Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

waschende Kaluger dein Reisenden die Merkwürdigkeiten des Orts zeigt. Auf
^'r untersten Terrasse haben die Mönche einen kleinen Gemüsegarten angelegt,
u> dem drei oder vier Granatbaume stehen. Nicht weit davon umtlettert
e"le Rede die Thür einer Höhle in der Felswand. Neben der Kirche ragt eine
P"line empor. Alles andere ist Stein und abermals Stein. In der Pilger-
herberge bot man uns zum Willkommen Mastixbranntwein, Wasser und Feigen.
Später gab es ein Abendessen von Wassersuppe, Eierkuchen in Oel, gcsalznen
Oliven, schwarzem Brod und Käse. Wein fehlte, aber wir hatten noch eine
Flasche Marsala. und so war uns geholfen.

Von den Wundern des Klosters ist nicht viel zu berichten. Man zeigte uns
verschiedene halbdunkle Kirchen und Kapellen mit den wohlbekannten in Silber
Und Farbenglanz eingerahmten mumienbraunen nach der Schablone gemalten
Heiligengesichtern, in einer Nische einen Haufen Schädel, angeblich von dem Blut¬
bad herrührend, welches die Sarazenen im Jahre 812 unter den Mönchen ange¬
dichtet, einen Sarkophag mit den Gebeinen des Kirchenvaters Johannes Damas¬
kus und die Höhle, wo der heilige Saba, der Stern der Wüste, lange Jahre
">it einem Löwen gelebt. Man erzählte uns, daß in den Klüften und Grotten
"er Nachbarschaft in früheren Jahren mehr als zehntausend Anachoreten gewohnt,
U"d wollte von der Palme wissen, sie sei an 1300 Jahre alt, obwohl sie dem
^"schein nach schwerlich mehr als fünfzig zählt. Die Mönche sind großentheils
siechen, einige sind aus Nußland gekommen, dessen Kaiser das Kloster wiederholt
^ich beschenkten. Sie tragen sich wie in Griechenland: dunkelblaue Gewänder
^ud schwarze Popenmützen. Die meisten sahen blaß und mager aus, eine Folge
unaufhörlichen Fastens, und alle hatten den garstigen Knoblauchsgeruch
sich, dessen Dunstkreis ihnen den auf Erden noch mangelnden Heiligen¬
bein ersetzen zu sollen scheint.

Machten ihre Gespräche den Eindruck bigotter Einfalt und Beschränktheit,
^ that es der Spanier, den wir hier wieder begrüßten, ihnen darin voll¬
kommen gleich. Andächtig küßte er, sich bekreuzend, nach ihrem Vorgang die
hürpsvste der Höhle Sabas, die Schädel der erschlagenen Mönche und an-
^'e Heiligthümer, und mit großem Eiser vertheidigte er später, mit meine",
^egleiter disputirend, die unbefleckte Empfängnis; Mariens und ähnliche wun-
ersame Dogmen der römischen Kirche. Müdigkeit und gute Lebensart, welche
I^muann nach seiner Fa<wu selig werden läßt, hieß mich dazu schweigen.
^ er aber mit der Behauptung herausrückte, daß es eigentlich Maria sei,
"e uns erlöst, da sie ihren Sohn beredet habe, sich für uns kreuzigen zu
">sen. lMte ich doch Mühe, den Lachtcufel. der mich "i der Kehle kitzelte,
einer Demonstration abzuhalten. Das muß nicht ganz gelungen sein,
er Hidalgo warf dem Ketzer einen Blick zu. in dem etwas von dem Feuer
>"wende, welches einst in seiner Heimath die Autodafes anzündete, und die


waschende Kaluger dein Reisenden die Merkwürdigkeiten des Orts zeigt. Auf
^'r untersten Terrasse haben die Mönche einen kleinen Gemüsegarten angelegt,
u> dem drei oder vier Granatbaume stehen. Nicht weit davon umtlettert
e»le Rede die Thür einer Höhle in der Felswand. Neben der Kirche ragt eine
P"line empor. Alles andere ist Stein und abermals Stein. In der Pilger-
herberge bot man uns zum Willkommen Mastixbranntwein, Wasser und Feigen.
Später gab es ein Abendessen von Wassersuppe, Eierkuchen in Oel, gcsalznen
Oliven, schwarzem Brod und Käse. Wein fehlte, aber wir hatten noch eine
Flasche Marsala. und so war uns geholfen.

