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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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centrale Angrisfsrichtung an den großen Eisenbahnlinien hin. Es ist nun
freilich möglich, daß die Franzosen statt nur in einer dieser Angriffsrichtungen
'N zweien oder auch in allen dreien vorgehen. Natürlich begreifen wir dar¬
unter nicht, daß sie z. B. mit ihrer Hauptmacht, sagen wir mit oder V"
'hrcr Gesammtmacht in der centralen Richtung vorgehen, während der Nest
von einem Drittel oder einem Viertel auf die beiden andern Angriffsrichtungen
vertheilt wird. Dabei bliebe der Angriff immer noch ein einfacher; solche ver¬
hältnißmäßig schwachen Detackirungcn. welche den Zwnk haben, Kräfte des
Feindes ans falschen Punkten festzuhalten, sie zu beobachten, zu beschäftigen.
U)r etwaiges Vordringen aufzuhalten, den Hauptangnsf zu maskiren und zu
sccundiren -- solche Detachinmgen sind fast nicht zu vermeiden und werden in
geschickten Händen eine furchtbare Waffe. Complicirt nennen wir den Angriff
nur, wenn die Franzosen ihre gesammte Streitmacht in zwei ganz, oder un¬
gefähr gleiche Theile für zwei Angriffsrichtungen oder in drei solche Theile für
"lie drei Angriffsrichtungen zerlegten. Diesem complicirten oder concentrischen
Angriffe begegnet man. wenn die Streitkrüfte beider Parteien nahezu gleich
sind, immer am besten durch Zusammenhalten der eignen Kraft, um eine der
feindlichen Colonnen nach der andern anzufallen und dann mit ziemlicher
Sicherheit zu schlagen. Der concentrische Angriff ist dem nicht ganz von Gott
verlassenen Gegner immer nützlich, nie schädlich, er wird daher auch absolut
verworfen, wenn derjenige, welcher diese Form wühlt, nicht mindestens doppelt
so stark ist, als der in ihr angegriffne Feind. Die Frage, welche dem con-
centrisch Angegriffenen zu entscheiden vorliegt, ist im Wesentlichen, auf welche
Colonne des Angreifers er sich zuerst werfen soll. Gewöhnlich wird die Ant¬
wort wol lauten: auf die nächste, welche man erreichen kann. Nur in weni¬
gen Fällen wird es gestattet sein, noch weitergehende Ueberlegungen anzuknüpfen,
wobei der Wunsch sich geltend machen kann, zuerst die feindliche Colonne auf¬
zusuchen, welche die eigne Rückzugslinie bedroht oder auch die stärkste, damit
Man gegen sie die verhältnißmäßig größte Ueberlegenheit bringe.


W. Nüstow.


centrale Angrisfsrichtung an den großen Eisenbahnlinien hin. Es ist nun
freilich möglich, daß die Franzosen statt nur in einer dieser Angriffsrichtungen
'N zweien oder auch in allen dreien vorgehen. Natürlich begreifen wir dar¬
unter nicht, daß sie z. B. mit ihrer Hauptmacht, sagen wir mit oder V»
'hrcr Gesammtmacht in der centralen Richtung vorgehen, während der Nest
von einem Drittel oder einem Viertel auf die beiden andern Angriffsrichtungen
vertheilt wird. Dabei bliebe der Angriff immer noch ein einfacher; solche ver¬
hältnißmäßig schwachen Detackirungcn. welche den Zwnk haben, Kräfte des
Feindes ans falschen Punkten festzuhalten, sie zu beobachten, zu beschäftigen.
U)r etwaiges Vordringen aufzuhalten, den Hauptangnsf zu maskiren und zu
sccundiren — solche Detachinmgen sind fast nicht zu vermeiden und werden in
geschickten Händen eine furchtbare Waffe. Complicirt nennen wir den Angriff
nur, wenn die Franzosen ihre gesammte Streitmacht in zwei ganz, oder un¬
gefähr gleiche Theile für zwei Angriffsrichtungen oder in drei solche Theile für
"lie drei Angriffsrichtungen zerlegten. Diesem complicirten oder concentrischen
Angriffe begegnet man. wenn die Streitkrüfte beider Parteien nahezu gleich
sind, immer am besten durch Zusammenhalten der eignen Kraft, um eine der
feindlichen Colonnen nach der andern anzufallen und dann mit ziemlicher
Sicherheit zu schlagen. Der concentrische Angriff ist dem nicht ganz von Gott
verlassenen Gegner immer nützlich, nie schädlich, er wird daher auch absolut
verworfen, wenn derjenige, welcher diese Form wühlt, nicht mindestens doppelt
so stark ist, als der in ihr angegriffne Feind. Die Frage, welche dem con-
centrisch Angegriffenen zu entscheiden vorliegt, ist im Wesentlichen, auf welche
Colonne des Angreifers er sich zuerst werfen soll. Gewöhnlich wird die Ant¬
wort wol lauten: auf die nächste, welche man erreichen kann. Nur in weni¬
gen Fällen wird es gestattet sein, noch weitergehende Ueberlegungen anzuknüpfen,
wobei der Wunsch sich geltend machen kann, zuerst die feindliche Colonne auf¬
zusuchen, welche die eigne Rückzugslinie bedroht oder auch die stärkste, damit
Man gegen sie die verhältnißmäßig größte Ueberlegenheit bringe.


