Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.Sie durften dabei nicht von demjenigen ausgehen, was> für eine unpar¬ Aber unsere Herren von der historischen Schule haben ihre Geschichte xg-r ox- Sie durften dabei nicht von demjenigen ausgehen, was> für eine unpar¬ Aber unsere Herren von der historischen Schule haben ihre Geschichte xg-r ox- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0179" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108309"/> <p xml:id="ID_619"> Sie durften dabei nicht von demjenigen ausgehen, was> für eine unpar¬<lb/> teiische Untersuchung den Ausgang bilden mußte, sie durften das Verhalten<lb/> der Regierung nicht anfechten, den Gang der Versassungsstrcitigkeiten oder<lb/> vielmehr — denn die Verfassung gab nur klare, unbestreitbare, lediglich von<lb/> der Regierung verletzte Normen — den Verlauf der stufenweise fortschreitenden-<lb/> Kampfe gegen die Verfassung nicht berühren, ja selbst die Abgeordneten-<lb/> Versammlung nicht zu sehr angreifen, da nicht sie, sondern die Verfassung am<lb/> Unglück Schuld war. Sie mußten sogar, wo sie neue Gesetze berührten, die<lb/> Unschicklichkeit begehen, die Sache so zu nehmen, als wäre der Kurfürst nicht<lb/> ein Factor der Gesetzgebung gewesen, als hätte er dabei geschlummert oder<lb/> der Menschenfurcht nachgegeben und nicht selbst die Ueberzeugungen in sich ge¬<lb/> tragen, aus welchen jene Gesetze hervorgingen. Was sie beweisen mußten,<lb/> war eigentlich keines Veweises fähig, ein bundestägliches Axiom, ein katego¬<lb/> rischer Imperativ, eine Herzenssache: die kurhessische Verfassung taugt nichts.<lb/> Freilich eine sehr fatale Situation für die Männer, die dazu ausersehen waren,<lb/> von denen der eine derjenigen Schule angehörte, die sich die historische nennt!<lb/> So ganz auf die wirkliche Geschichte verzichten und das Unwahre für wahr<lb/> »ehmenzu müssen!</p><lb/> <p xml:id="ID_620" next="#ID_621"> Aber unsere Herren von der historischen Schule haben ihre Geschichte xg-r ox-<lb/> ^Ueimö, in weicher das Lebendige nicht immer an die Stelle des Abgelebten<lb/> tutt. So auch unsere Gutachter. Da sie vom eben Geschehenen nicht wohl<lb/> ^eden dursten, stürzten sie sich mit wahrer Wonne in die Tiefen der Vergangen¬<lb/> heit und der staatsrechtlichen Forschung. Sie entwickelten zunächst, daß es<lb/> ^in Abstractum einer alleinseligmachenden Verfassung gebe — was freilich<lb/> für die Staatsmänner am Bundestage kaum des Erwähnens bedürfte, hier<lb/> U'N so weniger, weil die kurhessische Verfassung keineswegs ein Abstractum,<lb/> Widern etwas unglaublich Concretes, auf alle hessischen Verhältnisse, ramene-<lb/> "es gegen kalte Tracasserien, welche den Unterthanen seit Jahrhunderten zu<lb/> Theil wurden, höchst Passendes und Angemessenes ist. Sie gaben, um die<lb/> ^ahre Verfassung für Kurhessen zu finden, eine Geschichte der Verfassung?.<lb/> Verhältnisse seit den älteren Zeiten und mußten dabei leider zu dem Resultat<lb/> Klangen, daß die Verfassung von 1831 auf dem förmlichsten Wege, dnrch<lb/> Einberufung der früheren Landstände und mit ihrer und des Kurfürsten voll¬<lb/> ständiger Genehmigung, ohne Ausübung irgend eines Zwanges, zu Stande<lb/> Tekominen ist. Sie waren aber so glücklich, eine Rede Jordans aufzufinden,<lb/> ^ welcher dieser dem Repräsentativsystem — natürlich dem „französischen".<lb/> ^ ein „deutsches" von manchen Leuten nicht anerkannt wird, — huldigte,<lb/> "ut daran die Bemerkung knüpfen zu können, daß diese Rede die Beseitigung<lb/> ^' RegierungsMoposition in den meisten Punkten zur Folge gehabt zu haben<lb/> steine. Sehr erklärlich drangen nun in die Verfassung die „verderblichsten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0179]
