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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Projecten ein Paroli zu bringen, in ihrer Presse protegiren sollten. Den Klein¬
staaten wird vollends schwer deutlich zu machen sein, daß die Ehre und
Macht des dritten deutschen Staats auf ihre Häupter zurückfällt. Preußen
kann eine solche Conföderation nicht dulden, weil seinem an sich schon zer¬
stückelten Gebiet dadurch der Lebensnerv abgeschnitten würde; es könnte eher
ein östreichisch-deutsches Kaiserthum dulden. Oestreich wäre es fast ebenso
nachtheilig als eine preußische Union. Nußland und Frankreich würden eine
oontMeration rtuwa,mz allerdings gern sehen, und darin liegt der Kern der
ganzen Sache: die Bildung eines solchen Bundes wäre der erste entscheidende
Schritt zur Herrschaft des Auslandes.

Und nun denke man sich diesen dritten Staat wirklich gegründet, und --
schlage die Landkarte auf! Mecklenburg! Anhalt! Baiern! Baden! Hannover!
-- Die Lächerlichkeit springt in die Augen/

Dieses ganze Nebelbild hätte eine eingehende Besprechung nicht verdient,
wenn es nicht dazu beitrüge, die öffentliche Meinung weiter zu verwirren,
durch abenteuerliche Einfälle den natürlichen Lauf der Entwickelung zu be¬
einträchtigen. Für jetzt sind wir der Meinung, daß weder ein Groß- noch
ein Kleindeutschland zu Stande kommt; es wird vorläufig beim Alten bleiben,
oder das Bedürfniß des Volks muß mehr und mehr ein bestimmtes Ziel suchen.
Man tadelt Preußen seiner abwartenden Haltung wegen: sie ist aber die allein
richtige. Je erwerbslüsterner sich Preußen zeigt, desto größeres Mißtrauen
wird ihm entgegenkommen: befestigt es dagegen seine innern Institutionen,
so daß man es als ein Glück empfindet ein Preuße zu sein; bewahrt esseine
Unabhängigkeit von Oestreich, dessen Einfluß dreißig böse Jahre hindurch
seine Kräfte paralysirt hat; und tritt es bei allen nationalen Angelegen¬
heiten mit Offenheit hervor, so wird die reife Frucht ihm in den Schooß
fallen, nach der es jetzt vergebens die Hände ausstrecken würde. "Moralische
Eroberungen in Deutschland machen." Das drückt den Kern der Sache
aus; moralische Eroberungen macht man nur dadurch, daß man das Gefühl
erregt, es sei eine Ehre und ein Glück, der schwarzweißen Fahne zu folgen.


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Projecten ein Paroli zu bringen, in ihrer Presse protegiren sollten. Den Klein¬
staaten wird vollends schwer deutlich zu machen sein, daß die Ehre und
Macht des dritten deutschen Staats auf ihre Häupter zurückfällt. Preußen
kann eine solche Conföderation nicht dulden, weil seinem an sich schon zer¬
stückelten Gebiet dadurch der Lebensnerv abgeschnitten würde; es könnte eher
ein östreichisch-deutsches Kaiserthum dulden. Oestreich wäre es fast ebenso
nachtheilig als eine preußische Union. Nußland und Frankreich würden eine
oontMeration rtuwa,mz allerdings gern sehen, und darin liegt der Kern der
ganzen Sache: die Bildung eines solchen Bundes wäre der erste entscheidende
Schritt zur Herrschaft des Auslandes.

