Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.Jahr zu Jahr mehr, besonders auf der Südseite. Die Ruinen des alten Tin- Jahr zu Jahr mehr, besonders auf der Südseite. Die Ruinen des alten Tin- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108608"/> <p xml:id="ID_1476" prev="#ID_1475" next="#ID_1477"> Jahr zu Jahr mehr, besonders auf der Südseite. Die Ruinen des alten Tin-<lb/> gis sind unter den Sandmassen, welche der Ostwind herzuweht. schon bis auf<lb/> wenige Spuren verschwunden, und der Fluß Adir, der den Hafen dieser Haupt'<lb/> stadt des tingitischcn Mauritaniens bildete und noch im Mittelalter maurische und<lb/> portugiesische Galeeren aufnahm, ist jetzt so seicht geworden, daß er nur noch<lb/> von Fischerbarken und auch von diesen nur während der Fluth befahren wer¬<lb/> den kann. Die Umgegend von Tanger ist auf der Südwestseite am frucht¬<lb/> barsten, doch kommt sie der von Tctuan nicht gleich an Schönheit und Frische-<lb/> Die Engländer beziehen von hier die Schafe. Ochsen, Früchte und Gemüse,<lb/> welche die Garnison von Gibraltar bedars. ein Umstand, der die nächste Ver¬<lb/> anlassung für das londoner Kabinet hergab, gegen eine etwa beabsichtigte<lb/> dauernde Besetzung Tangers durch die Spanier zu protestiren. Im Uebrige"<lb/> ist die Stadt weder als Handelsplatz noch als militärischer Posten von großer<lb/> Bedeutung. Tanger ist der von allen drei Hauptstädten des Reichs: Feß-<lb/> Marokko und Mcquiuez, entfernteste Hafen Marokkos. Es liegt 70 Lieues von<lb/> Feß, ebensoweit von Mcquinez und 150 Lieues von Marokko oder Maraksch,<lb/> und um nach letzterem von hier aus eine Botschaft zu senden und Antwort<lb/> zu bekommen, braucht man mindestens 40 Tage. In Betreff der Wichtigkeit<lb/> Tangers für die Beherrschung der Meerenge aber ist zu bemerken, daß es<lb/> überhaupt keine Wichtigkeit für dieselbe hat. da die Scestraße hier wenigstens<lb/> sechs deutsche Meilen breit ist. Beträgt die Breite derselben doch selbst «n<lb/> der schmalsten Stelle, da wo Ceuta und Gibraltar sich gegenüberliegen, zwei<lb/> volle Meilen. Von einer Verhinderung des Durchgangs einer Flotte durch<lb/> Beschießung derselbe» ist also selbst, wenn man sich den Felsen Tanks »ut<lb/> den schwersten Armstronggcschützen gespickt denkt, auch hier nicht zu reden-<lb/> Einestheils haben die Engländer in Gibraltar nur die eine Seite der Durch¬<lb/> fahrt inne, während die andere. Ceuta, den Spaniern gehört, und es<lb/> würde sonach eine England feindliche Flotte sich nur an die afrikanische<lb/> Küste zu halten haben, um den Kugeln der britischen Festung zu ent¬<lb/> gehen. Andrerseits aber würde selbst, wenn Ceuta englisch wäre, der Scha¬<lb/> den, den eine Kugel auf die Entfernung von einer deutschen Meile an¬<lb/> richten könnte, kaum erheblich sein. Dennoch darf die Wichtigkeit, welche<lb/> Gibraltar für Englands Macht im Mittelmeer hat, nicht unterschätzt wer¬<lb/> den. Es geht nämlich durch die Straße von Gibraltar eine Strömung<lb/> vom Atlantischen Ocean in das Mittelländische Meer, die so stark ist, daß<lb/> sie bei Westwind selbst von Dampfern nur mit großen Schwierigkeiten und<lb/> von Segelschiffen gar nicht befahren werden kaun. Eine Flotte also,<lb/> welche die Meerenge passiren will, muß diesen ungünstigen Wind erst bei<lb/> Gibraltar abwarten, um gegen die Strömung aus dem Mittelmeer hinaus¬<lb/> zugehen. Das vermag sie aber nur, wenn sie sicher ist, dort an der Me"'</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0478]
