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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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lig auffassen und dem an sie ergangenen Rufe wohl entsprechen werden. Nicht
ohne Bedeutung, fuhr er fort, "ist auch die vor diesem erfolgte Ernennung
eines frommen und würdigen Priesters aus unserm Lande zu der hochwichtigen
Lehrkanzel der Philosophie an unserer Hochschule, sie ist zugleich ein sprechen¬
der Beweis, daß Se. Majestät die Philosophie auf eine religiöse Basis
zu gründen beabsichtigen." Es kennzeichnet den Geist einer Versammlung,
daß man ihr solches bieten durfte, und wie wenig man darauf verzichtete, in
dieser Weise zu wirken, zeigte erst letzthin die bekannte Rede des Rektors der
wiener Universität.

Die Förderung der materiellen Interessen war kaum der Rede werth.
Wenn man dazu nicht auch die Landesvertheidigung, die auf Commando mit
freudigem Zuruf angenommen wurde, oder die spätere Schutzanordnung rech¬
net, die nach Brandes ihre beste Stütze im gottergebenen Sinn und im Feuereifer
für den alten wahren Glauben hat. die aber zur Zeit der Noth in den Jahren
1848 und 1859 die Herren in Innsbruck so lange rathlos ließ, bis man
mit Geld die Schulzen warb, sind es hauptsächlich nur einige Straßenkorrec-
tionen. welche diesfalls zur Verhandlung kamen. Man benutzte dazu den aus
dem Getreideaufschlag gegründeten Approvisionirungsfond. der die Herbei¬
schaffung von Getreide in Fällen der Noth zum Zwecke hatte, und erleichterte
den Staateschatz. indem man Aerarialstraßen baute. Als nach langem Hader
zwischen den Vertretern voll Nord- und Südtirol die Regelung des nur die
Straßen und Gründe des letzteren jährlich zweimal verheerenden Etschflusses
als Landesangelegcnheit erklärt wurde, weil durch selben der Transit in gM
Tirol gehemmt wurde, markteten jene noch immer wegen jeden Beitrags, "b-
ook aus demselben Fond noch für die Etappenstraße auf dem Jnn gespendet
wurde.

Wir verweilten vielleicht zu lange bei einem Bilde, das ein Zeugniß
von Geistesarmuth für alle jene hinstellt, die an diesen vormürzlichen Ver¬
handlungen theilnahmen; rücksichtsvolle Kürze ist aber nicht am Platze, da
derselbe Landtag aus seiner Asche wieder erstehen soll. Die Vertrauensmänner
sind seine Vorläufer, man will nur Leute, die den Ansichten der Lenker von
Oben entspreche", die keine Opposition machen. Man überlegt dabei nicht'
daß die Zeit, wesentlich eine andere geworden. Die Entwicklungsversuche des
Jahres 1848 und die darauf erfolgte Reaction sind Ereignisse, die sich aus
dem Leben eines Volkes nicht verwischen lassen. Der italienische Krieg M
den Schleier von den Resultaten, die letztere in vollen zehn Jahren erzielt-
Di.e Mängel unserer Verwaltung traten durch Thatsachen zu Tage, die sich
weder verschweigen noch vertuschen noch beschönigen lassen; zunächst d>e
schlechte Leitung des Kriegswesens, also auf einem Felde, wo wir uns jedem
auch dem mächtigsten Feinde gewachsen dachten. Die untauglichen Generale


lig auffassen und dem an sie ergangenen Rufe wohl entsprechen werden. Nicht
ohne Bedeutung, fuhr er fort, „ist auch die vor diesem erfolgte Ernennung
eines frommen und würdigen Priesters aus unserm Lande zu der hochwichtigen
Lehrkanzel der Philosophie an unserer Hochschule, sie ist zugleich ein sprechen¬
der Beweis, daß Se. Majestät die Philosophie auf eine religiöse Basis
zu gründen beabsichtigen." Es kennzeichnet den Geist einer Versammlung,
daß man ihr solches bieten durfte, und wie wenig man darauf verzichtete, in
dieser Weise zu wirken, zeigte erst letzthin die bekannte Rede des Rektors der
wiener Universität.

Die Förderung der materiellen Interessen war kaum der Rede werth.
Wenn man dazu nicht auch die Landesvertheidigung, die auf Commando mit
freudigem Zuruf angenommen wurde, oder die spätere Schutzanordnung rech¬
net, die nach Brandes ihre beste Stütze im gottergebenen Sinn und im Feuereifer
für den alten wahren Glauben hat. die aber zur Zeit der Noth in den Jahren
1848 und 1859 die Herren in Innsbruck so lange rathlos ließ, bis man
mit Geld die Schulzen warb, sind es hauptsächlich nur einige Straßenkorrec-
tionen. welche diesfalls zur Verhandlung kamen. Man benutzte dazu den aus
dem Getreideaufschlag gegründeten Approvisionirungsfond. der die Herbei¬
schaffung von Getreide in Fällen der Noth zum Zwecke hatte, und erleichterte
den Staateschatz. indem man Aerarialstraßen baute. Als nach langem Hader
zwischen den Vertretern voll Nord- und Südtirol die Regelung des nur die
Straßen und Gründe des letzteren jährlich zweimal verheerenden Etschflusses
als Landesangelegcnheit erklärt wurde, weil durch selben der Transit in gM
Tirol gehemmt wurde, markteten jene noch immer wegen jeden Beitrags, "b-
ook aus demselben Fond noch für die Etappenstraße auf dem Jnn gespendet
wurde.

