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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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werdet. Wir sagten dagegen, sie werden gar nicht mörderischer; denn um
soviel als die Feuerwaffen weiter tragen, bleibt man sich weiter vom Leibe,
namentlich wenn sich die Idee festsetzt, daß mit dem guten Schießen des
einzelnen Mannes Alles gethan sei. Und wir denken, dies hat sich wie im
Krimkrieg so wieder im italienischen Feldzug so sonnenklar bestätigt, daß
man blind sein muß, um es nicht zu sehen. Hier beweisen Zahlen. Bcr-
lustzahlen. Auch die Menschen, welche erst altes sehen wollen, ehe sie
glauben, haben am Ende ihr Theil Belehrung empfangen. Wenn wir leug¬
neten, daß die Schlachten in Folge der Einführung weittragender Feuer¬
waffen mörderischer würden, so mußten wir es an und für sich auch bestrei-
ten. daß die Schnelligkeit der Entscheidung gesteigert sei. Wir konnten
aber noch hinzusetzen, daß das weitere Auscinanderbleiben der Massen
eher die Entscheidung verspäten muß, weil man. um diese sich zu holen,
im Ganzen wie im Einzelnen wirklich durch die Vorbereitung erlangte Resul¬
tate erkennen, sehen muß. weil wenigstens die meisten Menschen darauf z"'
geschnitten sind, und weil man nun einmal nach einer weisen Einrichtung in
der Schöpfung mit dem leiblichen Auge aus größerer Entfernung unvollkom¬
mener sieht. Diese Sache kommt für jedes einzelne Bataillon in Betracht-
Wir können uns einzelne bevorzugte Geister, wirkliche Feldherrn, denken, die
glauben, ohne zu sehen, die mit dem Geiste sehen, was geschehen sein muß
und danach ihre Entschlüsse fassen. Aber in der Classe der BataillonscoM-
mandanten werden diese Geister wohl nicht sehr häusig angetroffen werden-
Und nun sehe man die Schlachten von Solferino und von Magcnta an und
sage uns, ob da etwa die Entscheidung schneller erzielt worden sei, als bei
früheren Schlachten der neuen Zeit. Auch hier wieder sprechen einfache Zab/
im sehr deutlich. So kommt es uns denn vor. als gälte für die heutig
Zeit der Satz des Ritters Folard: man solle sich nur nicht für besiegt hal¬
ten und man sei es nicht, noch mehr als für eine frühere. Will man es
leugnen, daß die Oestreich", wenn sie sich dazu entschließen konnten, getrost
am 5. wie am 25. Juni die Schlacht erneuern dursten? Hier reden die S?
ungebrauchten Batterien ein sehr verständliches Wort. Freilich wäre es
besser gewesen, sie hätten am 24. Juni sich in anderer Weise deutlich ver¬
nehmen lassen. Wir haben auch darauf hingewiesen, wie die übertriebene
Anwendung der Tirailleurs das Sammeln erschwere und wie dieses in vielen
Beziehungen der Erzielung großer Resultate in den Weg trete. Sagen
es nun noch einmal deutlich: es beeinträchtigt die Möglichkeit und die Kruft
der Verfolgung, und es ist uns wohl bekannt, wie grade hierin die mangel¬
hafte, ja man kann sagen, ganz fehlende Verfolgung der Franzosen nach ih""
Siegen in Italien begründet war. Die Oestreicher sind jetzt sehr geneigt'
ihre Niederlagen ihren dünnen Tirailleurketten zuzuschreiben, und wir werde"


werdet. Wir sagten dagegen, sie werden gar nicht mörderischer; denn um
soviel als die Feuerwaffen weiter tragen, bleibt man sich weiter vom Leibe,
namentlich wenn sich die Idee festsetzt, daß mit dem guten Schießen des
einzelnen Mannes Alles gethan sei. Und wir denken, dies hat sich wie im
Krimkrieg so wieder im italienischen Feldzug so sonnenklar bestätigt, daß
man blind sein muß, um es nicht zu sehen. Hier beweisen Zahlen. Bcr-
lustzahlen. Auch die Menschen, welche erst altes sehen wollen, ehe sie
glauben, haben am Ende ihr Theil Belehrung empfangen. Wenn wir leug¬
neten, daß die Schlachten in Folge der Einführung weittragender Feuer¬
waffen mörderischer würden, so mußten wir es an und für sich auch bestrei-
ten. daß die Schnelligkeit der Entscheidung gesteigert sei. Wir konnten
aber noch hinzusetzen, daß das weitere Auscinanderbleiben der Massen
eher die Entscheidung verspäten muß, weil man. um diese sich zu holen,
im Ganzen wie im Einzelnen wirklich durch die Vorbereitung erlangte Resul¬
tate erkennen, sehen muß. weil wenigstens die meisten Menschen darauf z»'
geschnitten sind, und weil man nun einmal nach einer weisen Einrichtung in
der Schöpfung mit dem leiblichen Auge aus größerer Entfernung unvollkom¬
mener sieht. Diese Sache kommt für jedes einzelne Bataillon in Betracht-
Wir können uns einzelne bevorzugte Geister, wirkliche Feldherrn, denken, die
glauben, ohne zu sehen, die mit dem Geiste sehen, was geschehen sein muß
und danach ihre Entschlüsse fassen. Aber in der Classe der BataillonscoM-
mandanten werden diese Geister wohl nicht sehr häusig angetroffen werden-
Und nun sehe man die Schlachten von Solferino und von Magcnta an und
sage uns, ob da etwa die Entscheidung schneller erzielt worden sei, als bei
früheren Schlachten der neuen Zeit. Auch hier wieder sprechen einfache Zab/
im sehr deutlich. So kommt es uns denn vor. als gälte für die heutig
Zeit der Satz des Ritters Folard: man solle sich nur nicht für besiegt hal¬
ten und man sei es nicht, noch mehr als für eine frühere. Will man es
leugnen, daß die Oestreich«, wenn sie sich dazu entschließen konnten, getrost
am 5. wie am 25. Juni die Schlacht erneuern dursten? Hier reden die S?
