Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.Hassenpflugs. welche allerdings um so mehr Glauben verdiente, als ihre Von der höchsten Bedeutung mochte der Bundesversammlung die Kritik Hassenpflugs. welche allerdings um so mehr Glauben verdiente, als ihre Von der höchsten Bedeutung mochte der Bundesversammlung die Kritik <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0182" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108312"/> <p xml:id="ID_623" prev="#ID_622"> Hassenpflugs. welche allerdings um so mehr Glauben verdiente, als ihre<lb/> Wahrhaftigkeit allen Glauben noch überstieg. Die Herrn Commissäre bewiesen<lb/> sogar vielleicht mehr, als sie beweisen wollten, da sie zugleich bemüht waren<lb/> darzuthun, daß das Gesetz über die Bildung des Oberappellationsgerichts und<lb/> das Wahlgesetz, weil dabei gewisse conservative Bestimmungen der<lb/> Verfassung von 1831 nijcht beachtet worden, in der That nicht einmal ge¬<lb/> hörig zu Stande gekommen seien.</p><lb/> <p xml:id="ID_624" next="#ID_625"> Von der höchsten Bedeutung mochte der Bundesversammlung die Kritik<lb/> der kurhessische» Verfassung durch die Commissarien sein; denn es wurde, ihr<lb/> damit für ihre seitherige Praxis und deren vereinzelte und deshalb oft unzuläng-<lb/> liche Bemühungen eine förmliche und systematische Theorie geliefert, die Ent¬<lb/> stehung der landesherrlichen Gewalt (natürlich mit Uebergehung der vier deutschen<lb/> Republiken) historisch gegründet, das „monarchische Princip" in schwungvollen<lb/> Worten entwickelt, die Idee, der Zweck und die Beschränkung der landständische»<lb/> Verfassung auseinandergesetzt. Die Basis dieser Deduction bildeten nächst dein<lb/> über die Bedeutung des monarchischen Princips Gesagten der Art. 57 der wiener<lb/> Schlußacte, wonach die gesammte Staatsgewalt in dem Oberhaupt des Staates<lb/> vereinigt bleiben muß und der Souverän durch eine landständische Verfassung<lb/> nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stunde ge¬<lb/> bunden werden kann, die, freilich sehr magern, Bestimmungen des Art. 13 der<lb/> Bundesacte und der Art. 55 und 56 der wiener Schlußacte, und die Bundes-<lb/> bcschlüsse von 1832—1834. Das Resultat lief darauf hinaus, daß el»<lb/> sogenanntes constitutionelles System, wie es sich in Frankreich ausbildete,<lb/> abbrechend mit der Geschichte und willkürlich neue Staatsformen schaffend,<lb/> nicht ins Leben gerufen werden sollte. Die Commissarien sprachen sich zwar<lb/> nicht bestimmt darüber aus, ob ihr sogenanntes monarchisches System im<lb/> Gegensatz gegen das sogenannte constitutionelle ewig sür alle Zukunft be¬<lb/> stehen soll, ob die Gegenwart nicht ebenso wie die Vergangenheit, von der<lb/> sie es selbst beweisen, neue Zustände, Bedürfnisse, sittliche und rechtliche For¬<lb/> derungen aus sich gebären, folglich auch zu einer andern Form der Staats¬<lb/> verwaltung als jene vermeintlich x«r' monarchische fortschreiten kann oder<lb/> ob ihr ein solches Fortschreiten von Polizei- und Bundeswegen ver¬<lb/> boten und jene Form der Monarchie ungeachtet alles Fortgangs der Ge¬<lb/> schichte das höchste Ideal der Staatsverfassung und jedem Deutschen als das<lb/> letzte aller Ziele vorgesteckt ist. Allein für den Moment wenigstens (wobei sie<lb/> vielleicht das Jahr 1851 im Auge hatten) äußerten sie sich sehr entschieden geg^<lb/> alle Theorien der Staatsrechtslehrer über sogenannte constitutionelle Verfaß<lb/> sungen und für die Festhaltung des monarchischen Princips, wie es sich 6^<lb/> schichtlich entwickelt habe. Sie meinten damit nicht die wirklich geschichtlich^<lb/> Entwicklung, die ja fast aller Orten zu „sogenannten" constitutionellen Ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0182]
Hassenpflugs. welche allerdings um so mehr Glauben verdiente, als ihre
Wahrhaftigkeit allen Glauben noch überstieg. Die Herrn Commissäre bewiesen
sogar vielleicht mehr, als sie beweisen wollten, da sie zugleich bemüht waren
darzuthun, daß das Gesetz über die Bildung des Oberappellationsgerichts und
das Wahlgesetz, weil dabei gewisse conservative Bestimmungen der
Verfassung von 1831 nijcht beachtet worden, in der That nicht einmal ge¬
hörig zu Stande gekommen seien.
Von der höchsten Bedeutung mochte der Bundesversammlung die Kritik
der kurhessische» Verfassung durch die Commissarien sein; denn es wurde, ihr
damit für ihre seitherige Praxis und deren vereinzelte und deshalb oft unzuläng-
liche Bemühungen eine förmliche und systematische Theorie geliefert, die Ent¬
stehung der landesherrlichen Gewalt (natürlich mit Uebergehung der vier deutschen
Republiken) historisch gegründet, das „monarchische Princip" in schwungvollen
Worten entwickelt, die Idee, der Zweck und die Beschränkung der landständische»
Verfassung auseinandergesetzt. Die Basis dieser Deduction bildeten nächst dein
über die Bedeutung des monarchischen Princips Gesagten der Art. 57 der wiener
Schlußacte, wonach die gesammte Staatsgewalt in dem Oberhaupt des Staates
vereinigt bleiben muß und der Souverän durch eine landständische Verfassung
nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stunde ge¬
bunden werden kann, die, freilich sehr magern, Bestimmungen des Art. 13 der
Bundesacte und der Art. 55 und 56 der wiener Schlußacte, und die Bundes-
bcschlüsse von 1832—1834. Das Resultat lief darauf hinaus, daß el»
sogenanntes constitutionelles System, wie es sich in Frankreich ausbildete,
abbrechend mit der Geschichte und willkürlich neue Staatsformen schaffend,
nicht ins Leben gerufen werden sollte. Die Commissarien sprachen sich zwar
nicht bestimmt darüber aus, ob ihr sogenanntes monarchisches System im
Gegensatz gegen das sogenannte constitutionelle ewig sür alle Zukunft be¬
stehen soll, ob die Gegenwart nicht ebenso wie die Vergangenheit, von der
sie es selbst beweisen, neue Zustände, Bedürfnisse, sittliche und rechtliche For¬
derungen aus sich gebären, folglich auch zu einer andern Form der Staats¬
verwaltung als jene vermeintlich x«r' monarchische fortschreiten kann oder
ob ihr ein solches Fortschreiten von Polizei- und Bundeswegen ver¬
boten und jene Form der Monarchie ungeachtet alles Fortgangs der Ge¬
schichte das höchste Ideal der Staatsverfassung und jedem Deutschen als das
letzte aller Ziele vorgesteckt ist. Allein für den Moment wenigstens (wobei sie
vielleicht das Jahr 1851 im Auge hatten) äußerten sie sich sehr entschieden geg^
alle Theorien der Staatsrechtslehrer über sogenannte constitutionelle Verfaß
sungen und für die Festhaltung des monarchischen Princips, wie es sich 6^
schichtlich entwickelt habe. Sie meinten damit nicht die wirklich geschichtlich^
Entwicklung, die ja fast aller Orten zu „sogenannten" constitutionellen Ver-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |