Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

land eigenthümlich an, sie ist der Charakter unserer ganzen Zeit, unserer Zeit, in der
die Bewegung nicht mehr durch einzelne Heroen, sondern durch die Massen geschieht.

Wenn Carlyle und seine Gleichgesinnten sich darüber beklagen, daß die Heroen
aus der Welt verschwunden seien, so mag man vom ästhetischen Standpunkt
mit ihnen empfinden. Aber die Seelengröße ist nicht durchaus an die Dimensionen
der äußern Thätigkeit geknüpft: Wahre Größe gibt es heute wie sonst; auch an
ernsten Tragödien, an großen Opfern und großen Entschlüssen fehlt es nicht; nur
ist der Spielraum, der ihnen gelassen wird, geringer geworden. Die Perioden spe¬
cifisch großer Männer, d. h. die Perioden, in denen die Größe so viel Spielraum
fand, die Welt zu beherrschen, waren nicht die glücklichsten der Menschheit. Wenn
Raum da ist für ein unbedingtes, gewaltiges Wollen, so ist das ein sehr entschie¬
denes Zeugniß, daß der Widerstand gegen dasselbe, d. h. die Willenskraft der An¬
dern unverhältnißmäßig schwach sei" muß. Es ist, als ob die Natur nur über
eine gewisse Summe von Kräften zu disponiren habe, und daß, wenn sie alle ihre
Kraft auf ein einziges Haupt concentrirt, die Andern dadurch entnervt werden.
Fast alle Männer, denen die Geschichte den Beinamen des Großen gibt, gingen aus
einer absterbenden Cultur hervor: freilich waren sie dann die Begründer einer neuen,
wie die ewige Naturkraft immer sich selbst hilft.

Diese Bemerkungen mögen trivial klingen, sie sind darum auszusprechen nöthig,
weil man die triviale Wahrheit fortwährend vergißt. Die bei uns so häufig her¬
vortretende Sehnsucht nach großen Männern, d. h. nach Männern, welche die
Zwecke des Weltgeistes allein ausführen, während das Publikum die Hände in den
Schooß legt, ist unvereinbar mit den Gütern, die doch den wahren Kern unsers
Lebens ausmachen, unvereinbar namentlich mit der Freiheit. Die Publicitüt, das
Ueberwiegen der bürgerlichen Interessen, die jedem großen Willen aufgelegte Noth¬
wendigkeit, den Willen der Andern zu respektiren, auch wo er ihn nicht billigen
kann, kurz die Herrschaft des Gesetzes über die Leidenschaft, hat England in den
vorigen Jahrhunderten zu dem Staat gemacht, der den Satyrikern und Humoristen
so überreichen Stoff bietet, der an Humbug und Snobs alle Völker der Erde
übertrifft und der doch in der Geschichte ewig groß dastehen wird. Dasselbe System,
das setzt auch bei uns allmülig sich geltend macht, wird die Narrheiten aller Art
befördern oder wenigstens ans Licht ziehen, die Vorurtheile häufen und verhärten,
Manche große und schöne Kraft frühzeitig mürbe machen und abnutzen und uns
doch im Ganzen groß und glücklich machen. Das Bürgerthum ist etwas anders
als der Adel, der Parlamentarismus etwas anders als ein Heldcnzeitaltcr. Nicht
durch die Weisheit der Einzelnen, sondern durch das Gleichgewicht ihrer Interessen
und Vorurtheile stellt die öffentliche Vernunft sich her.

Man würde diese Bemerkungen aber vollständig mißverstehen, wenn man da¬
rin eine Empfehlung der Gleichgiltigkeit, des Gehenlassens suchen wollte. Der Neu-
iahrsbetrachtung ziemt eine contemplativa Stimmung, dann aber beginnt wieder das
Tagewerk, und je eifriger, leidenschaftlicher und unverdrossener man darangeht, desto besser.
Die gegenwärtige Ungeduld ist kein schlechtes, sondern ein gutes Zeichen: sie ist auch
nicht unberechtigt, denn es hätte in der That in diesem Jahre mehr geschehen können,
^s geschehen ist, und sie wird gute Frucht tragen, da sie einen geraden Weg vor sich hat.