Jahr zu Jahr mehr, besonders auf der Südseite. Die Ruinen des alten Tin-
gis sind unter den Sandmassen, welche der Ostwind herzuweht. schon bis auf
wenige Spuren verschwunden, und der Fluß Adir, der den Hafen dieser Haupt'
stadt des tingitischcn Mauritaniens bildete und noch im Mittelalter maurische und
portugiesische Galeeren aufnahm, ist jetzt so seicht geworden, daß er nur noch
von Fischerbarken und auch von diesen nur während der Fluth befahren wer¬
den kann. Die Umgegend von Tanger ist auf der Südwestseite am frucht¬
barsten, doch kommt sie der von Tctuan nicht gleich an Schönheit und Frische-
Die Engländer beziehen von hier die Schafe. Ochsen, Früchte und Gemüse,
welche die Garnison von Gibraltar bedars. ein Umstand, der die nächste Ver¬
anlassung für das londoner Kabinet hergab, gegen eine etwa beabsichtigte
dauernde Besetzung Tangers durch die Spanier zu protestiren. Im Uebrige"
ist die Stadt weder als Handelsplatz noch als militärischer Posten von großer
Bedeutung. Tanger ist der von allen drei Hauptstädten des Reichs: Feß-
Marokko und Mcquiuez, entfernteste Hafen Marokkos. Es liegt 70 Lieues von
Feß, ebensoweit von Mcquinez und 150 Lieues von Marokko oder Maraksch,
und um nach letzterem von hier aus eine Botschaft zu senden und Antwort
zu bekommen, braucht man mindestens 40 Tage. In Betreff der Wichtigkeit
Tangers für die Beherrschung der Meerenge aber ist zu bemerken, daß es
überhaupt keine Wichtigkeit für dieselbe hat. da die Scestraße hier wenigstens
sechs deutsche Meilen breit ist. Beträgt die Breite derselben doch selbst «n
der schmalsten Stelle, da wo Ceuta und Gibraltar sich gegenüberliegen, zwei
volle Meilen. Von einer Verhinderung des Durchgangs einer Flotte durch
Beschießung derselbe» ist also selbst, wenn man sich den Felsen Tanks »ut
den schwersten Armstronggcschützen gespickt denkt, auch hier nicht zu reden-
Einestheils haben die Engländer in Gibraltar nur die eine Seite der Durch¬
fahrt inne, während die andere. Ceuta, den Spaniern gehört, und es
würde sonach eine England feindliche Flotte sich nur an die afrikanische
Küste zu halten haben, um den Kugeln der britischen Festung zu ent¬
gehen. Andrerseits aber würde selbst, wenn Ceuta englisch wäre, der Scha¬
den, den eine Kugel auf die Entfernung von einer deutschen Meile an¬
richten könnte, kaum erheblich sein. Dennoch darf die Wichtigkeit, welche
Gibraltar für Englands Macht im Mittelmeer hat, nicht unterschätzt wer¬
den. Es geht nämlich durch die Straße von Gibraltar eine Strömung
vom Atlantischen Ocean in das Mittelländische Meer, die so stark ist, daß
sie bei Westwind selbst von Dampfern nur mit großen Schwierigkeiten und
von Segelschiffen gar nicht befahren werden kaun. Eine Flotte also,
welche die Meerenge passiren will, muß diesen ungünstigen Wind erst bei
Gibraltar abwarten, um gegen die Strömung aus dem Mittelmeer hinaus¬
zugehen. Das vermag sie aber nur, wenn sie sicher ist, dort an der Me"'
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