Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Jahrhunderte hindurch beschränkt. Mancherlei Ueberreste sind aus dieser Zeit
auf uns gekommen. Zu den schönsten Arbeiten gehört z. B. die in dem
Grabe des Alexander Severus gefundene berühmte Barbarini- oder Portland-
vnsc aus tief azurblauen Glase, mit erhabenen Figuren aus einer weißen
opaken Masse verziert. Noch mancherlei andere Urnen und Vasen von Glas,
die noch heute wegen ihrer hohen Vollkommenheit unsere Bewunderung erregen,
sind uns erhalten; obgleich sie Jahrhunderte hindurch in der Erde verborgen
gelegen, hat ihre Schönheit nicht das geringste eingebüßt. Bei manchen ist
das Glas nur etwas grünlich angelaufen.

Dabei aber erinnern manche Unvollkommenheiten deutlich an den frühen
Culturzustand. Einzelne Theile solcher Gefäße werden öfters gefunden; sie
geben Aufklärung über die vielfach verschiedenen Wege, welche die Technik
schon in so früher Zeit zu wandeln wußte. Die Ränder. Füße und Henkel
bekunden den höchsten Grad der Geschicklichkeit in der sogenannten Stuhl¬
arbeit und doch wieder erkennt man daran ganz einfache Handgriffe, die wol
ihrer Vorzüge wegen Nachahmung verdienten. Wie geschickt die Alten in der
Prcßnrbeit waren und besonders welche außerordentliche Gewandtheit sie in
der Bearbeitung der Oberfläche besaßen, geht aus den mit faltenförmigen
Verstärkungen verzierten, wie aus den mit dem Stichel, dem Schleifrädchen
und auf der Drehbank bearbeiteten Stücken hervor.

Das Vollendetste, was die Glasmachcrkunst des Alterthums in Bezug auf
Färbung des Glases, den Schmclzproceß und das Zusammenfügen verschiedener
Theile geliefert hat. sind die Millesivren und Mosaiken. Sie haben meistens
als Schmuck und zu jenen kostbaren Gefäßen gedient, welche die Römer mit
so vielen Talenten bezahlten und von denen nur einige wenige unbeschädigt
aus uns gekommen sind, Beseitigt man die durch den langen Aufenthalt in
der Erde entstandene Oxydation, so wird dadurch die zerstörte Farbenpracht
vollständig wieder hergestellt. Nicht allein wegen dieser, sondern auch wegen
der Dauer, stehen sie immer noch unerreicht da. Bei ihnen bringt selbst die
stärkste Weißglühhitze eine kaum sichtbare Veränderung hervor, während die
neuern Nachbildungen in der Rvthglut zusammenfallen und mitunter selbst
nicht den gewöhnlichen Temperaturwechsel ertragen.

Außerdem finden sich unter den römischen Alterthümern Säulen von Glas,
deren Länge und Umfang unser Staunen erregt. Und doch heißt es von der
römischen Glasfabrikation, daß sie Jahrhunderte hindurch auf einer sehr nie¬
drigen Stufe der Ausbildung verweilt habe, wenn schon ihre Producte mit be¬
deutenden Preisen bezahlt wurden. Ebenso war ihr Umfang lange Zeit ein
sehr unbedeutender; erst im dritten Jahrhundert erstarkte sie so weit, daß sie
eine Besteuerung ertragen konnte. Zu dieser Zeit soll der Gebrauch des Glases
so allgemeiner gewesen sein, daß man von einem römischen Kaiser sagt:


Jahrhunderte hindurch beschränkt. Mancherlei Ueberreste sind aus dieser Zeit
auf uns gekommen. Zu den schönsten Arbeiten gehört z. B. die in dem
Grabe des Alexander Severus gefundene berühmte Barbarini- oder Portland-
vnsc aus tief azurblauen Glase, mit erhabenen Figuren aus einer weißen
opaken Masse verziert. Noch mancherlei andere Urnen und Vasen von Glas,
die noch heute wegen ihrer hohen Vollkommenheit unsere Bewunderung erregen,
sind uns erhalten; obgleich sie Jahrhunderte hindurch in der Erde verborgen
gelegen, hat ihre Schönheit nicht das geringste eingebüßt. Bei manchen ist
das Glas nur etwas grünlich angelaufen.

Dabei aber erinnern manche Unvollkommenheiten deutlich an den frühen
Culturzustand. Einzelne Theile solcher Gefäße werden öfters gefunden; sie
geben Aufklärung über die vielfach verschiedenen Wege, welche die Technik
schon in so früher Zeit zu wandeln wußte. Die Ränder. Füße und Henkel
bekunden den höchsten Grad der Geschicklichkeit in der sogenannten Stuhl¬
arbeit und doch wieder erkennt man daran ganz einfache Handgriffe, die wol
ihrer Vorzüge wegen Nachahmung verdienten. Wie geschickt die Alten in der
Prcßnrbeit waren und besonders welche außerordentliche Gewandtheit sie in
der Bearbeitung der Oberfläche besaßen, geht aus den mit faltenförmigen
Verstärkungen verzierten, wie aus den mit dem Stichel, dem Schleifrädchen
und auf der Drehbank bearbeiteten Stücken hervor.

