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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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sei dies vorzugsweise der Fall. Das Präsidium erlaube sich daher, die Ver¬
sammlung einzuladen, Gegenstände dieser Art in eigne loco clietg-turao zu
druckende Protokolle aufzunehmen, so wie sich dieselbe bei Annahme der pro¬
visorischen Geschäftsordnung ohnehin vorbehalten habe, die Gegenstände jedes¬
mal zu bezeichnen, welche ausnahmsweise der Publicität entzogen werden soll¬
ten." "Nachdem," heißt es im Protokoll jener Sitzung weiter, und hierin
scheint die damalige gründliche Erörterung und reife Erwägung bestanden zu
haben, "der tgi. preußische, tgi. hannöversche, großherzogl. badische und kurf.
hessische Herr Gesandte diese Ansichten des Präsidiums näher motivirt hatten,
vereinigten sich sämmtliche Stimmen mit der Präsidialproposition, und es ward
beschlossen: bei Abfassung der Protokolle im Geiste obigen Präsidialantrags
vorzugehen und der Bundestanzleidirection auszugeben, künftighin, nach Ma߬
gabe der verhandelten Gegenstände, zweierlei Protokolle jeder Sitzung auf¬
zunehmen, und zwar öffentliche und separat-, blos loco ckiewwraö zu druckende.
Protokolle."

Es ist bemerkenswerth, wie dieser reiflich erwogene Beschluß gegen gewisse
Gesetze der Logik verstößt, ohne deshalb der Oeffentlichkeit vorenthalten worden
zu sein. Denn zuvörderst scheint es eine Mitio pr-animi, wenn daraus, daß
die Gesandten "freundschaftlich" berathen, gefolgert wird, der Inhalt ihrer
Berathung gehöre nicht vor das Publikum. Wir wissen zwar wohl, daß es
in der B.-V. nicht wie in den Congressen des fernen Westens zugeht, daß
vielmehr in der That, wenigstens der äußeren Form nach, freundschaftlich be¬
rathschlagt wird; allein in diesem Sinne ist der Ausdruck des Präsidialantrags
offenbar nicht gemeint, denn weshalb hätte eine solche freundschaftliche Be¬
rathung die Oeffentlichkeit zu scheuen? Es wird vielmehr hier unter "freund¬
schaftlich" verstanden: vertraut, geheim, und das wars ja eben, cava erat
äemoirstiÄuäum, daß die Verhandlung wirklich eine geheime sei. Wenn es
ferner heißt, die Gegenstände der Berathung würden gründlich erörtert und
reiflich erwogen, so würden wir, wenn wir dieses Selbstlob unangefochten
lassen, nothwendig zu dem Schlüsse kommen, daß diese Erörterungen und Er¬
wägungen der Nation mitgetheilt zu werden verdienen, ja nicht entzogen werden
dürfen. Wenn sodann anerkannt wird, daß die Resultate der Verhand¬
lung bekannt gemacht werden müssen, so vermissen wir dabei ein gleiches An-
erkenntniß für die Gründe, welche zu diesen Resultaten geführt haben und
ihr nothwendiges Zubehör sind, wie die Gründe eines Nechtsspruches das Zu¬
behör der Entscheidung. Wenn ferner der Beschluß bei Annahme der provi¬
sorischen Geschäftsordnung, wonach die Bekanntmachung der Verhandlungen
als Regel gelten und die Nichtbekanntmachung einer Verhandlung jedesmal
besonders beschlossen werden soll, zur Begründung beigezogen wird,
scheint uns dieser Beschluß in unvereinbarem Widerspruch mit der Folg^


sei dies vorzugsweise der Fall. Das Präsidium erlaube sich daher, die Ver¬
sammlung einzuladen, Gegenstände dieser Art in eigne loco clietg-turao zu
druckende Protokolle aufzunehmen, so wie sich dieselbe bei Annahme der pro¬
visorischen Geschäftsordnung ohnehin vorbehalten habe, die Gegenstände jedes¬
mal zu bezeichnen, welche ausnahmsweise der Publicität entzogen werden soll¬
ten." „Nachdem," heißt es im Protokoll jener Sitzung weiter, und hierin
scheint die damalige gründliche Erörterung und reife Erwägung bestanden zu
haben, „der tgi. preußische, tgi. hannöversche, großherzogl. badische und kurf.
hessische Herr Gesandte diese Ansichten des Präsidiums näher motivirt hatten,
vereinigten sich sämmtliche Stimmen mit der Präsidialproposition, und es ward
beschlossen: bei Abfassung der Protokolle im Geiste obigen Präsidialantrags
vorzugehen und der Bundestanzleidirection auszugeben, künftighin, nach Ma߬
gabe der verhandelten Gegenstände, zweierlei Protokolle jeder Sitzung auf¬
zunehmen, und zwar öffentliche und separat-, blos loco ckiewwraö zu druckende.
Protokolle."

