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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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meine Stube zurück, wo ich Muße fand, das Bild des weltgeschichtlichen Platzes
in der Erinnerung zu fiziren und mir den Wechsel seiner Gestalten in der
Vergangenheit zu vergegenwärtige".
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Die Nebel der Urzeit verhüllten das heutige Jerusalem, und ich sah auf
dem einsamen Wüsteufclsen des Moriah das düstre Bild Schech Abrahams
mit dem zum Menschenopfer gezückten Messer. Es zerfloß, und an seine Stelle
trat der grausenvolle Pestengel mit der tödtlichen Ruthe, die von Dan bis
gen Berseba schlug, ohne den wirklich Schuldigen, den König, zu treffen.

Salomos Tempel tauchte auf in Umrissen, unbestimmt wie seine Beschrei¬
bung in der Bibel, nicht sehr großartig in seinen Maßen, halb ägyptisch, halb
Phönizisch in Architektur und Bildhauerarbeit-, der Borhof mit dem ehernen
Meer, der Brandopferaltar und seiner Rauchwolke, die geheunnißvollen Säulen
Jachin und Boas mit ihren Knäufen von Lilien, ihren Ketten von Granat¬
äpfeln und ihren vier Finger tiefen Kannelüren. das Heilige dann mit de"
Fenstern von Gitterarbeit und dem mit Goldblech überkleideten Zederngetäsel
an Decke und Wänden, das dunkle, ganz vergoldete Allerheiligste endlich. >n
dem hinter Vorhängen von Geldwert. Scharlaken und Nosinrvth die sieben-
armige Leuchte die Bundeslade und die Cherubimstolosse bestrahlte, die mit
den Fittichen der geflügelten Löwen von Niniveh und mit den großen Augen
und den zu hoch gestellten Ohren der Sculpturen von Karnak und Medinet
Habu als Wächter der Gesetztafeln in barbarischer Starrheit daneben standen.
Salomo der Prächtige wurde auf seinem Löwenthron herbeigetragen. Weih¬
rauchswolken wallten auf. Triumphpsalmen ertönten, die Lieder sür Jeduthun,
die Hymnen der Kinder Korah. der Gesang vom goldnen Nosenspnhn. und
ringsum troff der Tempelplatz vom Blut der zur Einweihungsfeier geschlachteten
Rinder, vom Fett der geopferten Schafe.

Ein nächtlicher Schatten legte sich vom Mittag her über den heilige"
Berg und seinen Schimmer. Pharao Sisaks Hand entkleidete den Tempel
seines Goldschmucks und führte den Sohn Salomos gefangen nach Ae-
gyptenland.

Wieder ging die Sonne auf über dem Hügel Jehovas. wieder glänzte
das Heiligthum von edlem Metall, flammte der Opferaltar, wurden die Harfen
der Leviten und die Posaunen der Priester vernommen, und es erscholl das
stolze Prophctenwort: "Es wird eine Bahn sein von Aegypten in Assyrien,
daß die Assyrer in Aegypten und die Aegypter in Assyrien kommen, und die
Aegypter sammt den Assyrern Gott dienen. Und es wnd Israel selbdritt sein
mit den Aegyptern und Assyrern durch den Segen, so auf Erden sein wird.
Denn der Herr Zevaoth wird sie segnen und sprechen: Gesegnet bist du. Ae¬
gypten. mein Volk, und du. Assur. meiner Hände Werk, und du. Israel,
mein Erbe!"


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Die Nebel der Urzeit verhüllten das heutige Jerusalem, und ich sah auf
dem einsamen Wüsteufclsen des Moriah das düstre Bild Schech Abrahams
mit dem zum Menschenopfer gezückten Messer. Es zerfloß, und an seine Stelle
trat der grausenvolle Pestengel mit der tödtlichen Ruthe, die von Dan bis
gen Berseba schlug, ohne den wirklich Schuldigen, den König, zu treffen.

Salomos Tempel tauchte auf in Umrissen, unbestimmt wie seine Beschrei¬
bung in der Bibel, nicht sehr großartig in seinen Maßen, halb ägyptisch, halb
Phönizisch in Architektur und Bildhauerarbeit-, der Borhof mit dem ehernen
Meer, der Brandopferaltar und seiner Rauchwolke, die geheunnißvollen Säulen
Jachin und Boas mit ihren Knäufen von Lilien, ihren Ketten von Granat¬
äpfeln und ihren vier Finger tiefen Kannelüren. das Heilige dann mit de»
Fenstern von Gitterarbeit und dem mit Goldblech überkleideten Zederngetäsel
an Decke und Wänden, das dunkle, ganz vergoldete Allerheiligste endlich. >n
dem hinter Vorhängen von Geldwert. Scharlaken und Nosinrvth die sieben-
armige Leuchte die Bundeslade und die Cherubimstolosse bestrahlte, die mit
den Fittichen der geflügelten Löwen von Niniveh und mit den großen Augen
und den zu hoch gestellten Ohren der Sculpturen von Karnak und Medinet
Habu als Wächter der Gesetztafeln in barbarischer Starrheit daneben standen.
Salomo der Prächtige wurde auf seinem Löwenthron herbeigetragen. Weih¬
rauchswolken wallten auf. Triumphpsalmen ertönten, die Lieder sür Jeduthun,
die Hymnen der Kinder Korah. der Gesang vom goldnen Nosenspnhn. und
ringsum troff der Tempelplatz vom Blut der zur Einweihungsfeier geschlachteten
Rinder, vom Fett der geopferten Schafe.