Das Vollendetste, was die Glasmachcrkunst des Alterthums in Bezug auf
Färbung des Glases, den Schmclzproceß und das Zusammenfügen verschiedener
Theile geliefert hat. sind die Millesivren und Mosaiken. Sie haben meistens
als Schmuck und zu jenen kostbaren Gefäßen gedient, welche die Römer mit
so vielen Talenten bezahlten und von denen nur einige wenige unbeschädigt
aus uns gekommen sind, Beseitigt man die durch den langen Aufenthalt in
der Erde entstandene Oxydation, so wird dadurch die zerstörte Farbenpracht
vollständig wieder hergestellt. Nicht allein wegen dieser, sondern auch wegen
der Dauer, stehen sie immer noch unerreicht da. Bei ihnen bringt selbst die
stärkste Weißglühhitze eine kaum sichtbare Veränderung hervor, während die
neuern Nachbildungen in der Rvthglut zusammenfallen und mitunter selbst
nicht den gewöhnlichen Temperaturwechsel ertragen.

Außerdem finden sich unter den römischen Alterthümern Säulen von Glas,
deren Länge und Umfang unser Staunen erregt. Und doch heißt es von der
römischen Glasfabrikation, daß sie Jahrhunderte hindurch auf einer sehr nie¬
drigen Stufe der Ausbildung verweilt habe, wenn schon ihre Producte mit be¬
deutenden Preisen bezahlt wurden. Ebenso war ihr Umfang lange Zeit ein
sehr unbedeutender; erst im dritten Jahrhundert erstarkte sie so weit, daß sie
eine Besteuerung ertragen konnte. Zu dieser Zeit soll der Gebrauch des Glases
so allgemeiner gewesen sein, daß man von einem römischen Kaiser sagt:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0525" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108111"/>
          <p xml:id="ID_1713" prev="#ID_1712"> Jahrhunderte hindurch beschränkt. Mancherlei Ueberreste sind aus dieser Zeit<lb/>
auf uns gekommen. Zu den schönsten Arbeiten gehört z. B. die in dem<lb/>
Grabe des Alexander Severus gefundene berühmte Barbarini- oder Portland-<lb/>
vnsc aus tief azurblauen Glase, mit erhabenen Figuren aus einer weißen<lb/>
opaken Masse verziert. Noch mancherlei andere Urnen und Vasen von Glas,<lb/>
die noch heute wegen ihrer hohen Vollkommenheit unsere Bewunderung erregen,<lb/>
sind uns erhalten; obgleich sie Jahrhunderte hindurch in der Erde verborgen<lb/>
gelegen, hat ihre Schönheit nicht das geringste eingebüßt. Bei manchen ist<lb/>
das Glas nur etwas grünlich angelaufen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1714"> Dabei aber erinnern manche Unvollkommenheiten deutlich an den frühen<lb/>
Culturzustand. Einzelne Theile solcher Gefäße werden öfters gefunden; sie<lb/>
geben Aufklärung über die vielfach verschiedenen Wege, welche die Technik<lb/>
schon in so früher Zeit zu wandeln wußte. Die Ränder. Füße und Henkel<lb/>
bekunden den höchsten Grad der Geschicklichkeit in der sogenannten Stuhl¬<lb/>
arbeit und doch wieder erkennt man daran ganz einfache Handgriffe, die wol<lb/>
ihrer Vorzüge wegen Nachahmung verdienten. Wie geschickt die Alten in der<lb/>
Prcßnrbeit waren und besonders welche außerordentliche Gewandtheit sie in<lb/>
der Bearbeitung der Oberfläche besaßen, geht aus den mit faltenförmigen<lb/>
Verstärkungen verzierten, wie aus den mit dem Stichel, dem Schleifrädchen<lb/>
und auf der Drehbank bearbeiteten Stücken hervor.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1715"> Das Vollendetste, was die Glasmachcrkunst des Alterthums in Bezug auf<lb/>
Färbung des Glases, den Schmclzproceß und das Zusammenfügen verschiedener<lb/>
Theile geliefert hat. sind die Millesivren und Mosaiken. Sie haben meistens<lb/>
als Schmuck und zu jenen kostbaren Gefäßen gedient, welche die Römer mit<lb/>
so vielen Talenten bezahlten und von denen nur einige wenige unbeschädigt<lb/>
aus uns gekommen sind, Beseitigt man die durch den langen Aufenthalt in<lb/>
der Erde entstandene Oxydation, so wird dadurch die zerstörte Farbenpracht<lb/>
vollständig wieder hergestellt. Nicht allein wegen dieser, sondern auch wegen<lb/>
der Dauer, stehen sie immer noch unerreicht da. Bei ihnen bringt selbst die<lb/>
