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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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büschen sehr stattliche Erscheinungen, dann der französische, mehr Bart als
Mann, zuletzt v. Rosen mit dem Bischof.

Nach und nach kündigten Reiter, welche dem Fürsten entgegengeeilt waren,
die Annäherung der Karava ne an, das türkische Militär am Wege stellte sich in
Ordnung, die Artilleristen traten hinter ihre Böller, und neben ihnen faßte ein
Trupp Baschibosuks in Beduinentracht Posto. Auch die zum Empfang beim
Zelte versammelten Würdenträger ordneten sich, wobei es zwischen den Ver¬
tretern Oestreichs und Frankreichs zum Streit über den Vortritt kam. der durch
den inzwischen eingetroffnen Kammerherrn des Großfürsten zu Gunsten des
ersteren geschlichtet wurde.

Bald nachdem sich auch der Pascha eingestellt, erschienen die Spitzen des
russischen Zugs auf der Höhe über dem Zelte. Es waren Reiter in Civil
und Uniform, Sänften von Maulthieren getragen, und gegen vierthalbhun-
dert Matrosen. Sie hielten zunächst bei dem Zelt des Patriarchen, wo die
Reiter abfliegen und die Damen ihre sanften verließen. Dann kam der
ganze Zug zu Fuß nach dem großen grünen Zelt des Pascha herunter. Die
Böller knallten, Trommelwirbel ertönte, die türkischen Signalhörner stießen
ein überaus gräßliches Freudcngeheul aus, die Baschibosuks schwenkten brül>
tend ihre Lanzen. Von der Procession des Großfürsten, die ihren Weg selt¬
samerweise mitten über ein eben erst umgepflügtes Ackerfeld nahm, und neben
welcher zu beiden Seiten dichte Massen von Neugierigen sich wälzten, stieg
eine dicke gelbe Staubwolke auf. Voran schritten in grünen, über die Brust
und den Schoß mit breiten Goldlitzen benäheten Hofuniformen zwei Kammer¬
herrn als Bahnbrecher, zur Seite marschirten in weißen Jacken mit umgeleg¬
ten blauen Halskragen, weißen Hosen und Mützen, die Mimi6buesse auf der
Schulter, Matrosen als Eskorte. Hinter den Kammerherrn kam der Großfürst,
seine Gemahlin am Arme, dann eine Kammerdame mit dem einen Sohn des
Prinzen, dann ein Gefolge von andern Herrn und Damen vom Hofe, Bi¬
schöfen und niederen Geistlichen. Der Großfürst trug die grüne russische Gene¬
ralsuniform mit einem breiten blauen Ordensband, eine weiße Mütze und einen
weißen arabischen Burnus; seine Gemahlin war ebenfalls weiß gekleidet. Beide
sahen angegriffen aus. Der Großfürst ist ein Mann von Mittelgröße. Er scheint
nicht gut zu sehen, da ich ihn immer mit einem eingeklemmten Augenglas traf.
Sein mageres blasses Gesicht, umgeben von einem dünnen hellblonden Schnurr¬
und Backenbart, und seine Haltung erinnern nur wenig an den Bater. Mehr
ist dies mit dem graublauen Auge der Fall, welches recht gebieterisch blicken
kann, jetzt aber mehr den müden, kränklichen Pilger, als den Fürsten kund¬
gab. Die Großfürstin ist eine schlanke Blondine, wie mir schien, etwas grö¬
ßer als ihr Gemahl und augenscheinlich früher sehr schön gewesen.

Während die Kanonen fortdonnerten, die Hörner und Trommeln weiter


büschen sehr stattliche Erscheinungen, dann der französische, mehr Bart als
Mann, zuletzt v. Rosen mit dem Bischof.

Nach und nach kündigten Reiter, welche dem Fürsten entgegengeeilt waren,
die Annäherung der Karava ne an, das türkische Militär am Wege stellte sich in
Ordnung, die Artilleristen traten hinter ihre Böller, und neben ihnen faßte ein
Trupp Baschibosuks in Beduinentracht Posto. Auch die zum Empfang beim
Zelte versammelten Würdenträger ordneten sich, wobei es zwischen den Ver¬
tretern Oestreichs und Frankreichs zum Streit über den Vortritt kam. der durch
den inzwischen eingetroffnen Kammerherrn des Großfürsten zu Gunsten des
ersteren geschlichtet wurde.

Bald nachdem sich auch der Pascha eingestellt, erschienen die Spitzen des
russischen Zugs auf der Höhe über dem Zelte. Es waren Reiter in Civil
und Uniform, Sänften von Maulthieren getragen, und gegen vierthalbhun-
dert Matrosen. Sie hielten zunächst bei dem Zelt des Patriarchen, wo die
Reiter abfliegen und die Damen ihre sanften verließen. Dann kam der
ganze Zug zu Fuß nach dem großen grünen Zelt des Pascha herunter. Die
Böller knallten, Trommelwirbel ertönte, die türkischen Signalhörner stießen
ein überaus gräßliches Freudcngeheul aus, die Baschibosuks schwenkten brül>
tend ihre Lanzen. Von der Procession des Großfürsten, die ihren Weg selt¬
samerweise mitten über ein eben erst umgepflügtes Ackerfeld nahm, und neben
welcher zu beiden Seiten dichte Massen von Neugierigen sich wälzten, stieg
eine dicke gelbe Staubwolke auf. Voran schritten in grünen, über die Brust
und den Schoß mit breiten Goldlitzen benäheten Hofuniformen zwei Kammer¬
herrn als Bahnbrecher, zur Seite marschirten in weißen Jacken mit umgeleg¬
ten blauen Halskragen, weißen Hosen und Mützen, die Mimi6buesse auf der
Schulter, Matrosen als Eskorte. Hinter den Kammerherrn kam der Großfürst,
seine Gemahlin am Arme, dann eine Kammerdame mit dem einen Sohn des
Prinzen, dann ein Gefolge von andern Herrn und Damen vom Hofe, Bi¬
schöfen und niederen Geistlichen. Der Großfürst trug die grüne russische Gene¬
ralsuniform mit einem breiten blauen Ordensband, eine weiße Mütze und einen
weißen arabischen Burnus; seine Gemahlin war ebenfalls weiß gekleidet. Beide
sahen angegriffen aus. Der Großfürst ist ein Mann von Mittelgröße. Er scheint
nicht gut zu sehen, da ich ihn immer mit einem eingeklemmten Augenglas traf.
Sein mageres blasses Gesicht, umgeben von einem dünnen hellblonden Schnurr¬
und Backenbart, und seine Haltung erinnern nur wenig an den Bater. Mehr
ist dies mit dem graublauen Auge der Fall, welches recht gebieterisch blicken
kann, jetzt aber mehr den müden, kränklichen Pilger, als den Fürsten kund¬
gab. Die Großfürstin ist eine schlanke Blondine, wie mir schien, etwas grö¬
ßer als ihr Gemahl und augenscheinlich früher sehr schön gewesen.

Während die Kanonen fortdonnerten, die Hörner und Trommeln weiter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/480>, abgerufen am 23.07.2024.