Der nächste Zweck der gegenwärtigen Bewegung ist, die Mißbräuche wegzu¬
schaffen, die das vorige System, ganz dem altpreußischen Geist zuwider, in das sitt¬
liche und rechtliche Leben des Volks eingeführt hat. Man überließ im vorigen Jahre,
und zwar mit Recht, die Initiative dem neuen Ministerium, das man in keiner Weise
drängen wollte. Die Kammern werden jetzt die Verpflichtung haben, der Regierung
darin eifriger als bisher zu Hilfe zu kommen. Sie haben sich namentlich durch die
Furcht nicht abschrecken zu lassen, es könne durch zu heftiges Drängen das befreun¬
de Ministerium erschüttert werden. Es kommt bei uns noch gar nicht darauf an,


land eigenthümlich an, sie ist der Charakter unserer ganzen Zeit, unserer Zeit, in der
die Bewegung nicht mehr durch einzelne Heroen, sondern durch die Massen geschieht.

Wenn Carlyle und seine Gleichgesinnten sich darüber beklagen, daß die Heroen
aus der Welt verschwunden seien, so mag man vom ästhetischen Standpunkt
mit ihnen empfinden. Aber die Seelengröße ist nicht durchaus an die Dimensionen
der äußern Thätigkeit geknüpft: Wahre Größe gibt es heute wie sonst; auch an
ernsten Tragödien, an großen Opfern und großen Entschlüssen fehlt es nicht; nur
ist der Spielraum, der ihnen gelassen wird, geringer geworden. Die Perioden spe¬
cifisch großer Männer, d. h. die Perioden, in denen die Größe so viel Spielraum
fand, die Welt zu beherrschen, waren nicht die glücklichsten der Menschheit. Wenn
Raum da ist für ein unbedingtes, gewaltiges Wollen, so ist das ein sehr entschie¬
denes Zeugniß, daß der Widerstand gegen dasselbe, d. h. die Willenskraft der An¬
dern unverhältnißmäßig schwach sei» muß. Es ist, als ob die Natur nur über
eine gewisse Summe von Kräften zu disponiren habe, und daß, wenn sie alle ihre
Kraft auf ein einziges Haupt concentrirt, die Andern dadurch entnervt werden.
Fast alle Männer, denen die Geschichte den Beinamen des Großen gibt, gingen aus
einer absterbenden Cultur hervor: freilich waren sie dann die Begründer einer neuen,
wie die ewige Naturkraft immer sich selbst hilft.

Diese Bemerkungen mögen trivial klingen, sie sind darum auszusprechen nöthig,
weil man die triviale Wahrheit fortwährend vergißt. Die bei uns so häufig her¬
vortretende Sehnsucht nach großen Männern, d. h. nach Männern, welche die
Zwecke des Weltgeistes allein ausführen, während das Publikum die Hände in den
Schooß legt, ist unvereinbar mit den Gütern, die doch den wahren Kern unsers
Lebens ausmachen, unvereinbar namentlich mit der Freiheit. Die Publicitüt, das
Ueberwiegen der bürgerlichen Interessen, die jedem großen Willen aufgelegte Noth¬
wendigkeit, den Willen der Andern zu respektiren, auch wo er ihn nicht billigen
kann, kurz die Herrschaft des Gesetzes über die Leidenschaft, hat England in den
vorigen Jahrhunderten zu dem Staat gemacht, der den Satyrikern und Humoristen
so überreichen Stoff bietet, der an Humbug und Snobs alle Völker der Erde
übertrifft und der doch in der Geschichte ewig groß dastehen wird. Dasselbe System,
das setzt auch bei uns allmülig sich geltend macht, wird die Narrheiten aller Art
befördern oder wenigstens ans Licht ziehen, die Vorurtheile häufen und verhärten,
Manche große und schöne Kraft frühzeitig mürbe machen und abnutzen und uns
doch im Ganzen groß und glücklich machen. Das Bürgerthum ist etwas anders
als der Adel, der Parlamentarismus etwas anders als ein Heldcnzeitaltcr. Nicht
durch die Weisheit der Einzelnen, sondern durch das Gleichgewicht ihrer Interessen
und Vorurtheile stellt die öffentliche Vernunft sich her.

