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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Bestimmung für eine der unzweckmäßigsten der gesammten Bundeskriegsver-
fassung. Die Gründe sind leicht einzusehn.

"20. Die Verpflegung des Bundcsheercs wird unter oberster Leitung
des Oberfeldherrn durch Bevollmächtigte sämmtlicher Armeecorps besorgt und
innerhalb der Bundesstaaten unter Mitwirkung derjenigen Landescommissaricn,
welche es betrifft." "21. Auf besondern Bundesbeschluß wird aus den matri-
kularmüßigen Beiträgen sämmtlicher Bundesglieder eine eigne Kriegskasse er¬
richtet." "22. Die Vergütung von Durchmarsch- und Cantonnirungskosten,
so wie die von andern allgemeinen Leistungen in den Bundesstaaten soll nach
billig ermäßigten Preisen geschehen und den Landesunterthanen so schnell als
möglich baare Bezahlung geleistet werden." "23. Allenthalben ist der Grund¬
satz einer gleichen Vertheilung der Lasten und Vortheile sowol rücksichtlich der
Heeresabtheilungen als der Bundesstaaten zur steten Richtschnur zu nehmen."

Wir haben die vier Artikel 20--23 zusammengezogen, welche sich wesent¬
lich auf den Unterhalt des Bundesheeres im Kriege beziehen, obgleich aller¬
dings Artikel 23 noch eine allgemeinere Bedeutung hat. Der ganze Artikel 9
der nähern Bestimmungen über die Verpflegung besteht in einem einzigen Para¬
graphen 86: "Sobald die Contingente des Bundesheeres unter die Befehle
des Oberfeldherrn treten, geschieht die Verpflegung derselben nach den Vor¬
schriften des sür das Bundesheer entworfenen Verpflegsreglements, welches zu¬
gleich die Jnstructionen für die verschiedenen Verpflegsbecimten enthält."

Dieses Bundesverpflcgsreglcment, welches allerdings höchst nothwendig
wäre und nicht blos-Verpflegungstarife aufstellen, sondern auch die Leistungs¬
pflichten der Einwohner und den Geschäftsgang diesen gegenüber feststellen müßte,
scheint aber bis heute noch nicht zu Stande gekommen zu sein. Wie viel von
einer guten Verpflegung abhängt, hat erst der letzte Krieg wieder bewiesen,
und man sollte nach Friedrichs des Großen Grundsatz: daß man bei einem
Heere mit dem Bauche anzufangen habe, das Verpflegsreglement bei der Kriegs-
verfassung eines neuen Bundes obenanstellen.

"24. Zwischen sämmtlichen Bundesstaaten soll ein allgemeines Cartell
bestehen."

Alle Deserteure und militärischen Verbrecher also müssen von jedem Staat
oder Contingent demjenigen ausgeliefert werden, welchem sie durchgegangen sind-

Bundesfestungen sind Mainz. Luxemburg. Landau, Ulm und Rastatt.
Ueber dieselben gelten folgende Bestimmungen: die Kosten ihrer Errichtung,
Unterhaltung und Armirung werden von sämmtlichen Bundcsgliedern nach der
Geldmatrikel bestritten und alle Bauwerke, die den betreffenden Platz zur Festung
machen, so wie die zugehörigen liegenden Gründe sind Eigenthum des Bundes.
Dock bleibt die Staatshoheit über eine Bundesfestung demjenigen Staat, dem
sie angehört und wird nur besonders jn Kriegszeiten durch die dem Bund


Bestimmung für eine der unzweckmäßigsten der gesammten Bundeskriegsver-
fassung. Die Gründe sind leicht einzusehn.

„20. Die Verpflegung des Bundcsheercs wird unter oberster Leitung
des Oberfeldherrn durch Bevollmächtigte sämmtlicher Armeecorps besorgt und
innerhalb der Bundesstaaten unter Mitwirkung derjenigen Landescommissaricn,
welche es betrifft." „21. Auf besondern Bundesbeschluß wird aus den matri-
kularmüßigen Beiträgen sämmtlicher Bundesglieder eine eigne Kriegskasse er¬
richtet." „22. Die Vergütung von Durchmarsch- und Cantonnirungskosten,
so wie die von andern allgemeinen Leistungen in den Bundesstaaten soll nach
billig ermäßigten Preisen geschehen und den Landesunterthanen so schnell als
möglich baare Bezahlung geleistet werden." „23. Allenthalben ist der Grund¬
satz einer gleichen Vertheilung der Lasten und Vortheile sowol rücksichtlich der
Heeresabtheilungen als der Bundesstaaten zur steten Richtschnur zu nehmen."

Wir haben die vier Artikel 20—23 zusammengezogen, welche sich wesent¬
lich auf den Unterhalt des Bundesheeres im Kriege beziehen, obgleich aller¬
dings Artikel 23 noch eine allgemeinere Bedeutung hat. Der ganze Artikel 9
der nähern Bestimmungen über die Verpflegung besteht in einem einzigen Para¬
graphen 86: „Sobald die Contingente des Bundesheeres unter die Befehle
des Oberfeldherrn treten, geschieht die Verpflegung derselben nach den Vor¬
schriften des sür das Bundesheer entworfenen Verpflegsreglements, welches zu¬
gleich die Jnstructionen für die verschiedenen Verpflegsbecimten enthält."

Dieses Bundesverpflcgsreglcment, welches allerdings höchst nothwendig
wäre und nicht blos-Verpflegungstarife aufstellen, sondern auch die Leistungs¬
pflichten der Einwohner und den Geschäftsgang diesen gegenüber feststellen müßte,
scheint aber bis heute noch nicht zu Stande gekommen zu sein. Wie viel von
einer guten Verpflegung abhängt, hat erst der letzte Krieg wieder bewiesen,
und man sollte nach Friedrichs des Großen Grundsatz: daß man bei einem
Heere mit dem Bauche anzufangen habe, das Verpflegsreglement bei der Kriegs-
verfassung eines neuen Bundes obenanstellen.

„24. Zwischen sämmtlichen Bundesstaaten soll ein allgemeines Cartell
bestehen."

Alle Deserteure und militärischen Verbrecher also müssen von jedem Staat
oder Contingent demjenigen ausgeliefert werden, welchem sie durchgegangen sind-

Bundesfestungen sind Mainz. Luxemburg. Landau, Ulm und Rastatt.
Ueber dieselben gelten folgende Bestimmungen: die Kosten ihrer Errichtung,
Unterhaltung und Armirung werden von sämmtlichen Bundcsgliedern nach der
Geldmatrikel bestritten und alle Bauwerke, die den betreffenden Platz zur Festung
machen, so wie die zugehörigen liegenden Gründe sind Eigenthum des Bundes.
Dock bleibt die Staatshoheit über eine Bundesfestung demjenigen Staat, dem
sie angehört und wird nur besonders jn Kriegszeiten durch die dem Bund


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/112>, abgerufen am 26.08.2024.