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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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des Sultans, die Kasbah. das Viertel der Neger, das Judenquartier, welches
mit dem der Neger ganz am Ende der Stadt liegt, dann die eigentliche, nur
von Moslemin bewohnte Stadt. Hier in letzterer trifft man die Moscheen, die
Kaufgcwölbe und den Suk oder die Alknssarie (Bnzar, überbauter Markt),
welcher von ziemlich netter Vanart und mit Säulengängen geschmückt ist.
Den Getreidemarkt bildet ein ebenfalls hübsch gebauter, viereckiger und an den
Seiten mit Nischen, in denen die Verkäufer sitzen, versehener Platz. Der Han¬
del, den die Stadt treibt, ist nicht unbedeutend. Außerdem verfertigen die
Einwohner sehr feine Stoffe von weißer Wolle, wie sie die reicheren Mauren
zu ihren Halts und Burnus verwenden. Maroquinpantoffeln und verschiedene
Stahl- und Eisenwaaren. Das Gebiet, welches Mogador umgiebt, ist im
Kleinen dasselbe, wie das der ungeheuren Flngsandwüsten, welche die von hin'
über Marokko oder von Feß ucich Timbuktu ziehenden Karavanen durchwan¬
dern müssen. In der Sahara findet man solche Flugsandgebiete nur hin und
wieder; denn diese Wüste ist im allgemeinen mehr steinig als sandig. We"n
man behauptet, ein Sandsturm in diesen Gegenden könne eine Karawane wäh¬
rend des Marsches begraben, so möchte das übertrieben sein. Aber des
Nachts im Lager ist eine solche allerdings in Gefahr überschüttet zu werden,
und ist dann wenigstens nur Morgen genöthigt, ihr Gepäck auszugraben, und
ihre Waarenballen, ja ihre Kameele herauszuschauen, von denen gewöhnlich
nur noch die Köpfe aus den Wogen des Sandmceres hervorragen. Es ist
sehr schwierig, in der Gegend von Mogador den Weg zu finden, besonders
wenn man nach Marokko hinaus will. Mitten in den Sandwehen, die fort¬
während ihren Platz wechseln, erblickt man nichts als den gelben Erdboden und
den blauen Himmel, und in dein Augenblick, wo Pferd oder Kameel den Fuv
hebt, ist auch die Spur derselben auf dem Boden, so tief sie gewesen sein
mag, schon wieder zugerieselt. Ein Heer mit schwerer Artillerie und vielem
Gepäck würde somit auf keinen Fall die Strecke zwischen Mogador und Ma¬
rokko zurückzulegen im Stande sein.

Mogador ist bis jetzt erst einmal von einem europäischen Geschwader an¬
gegriffen worden, nämlich 1844 von den Franzosen. Dagegen wurde es wieder¬
holt von den benachbarten Stämmen vom Lande her belagert. Dies geschieht
in Marokko nicht selten. Häufig kommen die Bewohner der Wüste und des
Gebirges, um die Hauptstadt ihrer Provinz zu bereunen. deren Häuser sie voll
Schätze glauben und deren Plünderung der stete Traum ihrer Raubsucht ist-
Sie verachten die maurische Bewohnerschaft der Städte aufs tiefste, und nicht
mit Unrecht, da dieselbe nichts von den kriegerischen Gewohnheiten und der
Tapferkeit jener Bevölkerungen besitzt. Ein Kant oder Statthalter würde es
daher niemals wage", sich ohne starke Begleitung auf dem platten Lande er-
. blicken zu lassen oder anderswo als in einer befestigten Stadt zu wohnen.


des Sultans, die Kasbah. das Viertel der Neger, das Judenquartier, welches
mit dem der Neger ganz am Ende der Stadt liegt, dann die eigentliche, nur
von Moslemin bewohnte Stadt. Hier in letzterer trifft man die Moscheen, die
Kaufgcwölbe und den Suk oder die Alknssarie (Bnzar, überbauter Markt),
welcher von ziemlich netter Vanart und mit Säulengängen geschmückt ist.
Den Getreidemarkt bildet ein ebenfalls hübsch gebauter, viereckiger und an den
Seiten mit Nischen, in denen die Verkäufer sitzen, versehener Platz. Der Han¬
del, den die Stadt treibt, ist nicht unbedeutend. Außerdem verfertigen die
Einwohner sehr feine Stoffe von weißer Wolle, wie sie die reicheren Mauren
zu ihren Halts und Burnus verwenden. Maroquinpantoffeln und verschiedene
Stahl- und Eisenwaaren. Das Gebiet, welches Mogador umgiebt, ist im
Kleinen dasselbe, wie das der ungeheuren Flngsandwüsten, welche die von hin'
über Marokko oder von Feß ucich Timbuktu ziehenden Karavanen durchwan¬
dern müssen. In der Sahara findet man solche Flugsandgebiete nur hin und
wieder; denn diese Wüste ist im allgemeinen mehr steinig als sandig. We»n
man behauptet, ein Sandsturm in diesen Gegenden könne eine Karawane wäh¬
rend des Marsches begraben, so möchte das übertrieben sein. Aber des
Nachts im Lager ist eine solche allerdings in Gefahr überschüttet zu werden,
und ist dann wenigstens nur Morgen genöthigt, ihr Gepäck auszugraben, und
ihre Waarenballen, ja ihre Kameele herauszuschauen, von denen gewöhnlich
nur noch die Köpfe aus den Wogen des Sandmceres hervorragen. Es ist
sehr schwierig, in der Gegend von Mogador den Weg zu finden, besonders
wenn man nach Marokko hinaus will. Mitten in den Sandwehen, die fort¬
während ihren Platz wechseln, erblickt man nichts als den gelben Erdboden und
den blauen Himmel, und in dein Augenblick, wo Pferd oder Kameel den Fuv
hebt, ist auch die Spur derselben auf dem Boden, so tief sie gewesen sein
mag, schon wieder zugerieselt. Ein Heer mit schwerer Artillerie und vielem
Gepäck würde somit auf keinen Fall die Strecke zwischen Mogador und Ma¬
rokko zurückzulegen im Stande sein.