Von den Wundern des Klosters ist nicht viel zu berichten. Man zeigte uns
verschiedene halbdunkle Kirchen und Kapellen mit den wohlbekannten in Silber
Und Farbenglanz eingerahmten mumienbraunen nach der Schablone gemalten
Heiligengesichtern, in einer Nische einen Haufen Schädel, angeblich von dem Blut¬
bad herrührend, welches die Sarazenen im Jahre 812 unter den Mönchen ange¬
dichtet, einen Sarkophag mit den Gebeinen des Kirchenvaters Johannes Damas¬
kus und die Höhle, wo der heilige Saba, der Stern der Wüste, lange Jahre
">it einem Löwen gelebt. Man erzählte uns, daß in den Klüften und Grotten
"er Nachbarschaft in früheren Jahren mehr als zehntausend Anachoreten gewohnt,
U"d wollte von der Palme wissen, sie sei an 1300 Jahre alt, obwohl sie dem
^»schein nach schwerlich mehr als fünfzig zählt. Die Mönche sind großentheils
siechen, einige sind aus Nußland gekommen, dessen Kaiser das Kloster wiederholt
^ich beschenkten. Sie tragen sich wie in Griechenland: dunkelblaue Gewänder
^ud schwarze Popenmützen. Die meisten sahen blaß und mager aus, eine Folge
unaufhörlichen Fastens, und alle hatten den garstigen Knoblauchsgeruch
sich, dessen Dunstkreis ihnen den auf Erden noch mangelnden Heiligen¬
bein ersetzen zu sollen scheint.

