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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Das Bestehen eines guten Cadre für den Artilleriedienst war von nun
an gesichert. Man hätte glauben sollen, daß die Admiralität, mit den erlang¬
ten Resultaten zufrieden, dabei stehen bleiben würde. Es gibt aber in Eng.
land eine vom Ausland immer noch nicht richtig beurtheilte, aber sehr wich-
tige Partei, nämlich die der Alarmistcn, und für diese ist niemals genug ge¬
than, so lange es noch überhaupt etwas zu thun gibt. Wir wollen hier nicht
an alle jene Excentricitäten erinnern, welche sich unter der Flagge des Admirals
Napier in den Spalten der Times so oft breit gemacht haben. Von Jahr zu
Jahr und von Session zu Session die Admiralität ohne Unterlaß verfolgend
hat diese ultrapatriotische Partei niemals aufgehört, Phantome heraufzu¬
beschwören, damit man sich bereit mache, sie zu bekämpfen.' Hinter den
Alarmisten kam eine zweite Partei, die der vorsichtigen und ernsten Leute,
welche, mit dem General Douglas an der Spitze, der erstem bei vielen Gelegen¬
heiten die Unterstützung ihrer Erfahrung und ihrer Logik lieh. Sich auf einen
Parlamentsbeschluß stützend, welcher den Effectivbestand der Landartillerie auf
Swölftausend Mann erhöhte, verlangte dieser große Reformator unter Anfüh¬
rung der dringendsten Argumente eine Vermehrung des Cadre der Matroscn-
kanoniere. "Wenn die Ausbildung eines guten Landartilleristen," sagt er,
"nicht weniger als fünf Jahre erfordert, wenn der Effectivbestand dieser Waffen¬
gattung auf je drei Geschütze nur einen disponiblen Mann liefert, wie kann
Wan dann zögern, diese Lücke durch seamen-gunners auszufüllen? Wie viele
Kanonenschüsse würden auf dem Ocean abgefeuert werden, wie viele Siege
"der Niederlagen würden im Fall eines Bruches, der plötzlich bedeutende
Rüstungen nothwendig machte, in unsere Annalen einzutragen sein, ehe unsere
Rekruten von der Kauffahrteiflotte in leidliche Kanoniere umgewandelt wären?"
Um den Eventualitäten der Zukunft die Spitze bieten, um ihnen zuversichtlich
entgegensehen zu können, verlangte man von der Admiralität: Permanente
Unterhaltung von 3000 Matroscnkanonieren; Ausrüstung zweier Schulfregatten,
die fortwährend längs der Küsten segelnd, die Mannschaften aufnahmen, welche
auf dem Excellent keinen Platz fänden; Wiederanwerbung der Leute, welche
ihre Zeit ausgedient hätten. "Erfahrene und geübte Kanoniere erhalten."
sagte man. "wird immer besser sein, als unaufhörlich neue heranbilden. Die
Oekonomie und das Interesse des Dienstes stimmen in diesem Punkt überein.
England darf es sich nicht verhehlen, es ist mächtig genug, um die Wahrheit zu
hören. Auch Frankreich hat sich mit Vervollkommnung seiner Seeartillerie be¬
schäftigt. Es hat nacheinander mehre Schulfregatten für seine Seeartilleristen
ausgerüstet. Bei dem ersten Bruche würden wir es mit Feinden zu thun
baben, die ganz anders geübt wären, als die des letzten Krieges. Unsere
Leamcm-summer-s entwickeln, dies muß die Parole der englischen Manne sein,