Man würde diese Bemerkungen aber vollständig mißverstehen, wenn man da¬
rin eine Empfehlung der Gleichgiltigkeit, des Gehenlassens suchen wollte. Der Neu-
iahrsbetrachtung ziemt eine contemplativa Stimmung, dann aber beginnt wieder das
Tagewerk, und je eifriger, leidenschaftlicher und unverdrossener man darangeht, desto besser.
Die gegenwärtige Ungeduld ist kein schlechtes, sondern ein gutes Zeichen: sie ist auch
nicht unberechtigt, denn es hätte in der That in diesem Jahre mehr geschehen können,
^s geschehen ist, und sie wird gute Frucht tragen, da sie einen geraden Weg vor sich hat.

Der nächste Zweck der gegenwärtigen Bewegung ist, die Mißbräuche wegzu¬
schaffen, die das vorige System, ganz dem altpreußischen Geist zuwider, in das sitt¬
liche und rechtliche Leben des Volks eingeführt hat. Man überließ im vorigen Jahre,
und zwar mit Recht, die Initiative dem neuen Ministerium, das man in keiner Weise
drängen wollte. Die Kammern werden jetzt die Verpflichtung haben, der Regierung
darin eifriger als bisher zu Hilfe zu kommen. Sie haben sich namentlich durch die
Furcht nicht abschrecken zu lassen, es könne durch zu heftiges Drängen das befreun¬
de Ministerium erschüttert werden. Es kommt bei uns noch gar nicht darauf an,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0531" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108661"/>
          <p xml:id="ID_1617" prev="#ID_1616"> land eigenthümlich an, sie ist der Charakter unserer ganzen Zeit, unserer Zeit, in der<lb/>
die Bewegung nicht mehr durch einzelne Heroen, sondern durch die Massen geschieht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1618"> Wenn Carlyle und seine Gleichgesinnten sich darüber beklagen, daß die Heroen<lb/>
aus der Welt verschwunden seien, so mag man vom ästhetischen Standpunkt<lb/>
mit ihnen empfinden. Aber die Seelengröße ist nicht durchaus an die Dimensionen<lb/>
der äußern Thätigkeit geknüpft: Wahre Größe gibt es heute wie sonst; auch an<lb/>
ernsten Tragödien, an großen Opfern und großen Entschlüssen fehlt es nicht; nur<lb/>
ist der Spielraum, der ihnen gelassen wird, geringer geworden. Die Perioden spe¬<lb/>
cifisch großer Männer, d. h. die Perioden, in denen die Größe so viel Spielraum<lb/>
fand, die Welt zu beherrschen, waren nicht die glücklichsten der Menschheit. Wenn<lb/>
Raum da ist für ein unbedingtes, gewaltiges Wollen, so ist das ein sehr entschie¬<lb/>
denes Zeugniß, daß der Widerstand gegen dasselbe, d. h. die Willenskraft der An¬<lb/>
dern unverhältnißmäßig schwach sei» muß. Es ist, als ob die Natur nur über<lb/>
eine gewisse Summe von Kräften zu disponiren habe, und daß, wenn sie alle ihre<lb/>
Kraft auf ein einziges Haupt concentrirt, die Andern dadurch entnervt werden.<lb/>
Fast alle Männer, denen die Geschichte den Beinamen des Großen gibt, gingen aus<lb/>
einer absterbenden Cultur hervor: freilich waren sie dann die Begründer einer neuen,<lb/>
wie die ewige Naturkraft immer sich selbst hilft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1619"> Diese Bemerkungen mögen trivial klingen, sie sind darum auszusprechen nöthig,<lb/>
weil man die triviale Wahrheit fortwährend vergißt. Die bei uns so häufig her¬<lb/>
vortretende Sehnsucht nach großen Männern, d. h. nach Männern, welche die<lb/>
Zwecke des Weltgeistes allein ausführen, während das Publikum die Hände in den<lb/>
Schooß legt, ist unvereinbar mit den Gütern, die doch den wahren Kern unsers<lb/>
