiiefe rung der Festung an die Mauren entdeckt hat, mit
Ausnahme jener Lebcnsmittellieferanten sich in keiner Weise den afrikanischen
Nachbarn nähern, und die Gouverneure sind beauftragt, dieses Verbot mit
aller Strenge des Kriegsrechts aufrecht zu erhalten. Nachlässigkeit oder Nach-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/60>, abgerufen am 26.08.2024.