Wir verweilten vielleicht zu lange bei einem Bilde, das ein Zeugniß
von Geistesarmuth für alle jene hinstellt, die an diesen vormürzlichen Ver¬
handlungen theilnahmen; rücksichtsvolle Kürze ist aber nicht am Platze, da
derselbe Landtag aus seiner Asche wieder erstehen soll. Die Vertrauensmänner
sind seine Vorläufer, man will nur Leute, die den Ansichten der Lenker von
Oben entspreche», die keine Opposition machen. Man überlegt dabei nicht'
daß die Zeit, wesentlich eine andere geworden. Die Entwicklungsversuche des
Jahres 1848 und die darauf erfolgte Reaction sind Ereignisse, die sich aus
dem Leben eines Volkes nicht verwischen lassen. Der italienische Krieg M
den Schleier von den Resultaten, die letztere in vollen zehn Jahren erzielt-
Di.e Mängel unserer Verwaltung traten durch Thatsachen zu Tage, die sich
weder verschweigen noch vertuschen noch beschönigen lassen; zunächst d>e
schlechte Leitung des Kriegswesens, also auf einem Felde, wo wir uns jedem
auch dem mächtigsten Feinde gewachsen dachten. Die untauglichen Generale


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[0364] lig auffassen und dem an sie ergangenen Rufe wohl entsprechen werden. Nicht ohne Bedeutung, fuhr er fort, „ist auch die vor diesem erfolgte Ernennung eines frommen und würdigen Priesters aus unserm Lande zu der hochwichtigen Lehrkanzel der Philosophie an unserer Hochschule, sie ist zugleich ein sprechen¬ der Beweis, daß Se. Majestät die Philosophie auf eine religiöse Basis zu gründen beabsichtigen." Es kennzeichnet den Geist einer Versammlung, daß man ihr solches bieten durfte, und wie wenig man darauf verzichtete, in dieser Weise zu wirken, zeigte erst letzthin die bekannte Rede des Rektors der wiener Universität. Die Förderung der materiellen Interessen war kaum der Rede werth. Wenn man dazu nicht auch die Landesvertheidigung, die auf Commando mit freudigem Zuruf angenommen wurde, oder die spätere Schutzanordnung rech¬ net, die nach Brandes ihre beste Stütze im gottergebenen Sinn und im Feuereifer für den alten wahren Glauben hat. die aber zur Zeit der Noth in den Jahren 1848 und 1859 die Herren in Innsbruck so lange rathlos ließ, bis man mit Geld die Schulzen warb, sind es hauptsächlich nur einige Straßenkorrec- tionen. welche diesfalls zur Verhandlung kamen. Man benutzte dazu den aus dem Getreideaufschlag gegründeten Approvisionirungsfond. der die Herbei¬ schaffung von Getreide in Fällen der Noth zum Zwecke hatte, und erleichterte den Staateschatz. indem man Aerarialstraßen baute. Als nach langem Hader zwischen den Vertretern voll Nord- und Südtirol die Regelung des nur die Straßen und Gründe des letzteren jährlich zweimal verheerenden Etschflusses als Landesangelegcnheit erklärt wurde, weil durch selben der Transit in gM Tirol gehemmt wurde, markteten jene noch immer wegen jeden Beitrags, "b- ook aus demselben Fond noch für die Etappenstraße auf dem Jnn gespendet wurde. Wir verweilten vielleicht zu lange bei einem Bilde, das ein Zeugniß von Geistesarmuth für alle jene hinstellt, die an diesen vormürzlichen Ver¬ handlungen theilnahmen; rücksichtsvolle Kürze ist aber nicht am Platze, da derselbe Landtag aus seiner Asche wieder erstehen soll. Die Vertrauensmänner sind seine Vorläufer, man will nur Leute, die den Ansichten der Lenker von Oben entspreche», die keine Opposition machen. Man überlegt dabei nicht' daß die Zeit, wesentlich eine andere geworden. Die Entwicklungsversuche des Jahres 1848 und die darauf erfolgte Reaction sind Ereignisse, die sich aus dem Leben eines Volkes nicht verwischen lassen. Der italienische Krieg M den Schleier von den Resultaten, die letztere in vollen zehn Jahren erzielt- Di.e Mängel unserer Verwaltung traten durch Thatsachen zu Tage, die sich weder verschweigen noch vertuschen noch beschönigen lassen; zunächst d>e schlechte Leitung des Kriegswesens, also auf einem Felde, wo wir uns jedem auch dem mächtigsten Feinde gewachsen dachten. Die untauglichen Generale

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/364>, abgerufen am 24.08.2024.