Und nun denke man sich diesen dritten Staat wirklich gegründet, und —
schlage die Landkarte auf! Mecklenburg! Anhalt! Baiern! Baden! Hannover!
— Die Lächerlichkeit springt in die Augen/

Dieses ganze Nebelbild hätte eine eingehende Besprechung nicht verdient,
wenn es nicht dazu beitrüge, die öffentliche Meinung weiter zu verwirren,
durch abenteuerliche Einfälle den natürlichen Lauf der Entwickelung zu be¬
einträchtigen. Für jetzt sind wir der Meinung, daß weder ein Groß- noch
ein Kleindeutschland zu Stande kommt; es wird vorläufig beim Alten bleiben,
oder das Bedürfniß des Volks muß mehr und mehr ein bestimmtes Ziel suchen.
Man tadelt Preußen seiner abwartenden Haltung wegen: sie ist aber die allein
richtige. Je erwerbslüsterner sich Preußen zeigt, desto größeres Mißtrauen
wird ihm entgegenkommen: befestigt es dagegen seine innern Institutionen,
so daß man es als ein Glück empfindet ein Preuße zu sein; bewahrt esseine
Unabhängigkeit von Oestreich, dessen Einfluß dreißig böse Jahre hindurch
seine Kräfte paralysirt hat; und tritt es bei allen nationalen Angelegen¬
heiten mit Offenheit hervor, so wird die reife Frucht ihm in den Schooß
fallen, nach der es jetzt vergebens die Hände ausstrecken würde. „Moralische
Eroberungen in Deutschland machen." Das drückt den Kern der Sache
aus; moralische Eroberungen macht man nur dadurch, daß man das Gefühl
erregt, es sei eine Ehre und ein Glück, der schwarzweißen Fahne zu folgen.


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[0100] Projecten ein Paroli zu bringen, in ihrer Presse protegiren sollten. Den Klein¬ staaten wird vollends schwer deutlich zu machen sein, daß die Ehre und Macht des dritten deutschen Staats auf ihre Häupter zurückfällt. Preußen kann eine solche Conföderation nicht dulden, weil seinem an sich schon zer¬ stückelten Gebiet dadurch der Lebensnerv abgeschnitten würde; es könnte eher ein östreichisch-deutsches Kaiserthum dulden. Oestreich wäre es fast ebenso nachtheilig als eine preußische Union. Nußland und Frankreich würden eine oontMeration rtuwa,mz allerdings gern sehen, und darin liegt der Kern der ganzen Sache: die Bildung eines solchen Bundes wäre der erste entscheidende Schritt zur Herrschaft des Auslandes. Und nun denke man sich diesen dritten Staat wirklich gegründet, und — schlage die Landkarte auf! Mecklenburg! Anhalt! Baiern! Baden! Hannover! — Die Lächerlichkeit springt in die Augen/ Dieses ganze Nebelbild hätte eine eingehende Besprechung nicht verdient, wenn es nicht dazu beitrüge, die öffentliche Meinung weiter zu verwirren, durch abenteuerliche Einfälle den natürlichen Lauf der Entwickelung zu be¬ einträchtigen. Für jetzt sind wir der Meinung, daß weder ein Groß- noch ein Kleindeutschland zu Stande kommt; es wird vorläufig beim Alten bleiben, oder das Bedürfniß des Volks muß mehr und mehr ein bestimmtes Ziel suchen. Man tadelt Preußen seiner abwartenden Haltung wegen: sie ist aber die allein richtige. Je erwerbslüsterner sich Preußen zeigt, desto größeres Mißtrauen wird ihm entgegenkommen: befestigt es dagegen seine innern Institutionen, so daß man es als ein Glück empfindet ein Preuße zu sein; bewahrt esseine Unabhängigkeit von Oestreich, dessen Einfluß dreißig böse Jahre hindurch seine Kräfte paralysirt hat; und tritt es bei allen nationalen Angelegen¬ heiten mit Offenheit hervor, so wird die reife Frucht ihm in den Schooß fallen, nach der es jetzt vergebens die Hände ausstrecken würde. „Moralische Eroberungen in Deutschland machen." Das drückt den Kern der Sache aus; moralische Eroberungen macht man nur dadurch, daß man das Gefühl erregt, es sei eine Ehre und ein Glück, der schwarzweißen Fahne zu folgen. ,y 4n1i Hab!?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/100>, abgerufen am 27.08.2024.