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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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die Hälfte der verfügbaren Batterien. Wir wollen nun durchaus nicht leugnen,
daß eine starke Neservcartilleric ihre sehr namhaften Vortheile habe. Indessen
damit diese wirklich zum Vorschein kommen, muß die Nescrveartilleric im höch¬
sten Maße geschickt benutzt werden. Trauen sich die preußischen Generale diese
geschickte Benutzung zu? Wir sind dessen nicht ganz sicher. Wir machen spe¬
ciell darauf aufmerksam, daß ein sehr durchschnittenes Kriegstheater -- und
ein solches ist, wenn auch in etwas andrer Art, das niederrheinische ebensowol
als das italienische -- eine geschickte kräftige Verwendung der Neservcartillcrie
sehr erschwert. So kam es denn z. B. bei Solserino vor, daß die Oestreicher.
welche auch eine sehr starke Neservcartillcrie haben, von den hundert und zwei
Batterien, über welche sie verfügten, nur 45. -- schreibe vierzig und fünf --
ernstlich ins Feuer brachten, also im Wesentlichen nur ihre Brigadebatterien.
Während die Ncserveartillcrie fast auf allen Punkten zu spät kam und höch¬
stens ein Paar Schüsse thun konnte, um dann wieder zurückzugehen, da sie. stets
schon von allen Seiten überflügelt, in Gefahr gerieth, gänzlich abgeschnitten zu
werden. Die Franzosen, welche eine verhältnißmäßig schwächere NescrveartiUcrie
und dafür mehr Batterien bei den Truppen in erster Linie haben, kamen in
Italien schon hierdurch allein in Vortheil.

Die Feldarmee, welche England, Belgien und Holland vereint ausstellen
^unen. haben wir früher auf 120,000 M. veranschlagt. Davon kommen
°uf Belgien 00,000, auf Holland 30 bis 40,000, auf England 20 bis 30.000.
Manchem wird es vielleicht nicht recht einleuchten, wenn wir die englische
Landstreitmacht so gering anschlagen. Indessen erwäge man, daß England
immer, wenn es beträchtliche Streitkräfte für den Kontinent aufbringen wollte,
SU Werbungen auf diesem seine Zuflucht nehmen mußte, daß diese Werbungen
^er durch die neueren Verhältnisse im Allgemeinen sehr erschwert sind, und
unter den Umständen, die wir hier voraussetzen, noch mehr erschwert sein
würden. Die gestimmte Landstreitmacht der Alliirten, wenn wir die Alliance
Preußens mit Holland, Belgien und England voraussetzen, beliefe sich dann
sür das niederrheinische Kriegstheater auf 340,000 M. in freien Felde. Jene
Alliance müßte zu Stande gebracht werden können; aber wird von Preußen
auch nur ernstlich an ihr gearbeitet? Wir möchten daran zweifeln, wenn wir
"°n den Annäherungen zwischen Preußen und Rußland in neuester Zeit hören,
welche von Seiten Rußlands (und Frankreichs) sicher auf nichts anderes be-
^ehret siud und sein können, als Preußen bis zum richtigen Zeitpunkt zu tü-
p"'en (? d. Red.) und eine Wiederannäherung an Oestreich, die im Ausland
^Mer noch gefürchtet wird, obgleich sie, wie die Dinge einmal gekommen sind,
"us unmöglich scheint, zu hintertreiben. Man sieht, daß nur uns von der ge¬
wöhnlichen Art. Hecresstärken herauszurechnen. bei welcher es ohne Millionen
einmal nicht abgeht, gehütet haben. Wir halten die Ausstellung von Truppen,


die Hälfte der verfügbaren Batterien. Wir wollen nun durchaus nicht leugnen,
daß eine starke Neservcartilleric ihre sehr namhaften Vortheile habe. Indessen
damit diese wirklich zum Vorschein kommen, muß die Nescrveartilleric im höch¬
sten Maße geschickt benutzt werden. Trauen sich die preußischen Generale diese
geschickte Benutzung zu? Wir sind dessen nicht ganz sicher. Wir machen spe¬
ciell darauf aufmerksam, daß ein sehr durchschnittenes Kriegstheater — und
ein solches ist, wenn auch in etwas andrer Art, das niederrheinische ebensowol
als das italienische — eine geschickte kräftige Verwendung der Neservcartillcrie
sehr erschwert. So kam es denn z. B. bei Solserino vor, daß die Oestreicher.
welche auch eine sehr starke Neservcartillcrie haben, von den hundert und zwei
Batterien, über welche sie verfügten, nur 45. — schreibe vierzig und fünf —
ernstlich ins Feuer brachten, also im Wesentlichen nur ihre Brigadebatterien.
Während die Ncserveartillcrie fast auf allen Punkten zu spät kam und höch¬
stens ein Paar Schüsse thun konnte, um dann wieder zurückzugehen, da sie. stets
schon von allen Seiten überflügelt, in Gefahr gerieth, gänzlich abgeschnitten zu
werden. Die Franzosen, welche eine verhältnißmäßig schwächere NescrveartiUcrie
und dafür mehr Batterien bei den Truppen in erster Linie haben, kamen in
Italien schon hierdurch allein in Vortheil.