ungebrauchten Batterien ein sehr verständliches Wort. Freilich wäre es
besser gewesen, sie hätten am 24. Juni sich in anderer Weise deutlich ver¬
nehmen lassen. Wir haben auch darauf hingewiesen, wie die übertriebene
Anwendung der Tirailleurs das Sammeln erschwere und wie dieses in vielen
Beziehungen der Erzielung großer Resultate in den Weg trete. Sagen
es nun noch einmal deutlich: es beeinträchtigt die Möglichkeit und die Kruft
der Verfolgung, und es ist uns wohl bekannt, wie grade hierin die mangel¬
hafte, ja man kann sagen, ganz fehlende Verfolgung der Franzosen nach ih""
Siegen in Italien begründet war. Die Oestreicher sind jetzt sehr geneigt'
ihre Niederlagen ihren dünnen Tirailleurketten zuzuschreiben, und wir werde"


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[0354] werdet. Wir sagten dagegen, sie werden gar nicht mörderischer; denn um soviel als die Feuerwaffen weiter tragen, bleibt man sich weiter vom Leibe, namentlich wenn sich die Idee festsetzt, daß mit dem guten Schießen des einzelnen Mannes Alles gethan sei. Und wir denken, dies hat sich wie im Krimkrieg so wieder im italienischen Feldzug so sonnenklar bestätigt, daß man blind sein muß, um es nicht zu sehen. Hier beweisen Zahlen. Bcr- lustzahlen. Auch die Menschen, welche erst altes sehen wollen, ehe sie glauben, haben am Ende ihr Theil Belehrung empfangen. Wenn wir leug¬ neten, daß die Schlachten in Folge der Einführung weittragender Feuer¬ waffen mörderischer würden, so mußten wir es an und für sich auch bestrei- ten. daß die Schnelligkeit der Entscheidung gesteigert sei. Wir konnten aber noch hinzusetzen, daß das weitere Auscinanderbleiben der Massen eher die Entscheidung verspäten muß, weil man. um diese sich zu holen, im Ganzen wie im Einzelnen wirklich durch die Vorbereitung erlangte Resul¬ tate erkennen, sehen muß. weil wenigstens die meisten Menschen darauf z»' geschnitten sind, und weil man nun einmal nach einer weisen Einrichtung in der Schöpfung mit dem leiblichen Auge aus größerer Entfernung unvollkom¬ mener sieht. Diese Sache kommt für jedes einzelne Bataillon in Betracht- Wir können uns einzelne bevorzugte Geister, wirkliche Feldherrn, denken, die glauben, ohne zu sehen, die mit dem Geiste sehen, was geschehen sein muß und danach ihre Entschlüsse fassen. Aber in der Classe der BataillonscoM- mandanten werden diese Geister wohl nicht sehr häusig angetroffen werden- Und nun sehe man die Schlachten von Solferino und von Magcnta an und sage uns, ob da etwa die Entscheidung schneller erzielt worden sei, als bei früheren Schlachten der neuen Zeit. Auch hier wieder sprechen einfache Zab/ im sehr deutlich. So kommt es uns denn vor. als gälte für die heutig Zeit der Satz des Ritters Folard: man solle sich nur nicht für besiegt hal¬ ten und man sei es nicht, noch mehr als für eine frühere. Will man es leugnen, daß die Oestreich«, wenn sie sich dazu entschließen konnten, getrost am 5. wie am 25. Juni die Schlacht erneuern dursten? Hier reden die S? ungebrauchten Batterien ein sehr verständliches Wort. Freilich wäre es besser gewesen, sie hätten am 24. Juni sich in anderer Weise deutlich ver¬ nehmen lassen. Wir haben auch darauf hingewiesen, wie die übertriebene Anwendung der Tirailleurs das Sammeln erschwere und wie dieses in vielen Beziehungen der Erzielung großer Resultate in den Weg trete. Sagen es nun noch einmal deutlich: es beeinträchtigt die Möglichkeit und die Kruft der Verfolgung, und es ist uns wohl bekannt, wie grade hierin die mangel¬ hafte, ja man kann sagen, ganz fehlende Verfolgung der Franzosen nach ih"" Siegen in Italien begründet war. Die Oestreicher sind jetzt sehr geneigt' ihre Niederlagen ihren dünnen Tirailleurketten zuzuschreiben, und wir werde"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/354>, abgerufen am 22.07.2024.