Machten ihre Gespräche den Eindruck bigotter Einfalt und Beschränktheit,
^ that es der Spanier, den wir hier wieder begrüßten, ihnen darin voll¬
kommen gleich. Andächtig küßte er, sich bekreuzend, nach ihrem Vorgang die
hürpsvste der Höhle Sabas, die Schädel der erschlagenen Mönche und an-
^'e Heiligthümer, und mit großem Eiser vertheidigte er später, mit meine»,
^egleiter disputirend, die unbefleckte Empfängnis; Mariens und ähnliche wun-
ersame Dogmen der römischen Kirche. Müdigkeit und gute Lebensart, welche
I^muann nach seiner Fa<wu selig werden läßt, hieß mich dazu schweigen.
^ er aber mit der Behauptung herausrückte, daß es eigentlich Maria sei,
"e uns erlöst, da sie ihren Sohn beredet habe, sich für uns kreuzigen zu
">sen. lMte ich doch Mühe, den Lachtcufel. der mich »i der Kehle kitzelte,
einer Demonstration abzuhalten. Das muß nicht ganz gelungen sein,
er Hidalgo warf dem Ketzer einen Blick zu. in dem etwas von dem Feuer
>"wende, welches einst in seiner Heimath die Autodafes anzündete, und die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0451" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108037"/>
            <p xml:id="ID_1486" prev="#ID_1485"> waschende Kaluger dein Reisenden die Merkwürdigkeiten des Orts zeigt. Auf<lb/>
^'r untersten Terrasse haben die Mönche einen kleinen Gemüsegarten angelegt,<lb/>
u&gt; dem drei oder vier Granatbaume stehen. Nicht weit davon umtlettert<lb/>
e»le Rede die Thür einer Höhle in der Felswand. Neben der Kirche ragt eine<lb/>
P"line empor. Alles andere ist Stein und abermals Stein. In der Pilger-<lb/>
herberge bot man uns zum Willkommen Mastixbranntwein, Wasser und Feigen.<lb/>
Später gab es ein Abendessen von Wassersuppe, Eierkuchen in Oel, gcsalznen<lb/>
Oliven, schwarzem Brod und Käse. Wein fehlte, aber wir hatten noch eine<lb/>
Flasche Marsala. und so war uns geholfen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1487"> Von den Wundern des Klosters ist nicht viel zu berichten. Man zeigte uns<lb/>
verschiedene halbdunkle Kirchen und Kapellen mit den wohlbekannten in Silber<lb/>
Und Farbenglanz eingerahmten mumienbraunen nach der Schablone gemalten<lb/>
Heiligengesichtern, in einer Nische einen Haufen Schädel, angeblich von dem Blut¬<lb/>
bad herrührend, welches die Sarazenen im Jahre 812 unter den Mönchen ange¬<lb/>
dichtet, einen Sarkophag mit den Gebeinen des Kirchenvaters Johannes Damas¬<lb/>
kus und die Höhle, wo der heilige Saba, der Stern der Wüste, lange Jahre<lb/>
"&gt;it einem Löwen gelebt. Man erzählte uns, daß in den Klüften und Grotten<lb/>
"er Nachbarschaft in früheren Jahren mehr als zehntausend Anachoreten gewohnt,<lb/>
U"d wollte von der Palme wissen, sie sei an 1300 Jahre alt, obwohl sie dem<lb/>
^»schein nach schwerlich mehr als fünfzig zählt. Die Mönche sind großentheils<lb/>
siechen, einige sind aus Nußland gekommen, dessen Kaiser das Kloster wiederholt<lb/>
^ich beschenkten. Sie tragen sich wie in Griechenland: dunkelblaue Gewänder<lb/>
^ud schwarze Popenmützen. Die meisten sahen blaß und mager aus, eine Folge<lb/>
unaufhörlichen Fastens, und alle hatten den garstigen Knoblauchsgeruch<lb/>
sich, dessen Dunstkreis ihnen den auf Erden noch mangelnden Heiligen¬<lb/>
bein ersetzen zu sollen scheint.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1488" next="#ID_1489"> Machten ihre Gespräche den Eindruck bigotter Einfalt und Beschränktheit,<lb/>
^ that es der Spanier, den wir hier wieder begrüßten, ihnen darin voll¬<lb/>
kommen gleich.  Andächtig küßte er, sich bekreuzend, nach ihrem Vorgang die<lb/>
hürpsvste der Höhle Sabas, die Schädel der erschlagenen Mönche und an-<lb/>
^'e Heiligthümer, und mit großem Eiser vertheidigte er später, mit meine»,<lb/>
^egleiter disputirend, die unbefleckte Empfängnis; Mariens und ähnliche wun-<lb/>
ersame Dogmen der römischen Kirche. Müdigkeit und gute Lebensart, welche<lb/>
I^muann nach seiner Fa&lt;wu selig werden läßt, hieß mich dazu schweigen.<lb/>
^ er aber mit der Behauptung herausrückte, daß es eigentlich Maria sei,<lb/>
"e uns erlöst, da sie ihren Sohn beredet habe, sich für uns kreuzigen zu<lb/>
"&gt;sen. lMte ich doch Mühe, den Lachtcufel. der mich »i der Kehle kitzelte,<lb/>
einer Demonstration abzuhalten.  Das muß nicht ganz gelungen sein,<lb/>
er Hidalgo warf dem Ketzer einen Blick zu. in dem etwas von dem Feuer<lb/>
&gt;"wende, welches einst in seiner Heimath die Autodafes anzündete, und die</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0451] waschende Kaluger dein Reisenden die Merkwürdigkeiten des Orts zeigt. Auf ^'r untersten Terrasse haben die Mönche einen kleinen Gemüsegarten angelegt, u> dem drei oder vier Granatbaume stehen. Nicht weit davon umtlettert e»le Rede die Thür einer Höhle in der Felswand. Neben der Kirche ragt eine P"line empor. Alles andere ist Stein und abermals Stein. In der Pilger- herberge bot man uns zum Willkommen Mastixbranntwein, Wasser und Feigen. Später gab es ein Abendessen von Wassersuppe, Eierkuchen in Oel, gcsalznen Oliven, schwarzem Brod und Käse. Wein fehlte, aber wir hatten noch eine Flasche Marsala. und so war uns geholfen. Von den Wundern des Klosters ist nicht viel zu berichten. Man zeigte uns verschiedene halbdunkle Kirchen und Kapellen mit den wohlbekannten in Silber Und Farbenglanz eingerahmten mumienbraunen nach der Schablone gemalten Heiligengesichtern, in einer Nische einen Haufen Schädel, angeblich von dem Blut¬ bad herrührend, welches die Sarazenen im Jahre 812 unter den Mönchen ange¬ dichtet, einen Sarkophag mit den Gebeinen des Kirchenvaters Johannes Damas¬ kus und die Höhle, wo der heilige Saba, der Stern der Wüste, lange Jahre ">it einem Löwen gelebt. Man erzählte uns, daß in den Klüften und Grotten "er Nachbarschaft in früheren Jahren mehr als zehntausend Anachoreten gewohnt, U"d wollte von der Palme wissen, sie sei an 1300 Jahre alt, obwohl sie dem ^»schein nach schwerlich mehr als fünfzig zählt. Die Mönche sind großentheils siechen, einige sind aus Nußland gekommen, dessen Kaiser das Kloster wiederholt ^ich beschenkten. Sie tragen sich wie in Griechenland: dunkelblaue Gewänder ^ud schwarze Popenmützen. Die meisten sahen blaß und mager aus, eine Folge unaufhörlichen Fastens, und alle hatten den garstigen Knoblauchsgeruch sich, dessen Dunstkreis ihnen den auf Erden noch mangelnden Heiligen¬ bein ersetzen zu sollen scheint. Machten ihre Gespräche den Eindruck bigotter Einfalt und Beschränktheit, ^ that es der Spanier, den wir hier wieder begrüßten, ihnen darin voll¬ kommen gleich. Andächtig küßte er, sich bekreuzend, nach ihrem Vorgang die hürpsvste der Höhle Sabas, die Schädel der erschlagenen Mönche und an- ^'e Heiligthümer, und mit großem Eiser vertheidigte er später, mit meine», ^egleiter disputirend, die unbefleckte Empfängnis; Mariens und ähnliche wun- ersame Dogmen der römischen Kirche. Müdigkeit und gute Lebensart, welche I^muann nach seiner Fa<wu selig werden läßt, hieß mich dazu schweigen. ^ er aber mit der Behauptung herausrückte, daß es eigentlich Maria sei, "e uns erlöst, da sie ihren Sohn beredet habe, sich für uns kreuzigen zu ">sen. lMte ich doch Mühe, den Lachtcufel. der mich »i der Kehle kitzelte, einer Demonstration abzuhalten. Das muß nicht ganz gelungen sein, er Hidalgo warf dem Ketzer einen Blick zu. in dem etwas von dem Feuer >"wende, welches einst in seiner Heimath die Autodafes anzündete, und die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/451
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/451>, abgerufen am 23.07.2024.