Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.Herzogthum nur schwer zur Reife, während man in Gärten gute Aepfel- und Die Gewitter aus Wanger-Oge beginnen meist mit heftigen, gefährlichen Herzogthum nur schwer zur Reife, während man in Gärten gute Aepfel- und Die Gewitter aus Wanger-Oge beginnen meist mit heftigen, gefährlichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108166"/> <p xml:id="ID_118" prev="#ID_117"> Herzogthum nur schwer zur Reife, während man in Gärten gute Aepfel- und<lb/> Birnensorten hat. Wanger-Ogc ist im Ganzen baumlos; die heftigen Stürme,<lb/> welche über die Insel fegen, dulden diesen Schmuck der Landschaft nicht;<lb/> namentlich sollen die nordwestlichen Winde jungen Zweigen den Tod bringen.<lb/> Nur niedriges Weidengestrüpp und verkrüppelter Hollunder — der Pöbel unter<lb/> den Baumgcschlechtern, der sich demüthig vor dem Sturm krümmt — fristet<lb/> hier sein trauriges Leben. Dennoch ist das Klima nicht so unfreundlich, als<lb/> man denken sollte; kühle Sommer und milde Winter sind überhaupt diesen<lb/> Küsten eigen. Große Kämpfe hat man öfters mit dem Winde zu bestehen,<lb/> der so stark werden kann, daß man, um die Ecke biegend, plötzlich wie vor<lb/> einer Wand steht und schlechterdings nicht mehr weiter zu kommen vermag.<lb/> Uebrigens erkältet man sich, was anfangs allen Badegästen auffällt, auch bei<lb/> rauhem Wetter nicht leicht, weil der Wind nicht scharf und trocken, sondern<lb/> feucht und mit Salzwassertheilchen erfüllt ist. Im hohen Sommer, wo die<lb/> Sonne nur sehr kurze Zeit unter dem Horizont verweilt — zur Zeit der „hellen<lb/> Nächte", wie es im oldenburgcr Kalender heißt — ist wenig Abkühlung mög¬<lb/> lich. Brütet dann die Hitze der Hundstage auf diesen Sandflächen und Dünen,<lb/> so leidet man — zumal in den engen Stübchen der Schiffer und bei dem<lb/> Mangel an Schatten — sehr. Zum Glück pflegen diese windstillen, glühen¬<lb/> den Tage nicht anzuhalten; schnell erhebt sich wieder die reine, kräftige Luft,<lb/> die schon allein eine treffliche Kur ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_119" next="#ID_120"> Die Gewitter aus Wanger-Oge beginnen meist mit heftigen, gefährlichen<lb/> Windstößen; sie Pflegen rund um die Insel zu ziehen und entladen sich dann<lb/> mit großer Gewalt. Im Winter wird nur dann strenge Kälte fühlbar, wenn die<lb/> Insel ringsum in Eis eingeschlossen ist, was selten geschieht, da bekanntlich See¬<lb/> wasser nur schwer gefriert; bleibt das Meer offen, so lindern dessen Ausdünstungen<lb/> die Strenge der Witterung. Brunnen grübe man natürlich überall mit Leichtig¬<lb/> keit; sie liefern, auch auf den Sandbänken, ein reines, klares, durch den Sand<lb/> geläutertes Wasser, das aber ohne Geist ist. Wer erforschen will, was Dünen<lb/> sind, der findet auf Wanger-Oge reiche Gelegenheit dazu. Diese aus dem<lb/> feinsten Sande bestehenden, durch Quereinschnitte scharf gegliederten Hügelzüge<lb/> von dreißig bis fünfzig Fuß Höhe laufen, durch Längenthaler voneinander<lb/> geschieden, in gleicher Richtung hintereinander her; gegen das Meer fallen sie<lb/> steil ab, während sie gegen das Land weniger schroff geneigt sind. Gelingt<lb/> es der Pflanzenwelt nicht, Fuß auf ihnen zu fassen: so bleiben sie ein Spiel<lb/> des Windes und ändern ihre Schichtungen, indem die alten Gipfel oder Firsten<lb/> einbrechen und neue sich bilden. Da die heftigsten Winde von der See her<lb/> kommen, so wandern auf diese Weise die losen Dünen immer weiter ins Land<lb/> hinein, und der Raub des Meeres an der Feste ist ein doppelter: auf nassem<lb/> und aus trocknem Wege. So gibt es z. B. an der Küste des atlantischen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
Herzogthum nur schwer zur Reife, während man in Gärten gute Aepfel- und
Birnensorten hat. Wanger-Ogc ist im Ganzen baumlos; die heftigen Stürme,
welche über die Insel fegen, dulden diesen Schmuck der Landschaft nicht;
namentlich sollen die nordwestlichen Winde jungen Zweigen den Tod bringen.