Sie durften dabei nicht von demjenigen ausgehen, was> für eine unpar¬
teiische Untersuchung den Ausgang bilden mußte, sie durften das Verhalten
der Regierung nicht anfechten, den Gang der Versassungsstrcitigkeiten oder
vielmehr — denn die Verfassung gab nur klare, unbestreitbare, lediglich von
der Regierung verletzte Normen — den Verlauf der stufenweise fortschreitenden-
Kampfe gegen die Verfassung nicht berühren, ja selbst die Abgeordneten-
Versammlung nicht zu sehr angreifen, da nicht sie, sondern die Verfassung am
Unglück Schuld war. Sie mußten sogar, wo sie neue Gesetze berührten, die
Unschicklichkeit begehen, die Sache so zu nehmen, als wäre der Kurfürst nicht
ein Factor der Gesetzgebung gewesen, als hätte er dabei geschlummert oder
der Menschenfurcht nachgegeben und nicht selbst die Ueberzeugungen in sich ge¬
tragen, aus welchen jene Gesetze hervorgingen. Was sie beweisen mußten,
war eigentlich keines Veweises fähig, ein bundestägliches Axiom, ein katego¬
rischer Imperativ, eine Herzenssache: die kurhessische Verfassung taugt nichts.
Freilich eine sehr fatale Situation für die Männer, die dazu ausersehen waren,
von denen der eine derjenigen Schule angehörte, die sich die historische nennt!
So ganz auf die wirkliche Geschichte verzichten und das Unwahre für wahr
»ehmenzu müssen!
Aber unsere Herren von der historischen Schule haben ihre Geschichte xg-r ox-
^Ueimö, in weicher das Lebendige nicht immer an die Stelle des Abgelebten
tutt. So auch unsere Gutachter. Da sie vom eben Geschehenen nicht wohl
^eden dursten, stürzten sie sich mit wahrer Wonne in die Tiefen der Vergangen¬
heit und der staatsrechtlichen Forschung. Sie entwickelten zunächst, daß es
^in Abstractum einer alleinseligmachenden Verfassung gebe — was freilich
für die Staatsmänner am Bundestage kaum des Erwähnens bedürfte, hier
U'N so weniger, weil die kurhessische Verfassung keineswegs ein Abstractum,
Widern etwas unglaublich Concretes, auf alle hessischen Verhältnisse, ramene-
"es gegen kalte Tracasserien, welche den Unterthanen seit Jahrhunderten zu
Theil wurden, höchst Passendes und Angemessenes ist. Sie gaben, um die
^ahre Verfassung für Kurhessen zu finden, eine Geschichte der Verfassung?.
Verhältnisse seit den älteren Zeiten und mußten dabei leider zu dem Resultat
Klangen, daß die Verfassung von 1831 auf dem förmlichsten Wege, dnrch
Einberufung der früheren Landstände und mit ihrer und des Kurfürsten voll¬
ständiger Genehmigung, ohne Ausübung irgend eines Zwanges, zu Stande
Tekominen ist. Sie waren aber so glücklich, eine Rede Jordans aufzufinden,
^ welcher dieser dem Repräsentativsystem — natürlich dem „französischen".
^ ein „deutsches" von manchen Leuten nicht anerkannt wird, — huldigte,
"ut daran die Bemerkung knüpfen zu können, daß diese Rede die Beseitigung
^' RegierungsMoposition in den meisten Punkten zur Folge gehabt zu haben
steine. Sehr erklärlich drangen nun in die Verfassung die „verderblichsten
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