W. Nüstow.


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[0359] centrale Angrisfsrichtung an den großen Eisenbahnlinien hin. Es ist nun freilich möglich, daß die Franzosen statt nur in einer dieser Angriffsrichtungen 'N zweien oder auch in allen dreien vorgehen. Natürlich begreifen wir dar¬ unter nicht, daß sie z. B. mit ihrer Hauptmacht, sagen wir mit oder V» 'hrcr Gesammtmacht in der centralen Richtung vorgehen, während der Nest von einem Drittel oder einem Viertel auf die beiden andern Angriffsrichtungen vertheilt wird. Dabei bliebe der Angriff immer noch ein einfacher; solche ver¬ hältnißmäßig schwachen Detackirungcn. welche den Zwnk haben, Kräfte des Feindes ans falschen Punkten festzuhalten, sie zu beobachten, zu beschäftigen. U)r etwaiges Vordringen aufzuhalten, den Hauptangnsf zu maskiren und zu sccundiren — solche Detachinmgen sind fast nicht zu vermeiden und werden in geschickten Händen eine furchtbare Waffe. Complicirt nennen wir den Angriff nur, wenn die Franzosen ihre gesammte Streitmacht in zwei ganz, oder un¬ gefähr gleiche Theile für zwei Angriffsrichtungen oder in drei solche Theile für "lie drei Angriffsrichtungen zerlegten. Diesem complicirten oder concentrischen Angriffe begegnet man. wenn die Streitkrüfte beider Parteien nahezu gleich sind, immer am besten durch Zusammenhalten der eignen Kraft, um eine der feindlichen Colonnen nach der andern anzufallen und dann mit ziemlicher Sicherheit zu schlagen. Der concentrische Angriff ist dem nicht ganz von Gott verlassenen Gegner immer nützlich, nie schädlich, er wird daher auch absolut verworfen, wenn derjenige, welcher diese Form wühlt, nicht mindestens doppelt so stark ist, als der in ihr angegriffne Feind. Die Frage, welche dem con- centrisch Angegriffenen zu entscheiden vorliegt, ist im Wesentlichen, auf welche Colonne des Angreifers er sich zuerst werfen soll. Gewöhnlich wird die Ant¬ wort wol lauten: auf die nächste, welche man erreichen kann. Nur in weni¬ gen Fällen wird es gestattet sein, noch weitergehende Ueberlegungen anzuknüpfen, wobei der Wunsch sich geltend machen kann, zuerst die feindliche Colonne auf¬ zusuchen, welche die eigne Rückzugslinie bedroht oder auch die stärkste, damit Man gegen sie die verhältnißmäßig größte Ueberlegenheit bringe. W. Nüstow.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/359>, abgerufen am 24.08.2024.