Nur niedriges Weidengestrüpp und verkrüppelter Hollunder — der Pöbel unter
den Baumgcschlechtern, der sich demüthig vor dem Sturm krümmt — fristet
hier sein trauriges Leben. Dennoch ist das Klima nicht so unfreundlich, als
man denken sollte; kühle Sommer und milde Winter sind überhaupt diesen
Küsten eigen. Große Kämpfe hat man öfters mit dem Winde zu bestehen,
der so stark werden kann, daß man, um die Ecke biegend, plötzlich wie vor
einer Wand steht und schlechterdings nicht mehr weiter zu kommen vermag.
Uebrigens erkältet man sich, was anfangs allen Badegästen auffällt, auch bei
rauhem Wetter nicht leicht, weil der Wind nicht scharf und trocken, sondern
feucht und mit Salzwassertheilchen erfüllt ist. Im hohen Sommer, wo die
Sonne nur sehr kurze Zeit unter dem Horizont verweilt — zur Zeit der „hellen
Nächte", wie es im oldenburgcr Kalender heißt — ist wenig Abkühlung mög¬
lich. Brütet dann die Hitze der Hundstage auf diesen Sandflächen und Dünen,
so leidet man — zumal in den engen Stübchen der Schiffer und bei dem
Mangel an Schatten — sehr. Zum Glück pflegen diese windstillen, glühen¬
den Tage nicht anzuhalten; schnell erhebt sich wieder die reine, kräftige Luft,
die schon allein eine treffliche Kur ist.
Die Gewitter aus Wanger-Oge beginnen meist mit heftigen, gefährlichen
Windstößen; sie Pflegen rund um die Insel zu ziehen und entladen sich dann
mit großer Gewalt. Im Winter wird nur dann strenge Kälte fühlbar, wenn die
Insel ringsum in Eis eingeschlossen ist, was selten geschieht, da bekanntlich See¬
wasser nur schwer gefriert; bleibt das Meer offen, so lindern dessen Ausdünstungen
die Strenge der Witterung. Brunnen grübe man natürlich überall mit Leichtig¬
keit; sie liefern, auch auf den Sandbänken, ein reines, klares, durch den Sand
geläutertes Wasser, das aber ohne Geist ist. Wer erforschen will, was Dünen
sind, der findet auf Wanger-Oge reiche Gelegenheit dazu. Diese aus dem
feinsten Sande bestehenden, durch Quereinschnitte scharf gegliederten Hügelzüge
von dreißig bis fünfzig Fuß Höhe laufen, durch Längenthaler voneinander
geschieden, in gleicher Richtung hintereinander her; gegen das Meer fallen sie
steil ab, während sie gegen das Land weniger schroff geneigt sind. Gelingt
es der Pflanzenwelt nicht, Fuß auf ihnen zu fassen: so bleiben sie ein Spiel
des Windes und ändern ihre Schichtungen, indem die alten Gipfel oder Firsten
einbrechen und neue sich bilden. Da die heftigsten Winde von der See her
kommen, so wandern auf diese Weise die losen Dünen immer weiter ins Land
hinein, und der Raub des Meeres an der Feste ist ein doppelter: auf nassem
und aus trocknem Wege. So gibt es z. B. an der Küste des atlantischen
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