Lebens ausmachen, unvereinbar namentlich mit der Freiheit. Die Publicitüt, das<lb/>
Ueberwiegen der bürgerlichen Interessen, die jedem großen Willen aufgelegte Noth¬<lb/>
wendigkeit, den Willen der Andern zu respektiren, auch wo er ihn nicht billigen<lb/>
kann, kurz die Herrschaft des Gesetzes über die Leidenschaft, hat England in den<lb/>
vorigen Jahrhunderten zu dem Staat gemacht, der den Satyrikern und Humoristen<lb/>
so überreichen Stoff bietet, der an Humbug und Snobs alle Völker der Erde<lb/>
übertrifft und der doch in der Geschichte ewig groß dastehen wird. Dasselbe System,<lb/>
das setzt auch bei uns allmülig sich geltend macht, wird die Narrheiten aller Art<lb/>
befördern oder wenigstens ans Licht ziehen, die Vorurtheile häufen und verhärten,<lb/>
Manche große und schöne Kraft frühzeitig mürbe machen und abnutzen und uns<lb/>
doch im Ganzen groß und glücklich machen. Das Bürgerthum ist etwas anders<lb/>
als der Adel, der Parlamentarismus etwas anders als ein Heldcnzeitaltcr. Nicht<lb/>
durch die Weisheit der Einzelnen, sondern durch das Gleichgewicht ihrer Interessen<lb/>
und Vorurtheile stellt die öffentliche Vernunft sich her.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1620"> Man würde diese Bemerkungen aber vollständig mißverstehen, wenn man da¬<lb/>
rin eine Empfehlung der Gleichgiltigkeit, des Gehenlassens suchen wollte. Der Neu-<lb/>
iahrsbetrachtung ziemt eine contemplativa Stimmung, dann aber beginnt wieder das<lb/>
Tagewerk, und je eifriger, leidenschaftlicher und unverdrossener man darangeht, desto besser.<lb/>
Die gegenwärtige Ungeduld ist kein schlechtes, sondern ein gutes Zeichen: sie ist auch<lb/>
nicht unberechtigt, denn es hätte in der That in diesem Jahre mehr geschehen können,<lb/>
^s geschehen ist, und sie wird gute Frucht tragen, da sie einen geraden Weg vor sich hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1621" next="#ID_1622"> Der nächste Zweck der gegenwärtigen Bewegung ist, die Mißbräuche wegzu¬<lb/>
schaffen, die das vorige System, ganz dem altpreußischen Geist zuwider, in das sitt¬<lb/>
liche und rechtliche Leben des Volks eingeführt hat. Man überließ im vorigen Jahre,<lb/>
und zwar mit Recht, die Initiative dem neuen Ministerium, das man in keiner Weise<lb/>
drängen wollte. Die Kammern werden jetzt die Verpflichtung haben, der Regierung<lb/>
darin eifriger als bisher zu Hilfe zu kommen. Sie haben sich namentlich durch die<lb/>
Furcht nicht abschrecken zu lassen, es könne durch zu heftiges Drängen das befreun¬<lb/>
de Ministerium erschüttert werden.  Es kommt bei uns noch gar nicht darauf an,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0531] land eigenthümlich an, sie ist der Charakter unserer ganzen Zeit, unserer Zeit, in der die Bewegung nicht mehr durch einzelne Heroen, sondern durch die Massen geschieht. Wenn Carlyle und seine Gleichgesinnten sich darüber beklagen, daß die Heroen aus der Welt verschwunden seien, so mag man vom ästhetischen Standpunkt mit ihnen empfinden. Aber die Seelengröße ist nicht durchaus an die Dimensionen der äußern Thätigkeit geknüpft: Wahre Größe gibt es heute wie sonst; auch an ernsten Tragödien, an großen Opfern und großen Entschlüssen fehlt es nicht; nur ist der Spielraum, der ihnen gelassen wird, geringer geworden. Die Perioden spe¬ cifisch großer Männer, d. h. die Perioden, in denen die Größe so viel Spielraum fand, die Welt zu beherrschen, waren nicht die glücklichsten der Menschheit. Wenn Raum da ist für ein