Es ist bemerkenswerth, wie dieser reiflich erwogene Beschluß gegen gewisse
Gesetze der Logik verstößt, ohne deshalb der Oeffentlichkeit vorenthalten worden
zu sein. Denn zuvörderst scheint es eine Mitio pr-animi, wenn daraus, daß
die Gesandten „freundschaftlich" berathen, gefolgert wird, der Inhalt ihrer
Berathung gehöre nicht vor das Publikum. Wir wissen zwar wohl, daß es
in der B.-V. nicht wie in den Congressen des fernen Westens zugeht, daß
vielmehr in der That, wenigstens der äußeren Form nach, freundschaftlich be¬
rathschlagt wird; allein in diesem Sinne ist der Ausdruck des Präsidialantrags
offenbar nicht gemeint, denn weshalb hätte eine solche freundschaftliche Be¬
rathung die Oeffentlichkeit zu scheuen? Es wird vielmehr hier unter „freund¬
schaftlich" verstanden: vertraut, geheim, und das wars ja eben, cava erat
äemoirstiÄuäum, daß die Verhandlung wirklich eine geheime sei. Wenn es
ferner heißt, die Gegenstände der Berathung würden gründlich erörtert und
reiflich erwogen, so würden wir, wenn wir dieses Selbstlob unangefochten
lassen, nothwendig zu dem Schlüsse kommen, daß diese Erörterungen und Er¬
wägungen der Nation mitgetheilt zu werden verdienen, ja nicht entzogen werden
dürfen. Wenn sodann anerkannt wird, daß die Resultate der Verhand¬
lung bekannt gemacht werden müssen, so vermissen wir dabei ein gleiches An-
erkenntniß für die Gründe, welche zu diesen Resultaten geführt haben und
ihr nothwendiges Zubehör sind, wie die Gründe eines Nechtsspruches das Zu¬
behör der Entscheidung. Wenn ferner der Beschluß bei Annahme der provi¬
sorischen Geschäftsordnung, wonach die Bekanntmachung der Verhandlungen
als Regel gelten und die Nichtbekanntmachung einer Verhandlung jedesmal
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[0374] sei dies vorzugsweise der Fall. Das Präsidium erlaube sich daher, die Ver¬ sammlung einzuladen, Gegenstände dieser Art in eigne loco clietg-turao zu druckende Protokolle aufzunehmen, so wie sich dieselbe bei Annahme der pro¬ visorischen Geschäftsordnung ohnehin vorbehalten habe, die Gegenstände jedes¬ mal zu bezeichnen, welche ausnahmsweise der Publicität entzogen werden soll¬ ten." „Nachdem," heißt es im Protokoll jener Sitzung weiter, und hierin scheint die damalige gründliche Erörterung und reife Erwägung bestanden zu haben, „der tgi. preußische, tgi. hannöversche, großherzogl. badische und kurf. hessische Herr Gesandte diese Ansichten des Präsidiums näher motivirt hatten, vereinigten sich sämmtliche Stimmen mit der Präsidialproposition, und es ward beschlossen: bei Abfassung der Protokolle im Geiste obigen Präsidialantrags vorzugehen und der Bundestanzleidirection auszugeben, künftighin, nach Ma߬ gabe der verhandelten Gegenstände, zweierlei Protokolle jeder Sitzung auf¬ zunehmen, und zwar öffentliche und separat-, blos loco ckiewwraö zu druckende. Protokolle." Es ist bemerkenswerth, wie dieser reiflich erwogene Beschluß gegen gewisse Gesetze der Logik verstößt, ohne deshalb der Oeffentlichkeit vorenthalten worden zu sein. Denn zuvörderst scheint es eine Mitio pr-animi, wenn daraus, daß die Gesandten „freundschaftlich" berathen, gefolgert wird, der Inhalt ihrer Berathung gehöre nicht vor das Publikum. Wir wissen zwar wohl, daß es in der B.-V. nicht wie in den Congressen des fernen Westens zugeht, daß vielmehr in der That, wenigstens der äußeren Form nach, freundschaftlich be¬ rathschlagt wird; allein in diesem Sinne ist der Ausdruck des Präsidialantrags offenbar nicht gemeint, denn weshalb hätte eine solche freundschaftliche Be¬ rathung die Oeffentlichkeit zu scheuen? Es wird vielmehr hier unter „freund¬ schaftlich" verstanden: vertraut, geheim, und das wars ja eben, cava erat äemoirstiÄuäum, daß die Verhandlung wirklich eine geheime sei. Wenn es ferner heißt, die Gegenstände der Berathung würden gründlich erörtert und reiflich erwogen, so würden wir, wenn wir dieses Selbstlob unangefochten lassen, nothwendig zu dem Schlüsse kommen, daß diese Erörterungen und Er¬ wägungen der Nation mitgetheilt zu werden verdienen, ja nicht entzogen werden dürfen. Wenn sodann anerkannt wird, daß die Resultate der Verhand¬ lung bekannt gemacht werden müssen, so vermissen wir dabei ein gleiches An- erkenntniß für die Gründe, welche zu diesen Resultaten geführt haben und ihr nothwendiges Zubehör sind, wie die Gründe eines Nechtsspruches das Zu¬ behör der Entscheidung. Wenn ferner der Beschluß bei Annahme der provi¬ sorischen Geschäftsordnung, wonach die Bekanntmachung der Verhandlungen als Regel gelten und die Nichtbekanntmachung einer Verhandlung jedesmal besonders beschlossen werden soll, zur Begründung beigezogen wird, scheint uns dieser Beschluß in unvereinbarem Widerspruch mit der Folg^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/374>, abgerufen am 24.08.2024.