Mogador ist bis jetzt erst einmal von einem europäischen Geschwader an¬
gegriffen worden, nämlich 1844 von den Franzosen. Dagegen wurde es wieder¬
holt von den benachbarten Stämmen vom Lande her belagert. Dies geschieht
in Marokko nicht selten. Häufig kommen die Bewohner der Wüste und des
Gebirges, um die Hauptstadt ihrer Provinz zu bereunen. deren Häuser sie voll
Schätze glauben und deren Plünderung der stete Traum ihrer Raubsucht ist-
Sie verachten die maurische Bewohnerschaft der Städte aufs tiefste, und nicht
mit Unrecht, da dieselbe nichts von den kriegerischen Gewohnheiten und der
Tapferkeit jener Bevölkerungen besitzt. Ein Kant oder Statthalter würde es
daher niemals wage», sich ohne starke Begleitung auf dem platten Lande er-
. blicken zu lassen oder anderswo als in einer befestigten Stadt zu wohnen.


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[0520] des Sultans, die Kasbah. das Viertel der Neger, das Judenquartier, welches mit dem der Neger ganz am Ende der Stadt liegt, dann die eigentliche, nur von Moslemin bewohnte Stadt. Hier in letzterer trifft man die Moscheen, die Kaufgcwölbe und den Suk oder die Alknssarie (Bnzar, überbauter Markt), welcher von ziemlich netter Vanart und mit Säulengängen geschmückt ist. Den Getreidemarkt bildet ein ebenfalls hübsch gebauter, viereckiger und an den Seiten mit Nischen, in denen die Verkäufer sitzen, versehener Platz. Der Han¬ del, den die Stadt treibt, ist nicht unbedeutend. Außerdem verfertigen die Einwohner sehr feine Stoffe von weißer Wolle, wie sie die reicheren Mauren zu ihren Halts und Burnus verwenden. Maroquinpantoffeln und verschiedene Stahl- und Eisenwaaren. Das Gebiet, welches Mogador umgiebt, ist im Kleinen dasselbe, wie das der ungeheuren Flngsandwüsten, welche die von hin' über Marokko oder von Feß ucich Timbuktu ziehenden Karavanen durchwan¬ dern müssen. In der Sahara findet man solche Flugsandgebiete nur hin und wieder; denn diese Wüste ist im allgemeinen mehr steinig als sandig. We»n man behauptet, ein Sandsturm in diesen Gegenden könne eine Karawane wäh¬ rend des Marsches begraben, so möchte das übertrieben sein. Aber des Nachts im Lager ist eine solche allerdings in Gefahr überschüttet zu werden, und ist dann wenigstens nur Morgen genöthigt, ihr Gepäck auszugraben, und ihre Waarenballen, ja ihre Kameele herauszuschauen, von denen gewöhnlich nur noch die Köpfe aus den Wogen des Sandmceres hervorragen. Es ist sehr schwierig, in der Gegend von Mogador den Weg zu finden, besonders wenn man nach Marokko hinaus will. Mitten in den Sandwehen, die fort¬ während ihren Platz wechseln, erblickt man nichts als den gelben Erdboden und den blauen Himmel, und in dein Augenblick, wo Pferd oder Kameel den Fuv hebt, ist auch die Spur derselben auf dem Boden, so tief sie gewesen sein mag, schon wieder zugerieselt. Ein Heer mit schwerer Artillerie und vielem Gepäck würde somit auf keinen Fall die Strecke zwischen Mogador und Ma¬ rokko zurückzulegen im Stande sein. Mogador ist bis jetzt erst einmal von einem europäischen Geschwader an¬ gegriffen worden, nämlich 1844 von den Franzosen. Dagegen wurde es wieder¬ holt von den benachbarten Stämmen vom Lande her belagert. Dies geschieht in Marokko nicht selten. Häufig kommen die Bewohner der Wüste und des Gebirges, um die Hauptstadt ihrer Provinz zu bereunen. deren Häuser sie voll Schätze glauben und deren Plünderung der stete Traum ihrer Raubsucht ist- Sie verachten die maurische Bewohnerschaft der Städte aufs tiefste, und nicht mit Unrecht, da dieselbe nichts von den kriegerischen Gewohnheiten und der Tapferkeit jener Bevölkerungen besitzt. Ein Kant oder Statthalter würde es daher niemals wage», sich ohne starke Begleitung auf dem platten Lande er- . blicken zu lassen oder anderswo als in einer befestigten Stadt zu wohnen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/520>, abgerufen am 03.10.2024.