Ein nächtlicher Schatten legte sich vom Mittag her über den heilige»
Berg und seinen Schimmer. Pharao Sisaks Hand entkleidete den Tempel
seines Goldschmucks und führte den Sohn Salomos gefangen nach Ae-
gyptenland.

Wieder ging die Sonne auf über dem Hügel Jehovas. wieder glänzte
das Heiligthum von edlem Metall, flammte der Opferaltar, wurden die Harfen
der Leviten und die Posaunen der Priester vernommen, und es erscholl das
stolze Prophctenwort: „Es wird eine Bahn sein von Aegypten in Assyrien,
daß die Assyrer in Aegypten und die Aegypter in Assyrien kommen, und die
Aegypter sammt den Assyrern Gott dienen. Und es wnd Israel selbdritt sein
mit den Aegyptern und Assyrern durch den Segen, so auf Erden sein wird.
Denn der Herr Zevaoth wird sie segnen und sprechen: Gesegnet bist du. Ae¬
gypten. mein Volk, und du. Assur. meiner Hände Werk, und du. Israel,
mein Erbe!"


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[0488] meine Stube zurück, wo ich Muße fand, das Bild des weltgeschichtlichen Platzes in der Erinnerung zu fiziren und mir den Wechsel seiner Gestalten in der Vergangenheit zu vergegenwärtige». »''«s-,"k!N^I!'»»<s<l jllll? , !,> N-j»l>t l ij, 1? Die Nebel der Urzeit verhüllten das heutige Jerusalem, und ich sah auf dem einsamen Wüsteufclsen des Moriah das düstre Bild Schech Abrahams mit dem zum Menschenopfer gezückten Messer. Es zerfloß, und an seine Stelle trat der grausenvolle Pestengel mit der tödtlichen Ruthe, die von Dan bis gen Berseba schlug, ohne den wirklich Schuldigen, den König, zu treffen. Salomos Tempel tauchte auf in Umrissen, unbestimmt wie seine Beschrei¬ bung in der Bibel, nicht sehr großartig in seinen Maßen, halb ägyptisch, halb Phönizisch in Architektur und Bildhauerarbeit-, der Borhof mit dem ehernen Meer, der Brandopferaltar und seiner Rauchwolke, die geheunnißvollen Säulen Jachin und Boas mit ihren Knäufen von Lilien, ihren Ketten von Granat¬ äpfeln und ihren vier Finger tiefen Kannelüren. das Heilige dann mit de» Fenstern von Gitterarbeit und dem mit Goldblech überkleideten Zederngetäsel an Decke und Wänden, das dunkle, ganz vergoldete Allerheiligste endlich. >n dem hinter Vorhängen von Geldwert. Scharlaken und Nosinrvth die sieben- armige Leuchte die Bundeslade und die Cherubimstolosse bestrahlte, die mit den Fittichen der geflügelten Löwen von Niniveh und mit den großen Augen und den zu hoch gestellten Ohren der Sculpturen von Karnak und Medinet Habu als Wächter der Gesetztafeln in barbarischer Starrheit daneben standen. Salomo der Prächtige wurde auf seinem Löwenthron herbeigetragen. Weih¬ rauchswolken wallten auf. Triumphpsalmen ertönten, die Lieder sür Jeduthun, die Hymnen der Kinder Korah. der Gesang vom goldnen Nosenspnhn. und ringsum troff der Tempelplatz vom Blut der zur Einweihungsfeier geschlachteten Rinder, vom Fett der geopferten Schafe. Ein nächtlicher Schatten legte sich vom Mittag her über den heilige» Berg und seinen Schimmer. Pharao Sisaks Hand entkleidete den Tempel seines Goldschmucks und führte den Sohn Salomos gefangen nach Ae- gyptenland. Wieder ging die Sonne auf über dem Hügel Jehovas. wieder glänzte das Heiligthum von edlem Metall, flammte der Opferaltar, wurden die Harfen der Leviten und die Posaunen der Priester vernommen, und es erscholl das stolze Prophctenwort: „Es wird eine Bahn sein von Aegypten in Assyrien, daß die Assyrer in Aegypten und die Aegypter in Assyrien kommen, und die Aegypter sammt den Assyrern Gott dienen. Und es wnd Israel selbdritt sein mit den Aegyptern und Assyrern durch den Segen, so auf Erden sein wird. Denn der Herr Zevaoth wird sie segnen und sprechen: Gesegnet bist du. Ae¬ gypten. mein Volk, und du. Assur. meiner Hände Werk, und du. Israel, mein Erbe!"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/488>, abgerufen am 23.07.2024.