stärkste Weißglühhitze eine kaum sichtbare Veränderung hervor, während die<lb/>
neuern Nachbildungen in der Rvthglut zusammenfallen und mitunter selbst<lb/>
nicht den gewöhnlichen Temperaturwechsel ertragen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1716" next="#ID_1717"> Außerdem finden sich unter den römischen Alterthümern Säulen von Glas,<lb/>
deren Länge und Umfang unser Staunen erregt. Und doch heißt es von der<lb/>
römischen Glasfabrikation, daß sie Jahrhunderte hindurch auf einer sehr nie¬<lb/>
drigen Stufe der Ausbildung verweilt habe, wenn schon ihre Producte mit be¬<lb/>
deutenden Preisen bezahlt wurden. Ebenso war ihr Umfang lange Zeit ein<lb/>
sehr unbedeutender; erst im dritten Jahrhundert erstarkte sie so weit, daß sie<lb/>
eine Besteuerung ertragen konnte. Zu dieser Zeit soll der Gebrauch des Glases<lb/>
so allgemeiner gewesen sein, daß man von einem römischen Kaiser sagt:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0525] Jahrhunderte hindurch beschränkt. Mancherlei Ueberreste sind aus dieser Zeit auf uns gekommen. Zu den schönsten Arbeiten gehört z. B. die in dem Grabe des Alexander Severus gefundene berühmte Barbarini- oder Portland- vnsc aus tief azurblauen Glase, mit erhabenen Figuren aus einer weißen opaken Masse verziert. Noch mancherlei andere Urnen und Vasen von Glas, die noch heute wegen ihrer hohen Vollkommenheit unsere Bewunderung erregen, sind uns erhalten; obgleich sie Jahrhunderte hindurch in der Erde verborgen gelegen, hat ihre Schönheit nicht das geringste eingebüßt. Bei manchen ist das Glas nur etwas grünlich angelaufen. Dabei aber erinnern manche Unvollkommenheiten deutlich an den frühen Culturzustand. Einzelne Theile solcher Gefäße werden öfters gefunden; sie geben Aufklärung über die vielfach verschiedenen Wege, welche die Technik schon in so früher Zeit zu wandeln wußte. Die Ränder. Füße und Henkel bekunden den höchsten Grad der Geschicklichkeit in der sogenannten Stuhl¬ arbeit und doch wieder erkennt man daran ganz einfache Handgriffe, die wol ihrer Vorzüge wegen Nachahmung verdienten. Wie geschickt die Alten in der Prcßnrbeit waren und besonders welche außerordentliche Gewandtheit sie in der Bearbeitung der Oberfläche besaßen, geht aus den mit faltenförmigen Verstärkungen verzierten, wie aus den mit dem Stichel, dem Schleifrädchen und auf der Drehbank bearbeiteten Stücken hervor. Das Vollendetste, was die Glasmachcrkunst des Alterthums in Bezug auf Färbung des Glases, den Schmclzproceß und das Zusammenfügen verschiedener Theile geliefert hat. sind die Millesivren und Mosaiken. Sie haben meistens als Schmuck und zu jenen kostbaren Gefäßen gedient, welche die Römer mit so vielen Talenten bezahlten und von denen nur einige wenige unbeschädigt aus uns gekommen sind, Beseitigt man die durch den langen Aufenthalt in der Erde entstandene Oxydation, so wird dadurch die zerstörte Farbenpracht vollständig wieder hergestellt. Nicht allein wegen dieser, sondern auch wegen der Dauer, stehen sie immer noch unerreicht da. Bei ihnen bringt selbst die stärkste Weißglühhitze eine kaum sichtbare Veränderung hervor, während die neuern Nachbildungen in der Rvthglut zusammenfallen und mitunter selbst nicht den gewöhnlichen Temperaturwechsel ertragen. Außerdem finden sich unter den römischen Alterthümern Säulen von Glas, deren Länge und Umfang unser Staunen erregt. Und doch heißt es von der römischen Glasfabrikation, daß sie Jahrhunderte hindurch auf einer sehr nie¬ drigen Stufe der Ausbildung verweilt habe, wenn schon ihre Producte mit be¬ deutenden Preisen bezahlt wurden. Ebenso war ihr Umfang lange Zeit ein sehr unbedeutender; erst im dritten Jahrhundert erstarkte sie so weit, daß sie eine Besteuerung ertragen konnte. Zu dieser Zeit soll der Gebrauch des Glases so allgemeiner gewesen sein, daß man von einem römischen Kaiser sagt:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/525
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/525>, abgerufen am 25.08.2024.