Grenzboten III. 1859. ^

Das Bestehen eines guten Cadre für den Artilleriedienst war von nun
an gesichert. Man hätte glauben sollen, daß die Admiralität, mit den erlang¬
ten Resultaten zufrieden, dabei stehen bleiben würde. Es gibt aber in Eng.
land eine vom Ausland immer noch nicht richtig beurtheilte, aber sehr wich-
tige Partei, nämlich die der Alarmistcn, und für diese ist niemals genug ge¬
than, so lange es noch überhaupt etwas zu thun gibt. Wir wollen hier nicht
an alle jene Excentricitäten erinnern, welche sich unter der Flagge des Admirals
Napier in den Spalten der Times so oft breit gemacht haben. Von Jahr zu
Jahr und von Session zu Session die Admiralität ohne Unterlaß verfolgend
hat diese ultrapatriotische Partei niemals aufgehört, Phantome heraufzu¬
beschwören, damit man sich bereit mache, sie zu bekämpfen.' Hinter den
Alarmisten kam eine zweite Partei, die der vorsichtigen und ernsten Leute,
welche, mit dem General Douglas an der Spitze, der erstem bei vielen Gelegen¬
heiten die Unterstützung ihrer Erfahrung und ihrer Logik lieh. Sich auf einen
Parlamentsbeschluß stützend, welcher den Effectivbestand der Landartillerie auf
Swölftausend Mann erhöhte, verlangte dieser große Reformator unter Anfüh¬
rung der dringendsten Argumente eine Vermehrung des Cadre der Matroscn-
kanoniere. „Wenn die Ausbildung eines guten Landartilleristen," sagt er,
»nicht weniger als fünf Jahre erfordert, wenn der Effectivbestand dieser Waffen¬
gattung auf je drei Geschütze nur einen disponiblen Mann liefert, wie kann
Wan dann zögern, diese Lücke durch seamen-gunners auszufüllen? Wie viele
Kanonenschüsse würden auf dem Ocean abgefeuert werden, wie viele Siege
»der Niederlagen würden im Fall eines Bruches, der plötzlich bedeutende
Rüstungen nothwendig machte, in unsere Annalen einzutragen sein, ehe unsere
Rekruten von der Kauffahrteiflotte in leidliche Kanoniere umgewandelt wären?"
Um den Eventualitäten der Zukunft die Spitze bieten, um ihnen zuversichtlich
entgegensehen zu können, verlangte man von der Admiralität: Permanente
Unterhaltung von 3000 Matroscnkanonieren; Ausrüstung zweier Schulfregatten,
die fortwährend längs der Küsten segelnd, die Mannschaften aufnahmen, welche
auf dem Excellent keinen Platz fänden; Wiederanwerbung der Leute, welche
ihre Zeit ausgedient hätten. „Erfahrene und geübte Kanoniere erhalten."
sagte man. „wird immer besser sein, als unaufhörlich neue heranbilden. Die
Oekonomie und das Interesse des Dienstes stimmen in diesem Punkt überein.
England darf es sich nicht verhehlen, es ist mächtig genug, um die Wahrheit zu
hören. Auch Frankreich hat sich mit Vervollkommnung seiner Seeartillerie be¬
schäftigt. Es hat nacheinander mehre Schulfregatten für seine Seeartilleristen
ausgerüstet. Bei dem ersten Bruche würden wir es mit Feinden zu thun
baben, die ganz anders geübt wären, als die des letzten Krieges. Unsere
Leamcm-summer-s entwickeln, dies muß die Parole der englischen Manne sein,


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[0463] Das Bestehen eines guten Cadre für den Artilleriedienst war von nun an gesichert. Man hätte glauben sollen, daß die Admiralität, mit den erlang¬ ten Resultaten zufrieden, dabei stehen bleiben würde. Es gibt aber in Eng. land eine vom Ausland immer noch nicht richtig beurtheilte, aber sehr wich- tige Partei, nämlich die der Alarmistcn, und für diese ist niemals genug ge¬ than, so lange es noch überhaupt etwas zu thun gibt. Wir wollen hier nicht an alle jene Excentricitäten erinnern, welche sich unter der Flagge des Admirals Napier in den Spalten der Times so oft breit gemacht haben. Von Jahr zu Jahr und von Session zu Session die Admiralität ohne Unterlaß verfolgend hat diese ultrapatriotische Partei niemals aufgehört, Phantome heraufzu¬ beschwören, damit man sich bereit mache, sie zu bekämpfen.' Hinter den Alarmisten kam eine zweite Partei, die der vorsichtigen und ernsten Leute, welche, mit dem General Douglas an der Spitze, der erstem bei vielen Gelegen¬ heiten die Unterstützung ihrer Erfahrung und ihrer Logik lieh. Sich auf einen Parlamentsbeschluß stützend, welcher den Effectivbestand der Landartillerie auf Swölftausend Mann erhöhte, verlangte dieser große Reformator unter Anfüh¬ rung der dringendsten Argumente eine Vermehrung des Cadre der Matroscn- kanoniere. „Wenn die Ausbildung eines guten Landartilleristen," sagt er, »nicht weniger als fünf Jahre erfordert, wenn der Effectivbestand dieser Waffen¬ gattung auf je drei Geschütze nur einen disponiblen Mann liefert, wie kann Wan dann zögern, diese Lücke durch seamen-gunners auszufüllen? Wie viele Kanonenschüsse würden auf dem Ocean abgefeuert werden, wie viele Siege »der Niederlagen würden im Fall eines Bruches, der plötzlich bedeutende Rüstungen nothwendig machte, in unsere Annalen einzutragen sein, ehe unsere Rekruten von der Kauffahrteiflotte in leidliche Kanoniere umgewandelt wären?" Um den Eventualitäten der Zukunft die Spitze bieten, um ihnen zuversichtlich entgegensehen zu können, verlangte man von der Admiralität: Permanente Unterhaltung von 3000 Matroscnkanonieren; Ausrüstung zweier Schulfregatten, die fortwährend längs der Küsten segelnd, die Mannschaften aufnahmen, welche auf dem Excellent keinen Platz fänden; Wiederanwerbung der Leute, welche ihre Zeit ausgedient hätten. „Erfahrene und geübte Kanoniere erhalten." sagte man. „wird immer besser sein, als unaufhörlich neue heranbilden. Die Oekonomie und das Interesse des Dienstes stimmen in diesem Punkt überein. England darf es sich nicht verhehlen, es ist mächtig genug, um die Wahrheit zu hören. Auch Frankreich hat sich mit Vervollkommnung seiner Seeartillerie be¬ schäftigt. Es hat nacheinander mehre Schulfregatten für seine Seeartilleristen ausgerüstet. Bei dem ersten Bruche würden wir es mit Feinden zu thun baben, die ganz anders geübt wären, als die des letzten Krieges. Unsere Leamcm-summer-s entwickeln, dies muß die Parole der englischen Manne sein, Grenzboten III. 1859. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/463>, abgerufen am 23.07.2024.