unbedingtes, gewaltiges Wollen, so ist das ein sehr entschie¬ denes Zeugniß, daß der Widerstand gegen dasselbe, d. h. die Willenskraft der An¬ dern unverhältnißmäßig schwach sei» muß. Es ist, als ob die Natur nur über eine gewisse Summe von Kräften zu disponiren habe, und daß, wenn sie alle ihre Kraft auf ein einziges Haupt concentrirt, die Andern dadurch entnervt werden. Fast alle Männer, denen die Geschichte den Beinamen des Großen gibt, gingen aus einer absterbenden Cultur hervor: freilich waren sie dann die Begründer einer neuen, wie die ewige Naturkraft immer sich selbst hilft. Diese Bemerkungen mögen trivial klingen, sie sind darum auszusprechen nöthig, weil man die triviale Wahrheit fortwährend vergißt. Die bei uns so häufig her¬ vortretende Sehnsucht nach großen Männern, d. h. nach Männern, welche die Zwecke des Weltgeistes allein ausführen, während das Publikum die Hände in den Schooß legt, ist unvereinbar mit den Gütern, die doch den wahren Kern unsers Lebens ausmachen, unvereinbar namentlich mit der Freiheit. Die Publicitüt, das Ueberwiegen der bürgerlichen Interessen, die jedem großen Willen aufgelegte Noth¬ wendigkeit, den Willen der Andern zu respektiren, auch wo er ihn nicht billigen kann, kurz die Herrschaft des Gesetzes über die Leidenschaft, hat England in den vorigen Jahrhunderten zu dem Staat gemacht, der den Satyrikern und Humoristen so überreichen Stoff bietet, der an Humbug und Snobs alle Völker der Erde übertrifft und der doch in der Geschichte ewig groß dastehen wird. Dasselbe System, das setzt auch bei uns allmülig sich geltend macht, wird die Narrheiten aller Art befördern oder wenigstens ans Licht ziehen, die Vorurtheile häufen und verhärten, Manche große und schöne Kraft frühzeitig mürbe machen und abnutzen und uns doch im Ganzen groß und glücklich machen. Das Bürgerthum ist etwas anders als der Adel, der Parlamentarismus etwas anders als ein Heldcnzeitaltcr. Nicht durch die Weisheit der Einzelnen, sondern durch das Gleichgewicht ihrer Interessen und Vorurtheile stellt die öffentliche Vernunft sich her. Man würde diese Bemerkungen aber vollständig mißverstehen, wenn man da¬ rin eine Empfehlung der Gleichgiltigkeit, des Gehenlassens suchen wollte. Der Neu- iahrsbetrachtung ziemt eine contemplativa Stimmung, dann aber beginnt wieder das Tagewerk, und je eifriger, leidenschaftlicher und unverdrossener man darangeht, desto besser. Die gegenwärtige Ungeduld ist kein schlechtes, sondern ein gutes Zeichen: sie ist auch nicht unberechtigt, denn es hätte in der That in diesem Jahre mehr geschehen können, ^s geschehen ist, und sie wird gute Frucht tragen, da sie einen geraden Weg vor sich hat. Der nächste Zweck der gegenwärtigen Bewegung ist, die Mißbräuche wegzu¬ schaffen, die das vorige System, ganz dem altpreußischen Geist zuwider, in das sitt¬ liche und rechtliche Leben des Volks eingeführt hat. Man überließ im vorigen Jahre, und zwar mit Recht, die Initiative dem neuen Ministerium, das man in keiner Weise drängen wollte. Die Kammern werden jetzt die Verpflichtung haben, der Regierung darin eifriger als bisher zu Hilfe zu kommen. Sie haben sich namentlich durch die Furcht nicht abschrecken zu lassen, es könne durch zu heftiges Drängen das befreun¬ de Ministerium erschüttert werden. Es kommt bei uns noch gar nicht darauf an,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/531
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/531>, abgerufen am 24.08.2024.