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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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ihrem Herrn nachzuthu" suchte", haben gewiß Anfechtungen von ihnr zu leiden
gehabt.

Etwa vier Stunde" von Jerusalem wird der Weg felsig, man crtlunn"
einen weißschimmcrden Felsenpaß, neben dem die Ruinen eines Khans
Eastelis liegen. Ans der Höhe angelangt, blickt man links i" ein tiefes W"d>
hinab, an dessen schroffen Wänden in wagerechten Streifen rothlichgM>es
Gestein bandartig zu Tage tritt, und in dessen Grunde, vo" hohem SelM
und allerlei Buschwerk umgrünt, die kleinen Wasserfälle eines Baches rausche"'
Bor dem Reisenden erscheint die fahlgelbe breite Tiefebne des Ghor. durch'
schlängelt von dem Bach, dessen Lauf dunkles Gebüsch bezeichnet, bedeckt uut
dünnstehenden Strauchwerk. Die Reste einer Brücke oder Wasserlettung.
dicker Thurm und ein kleiner Hain von Feigenbäumen deuten Jericho, e">
grünlicher Streif von Baumschlag weiter im Osten den Jordan um. Rechts c>-
scheint am Fuß der Berge Moabs, der blaue Spiegel des Bachr Lud, des
todten Meeres. Drehen wir uns um, so starrt uns allenthalben ein düstu',
unwirthliche Gebirgswüste entgegen.

Der Weg in das Ghor hinab ist steil und steinicht. Man passirt den
Bach, der den stolzen Namen Am Es Sultan, Quelle des Sultans führt, u"o
von dem verschiedene Wasserleitungen abzweigen. An seinem Rande wächst
der dornige Nabtbaum und baumartiges Haidekraut. der Ascher, ein Strauch
mit blauer Kartosfelblüte, der angeschnitten einen weißen Saft wie Wolfsmilch
ausströmt, auch die Leimun Lud, die Limone Loth, ein Wüstengewüchs ">it
gelben bittern Beeren. Wo Bewässerung möglich war, sieht man Feiges
bäume, Beete mit Ricinus und Tabak, kleine Felder mit Gerste und Weizen-

Die Hitze ist. da die Thalsohle tief unter dem Spiegel des Mittelwegs
liegt und die Bergwände die Sonnenstrahlen fangen, außerordentlich g^v'
Sie war jetzt, wo der Scirocco, der seit mehren Tagen geweht, erst im Ab¬
zug war, kaum zu ertragen, und gern glaube ich, daß man hier tropische
Gewächse bauen könnte.

J ericho, jetzt Riesa, ist ein ärmliches Dorf von etwa zwanzig niedrigen,
mit Schilf gedeckten Steinhütten, voll Schmuz und üblem Geruch, zerlumpt
Volk und halbverhungerte Hunde. Einst stand hier eine blühende Handels¬
stadt, die Herodes mit prachtvollen Gebäuden schmückte, und von der Josephs
sagt, sie sei die reichste vonJudäa gewesen. Um sie herum grünte ein Palme"-
Wald, in desse" Schatten Balsamstauden wuchsen, deren Harz mit Gold auf¬
gewogen wurde. Atttonins wußte seine Geliebte Kleopatra nicht königliches
zu beschenken, als mit diesem Balsamgarten, den ihr Herodes dann mit cinco
Jahreszins von nicht weniger als 200 Talente" abpachtete. Später pflanz^
man hier Zuckerrohr und Indigo und zog daraus reichen Gewinn. Jei)l ^alles das fast spurlos verschwunden. Wo das stolze Hicrichunt sich erhob.


ihrem Herrn nachzuthu» suchte», haben gewiß Anfechtungen von ihnr zu leiden
gehabt.

Etwa vier Stunde» von Jerusalem wird der Weg felsig, man crtlunn»
einen weißschimmcrden Felsenpaß, neben dem die Ruinen eines Khans
Eastelis liegen. Ans der Höhe angelangt, blickt man links i» ein tiefes W"d>
hinab, an dessen schroffen Wänden in wagerechten Streifen rothlichgM>es
Gestein bandartig zu Tage tritt, und in dessen Grunde, vo» hohem SelM
und allerlei Buschwerk umgrünt, die kleinen Wasserfälle eines Baches rausche"'
Bor dem Reisenden erscheint die fahlgelbe breite Tiefebne des Ghor. durch'
schlängelt von dem Bach, dessen Lauf dunkles Gebüsch bezeichnet, bedeckt uut
dünnstehenden Strauchwerk. Die Reste einer Brücke oder Wasserlettung.
dicker Thurm und ein kleiner Hain von Feigenbäumen deuten Jericho, e»>
grünlicher Streif von Baumschlag weiter im Osten den Jordan um. Rechts c>-
scheint am Fuß der Berge Moabs, der blaue Spiegel des Bachr Lud, des
todten Meeres. Drehen wir uns um, so starrt uns allenthalben ein düstu',
unwirthliche Gebirgswüste entgegen.

Der Weg in das Ghor hinab ist steil und steinicht. Man passirt den
Bach, der den stolzen Namen Am Es Sultan, Quelle des Sultans führt, u»o
von dem verschiedene Wasserleitungen abzweigen. An seinem Rande wächst
der dornige Nabtbaum und baumartiges Haidekraut. der Ascher, ein Strauch
mit blauer Kartosfelblüte, der angeschnitten einen weißen Saft wie Wolfsmilch
ausströmt, auch die Leimun Lud, die Limone Loth, ein Wüstengewüchs »>it
gelben bittern Beeren. Wo Bewässerung möglich war, sieht man Feiges
bäume, Beete mit Ricinus und Tabak, kleine Felder mit Gerste und Weizen-

Die Hitze ist. da die Thalsohle tief unter dem Spiegel des Mittelwegs
liegt und die Bergwände die Sonnenstrahlen fangen, außerordentlich g^v'
Sie war jetzt, wo der Scirocco, der seit mehren Tagen geweht, erst im Ab¬
zug war, kaum zu ertragen, und gern glaube ich, daß man hier tropische
Gewächse bauen könnte.

J ericho, jetzt Riesa, ist ein ärmliches Dorf von etwa zwanzig niedrigen,
mit Schilf gedeckten Steinhütten, voll Schmuz und üblem Geruch, zerlumpt
Volk und halbverhungerte Hunde. Einst stand hier eine blühende Handels¬
stadt, die Herodes mit prachtvollen Gebäuden schmückte, und von der Josephs
sagt, sie sei die reichste vonJudäa gewesen. Um sie herum grünte ein Palme»-
Wald, in desse» Schatten Balsamstauden wuchsen, deren Harz mit Gold auf¬
gewogen wurde. Atttonins wußte seine Geliebte Kleopatra nicht königliches
zu beschenken, als mit diesem Balsamgarten, den ihr Herodes dann mit cinco
Jahreszins von nicht weniger als 200 Talente» abpachtete. Später pflanz^
man hier Zuckerrohr und Indigo und zog daraus reichen Gewinn. Jei)l ^alles das fast spurlos verschwunden. Wo das stolze Hicrichunt sich erhob.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/440>, abgerufen am 23.07.2024.