Die Feldarmee, welche England, Belgien und Holland vereint ausstellen
^unen. haben wir früher auf 120,000 M. veranschlagt. Davon kommen
°uf Belgien 00,000, auf Holland 30 bis 40,000, auf England 20 bis 30.000.
Manchem wird es vielleicht nicht recht einleuchten, wenn wir die englische
Landstreitmacht so gering anschlagen. Indessen erwäge man, daß England
immer, wenn es beträchtliche Streitkräfte für den Kontinent aufbringen wollte,
SU Werbungen auf diesem seine Zuflucht nehmen mußte, daß diese Werbungen
^er durch die neueren Verhältnisse im Allgemeinen sehr erschwert sind, und
unter den Umständen, die wir hier voraussetzen, noch mehr erschwert sein
würden. Die gestimmte Landstreitmacht der Alliirten, wenn wir die Alliance
Preußens mit Holland, Belgien und England voraussetzen, beliefe sich dann
sür das niederrheinische Kriegstheater auf 340,000 M. in freien Felde. Jene
Alliance müßte zu Stande gebracht werden können; aber wird von Preußen
auch nur ernstlich an ihr gearbeitet? Wir möchten daran zweifeln, wenn wir
"°n den Annäherungen zwischen Preußen und Rußland in neuester Zeit hören,
welche von Seiten Rußlands (und Frankreichs) sicher auf nichts anderes be-
^ehret siud und sein können, als Preußen bis zum richtigen Zeitpunkt zu tü-
p"'en (? d. Red.) und eine Wiederannäherung an Oestreich, die im Ausland
^Mer noch gefürchtet wird, obgleich sie, wie die Dinge einmal gekommen sind,
"us unmöglich scheint, zu hintertreiben. Man sieht, daß nur uns von der ge¬
wöhnlichen Art. Hecresstärken herauszurechnen. bei welcher es ohne Millionen
einmal nicht abgeht, gehütet haben. Wir halten die Ausstellung von Truppen,


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[0323] die Hälfte der verfügbaren Batterien. Wir wollen nun durchaus nicht leugnen, daß eine starke Neservcartilleric ihre sehr namhaften Vortheile habe. Indessen damit diese wirklich zum Vorschein kommen, muß die Nescrveartilleric im höch¬ sten Maße geschickt benutzt werden. Trauen sich die preußischen Generale diese geschickte Benutzung zu? Wir sind dessen nicht ganz sicher. Wir machen spe¬ ciell darauf aufmerksam, daß ein sehr durchschnittenes Kriegstheater — und ein solches ist, wenn auch in etwas andrer Art, das niederrheinische ebensowol als das italienische — eine geschickte kräftige Verwendung der Neservcartillcrie sehr erschwert. So kam es denn z. B. bei Solserino vor, daß die Oestreicher. welche auch eine sehr starke Neservcartillcrie haben, von den hundert und zwei Batterien, über welche sie verfügten, nur 45. — schreibe vierzig und fünf — ernstlich ins Feuer brachten, also im Wesentlichen nur ihre Brigadebatterien. Während die Ncserveartillcrie fast auf allen Punkten zu spät kam und höch¬ stens ein Paar Schüsse thun konnte, um dann wieder zurückzugehen, da sie. stets schon von allen Seiten überflügelt, in Gefahr gerieth, gänzlich abgeschnitten zu werden. Die Franzosen, welche eine verhältnißmäßig schwächere NescrveartiUcrie und dafür mehr Batterien bei den Truppen in erster Linie haben, kamen in Italien schon hierdurch allein in Vortheil. Die Feldarmee, welche England, Belgien und Holland vereint ausstellen ^unen. haben wir früher auf 120,000 M. veranschlagt. Davon kommen °uf Belgien 00,000, auf Holland 30 bis 40,000, auf England 20 bis 30.000. Manchem wird es vielleicht nicht recht einleuchten, wenn wir die englische Landstreitmacht so gering anschlagen. Indessen erwäge man, daß England immer, wenn es beträchtliche Streitkräfte für den Kontinent aufbringen wollte, SU Werbungen auf diesem seine Zuflucht nehmen mußte, daß diese Werbungen ^er durch die neueren Verhältnisse im Allgemeinen sehr erschwert sind, und unter den Umständen, die wir hier voraussetzen, noch mehr erschwert sein würden. Die gestimmte Landstreitmacht der Alliirten, wenn wir die Alliance Preußens mit Holland, Belgien und England voraussetzen, beliefe sich dann sür das niederrheinische Kriegstheater auf 340,000 M. in freien Felde. Jene Alliance müßte zu Stande gebracht werden können; aber wird von Preußen auch nur ernstlich an ihr gearbeitet? Wir möchten daran zweifeln, wenn wir "°n den Annäherungen zwischen Preußen und Rußland in neuester Zeit hören, welche von Seiten Rußlands (und Frankreichs) sicher auf nichts anderes be- ^ehret siud und sein können, als Preußen bis zum richtigen Zeitpunkt zu tü- p"'en (? d. Red.) und eine Wiederannäherung an Oestreich, die im Ausland ^Mer noch gefürchtet wird, obgleich sie, wie die Dinge einmal gekommen sind, "us unmöglich scheint, zu hintertreiben. Man sieht, daß nur uns von der ge¬ wöhnlichen Art. Hecresstärken herauszurechnen. bei welcher es ohne Millionen einmal nicht abgeht, gehütet haben. Wir halten die Ausstellung von Truppen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/323>, abgerufen am 24.08.2024.