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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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""d Großhändlern bestehn. Also kein Künstler, Literat. Beamter, Advocat.
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fühlen oder gewählt werden! Die Stände, selbst aus solchen Wahlen ent¬
rungen, wollen die zweite Hälfte der Wähler aus den höchstbesteuerten Bür-
gebildet und indirecte Wahl -- es liegt nahe, weshalb man diese indirecte
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">nit würde nach der Ansicht der Regierung "nichts Geringeres als die Aus¬
übung des auf Stand. Amt und Beruf, verbunden mit directen Wahlen,
^ruhenden ständischen Princips bezweckt."

Die Lnndbezirke sollen durch die Ortsvorsteher und Ausschußvorsteher der
Landgemeinden jeden Bezirkes aus dessen Mitte wühlen; die Stände wünschen
äMnge Erweiterungen und "indirecte" Wahl, beides wird ebenso verworfen.

Warum nicht auch hier Rückkehr zur Verfassung von 1831, die das all¬
gemeine Wahlrecht mit den Interessen des befestigten Besitzes nicht unglücklich
Urkunden hatte (tzK. 64 bis 66 der Verfassung. 11. 14, 45, 50, 52 des
Wahlgesetzes)? Der Ausschußbericht befürwortet im Wesentlichen die Regie-
^"gsvorschläge. die Zusammensetzung der Wahlkörper, weil sie "mit Grund
dem ständischen Princip mehr entsprechend bezeichnet" werde, die directe
^"U)l aus einem nur theilweise zutreffenden Grund, ohne auf die Frage, was
e" Vorzug directer oder indirecter Wahlen betreffe, näher einzugehen. Was
^ in Werten "ständisches Princip" mehr enthalten als ein leeres. Po¬
rsches Parteischlagwort? Wie viel Stände und welche zählt der kurhessische.
^av.t. und bilden etwa die Gelehrten keinen Stand?

Aber an einer anderen Stelle erkennt die kurhessische Negierung gradezu
"uff überraschendste selbst die Unzweckmäßigkeit des Zweikammersystems und
^er eigenen Bildungen für Kurhessen an. indem sie sagt, es entspringe dar¬
aus die Gefahr, daß "gebieterische Forderungen des allgemeinen Landeswoh-
^ mit Beharrlichkeit von der prüdominirenden Majorität einer Kammer
>dren Sonderinteressen nachgesetzt" werden, eine Neuwahl für die erste Kam¬
mer kein neues Resultat gewähren würde (freilich unangenehm!), "die Bildung
uner ersten Kammer überhaupt in den deutschen Mittelstaaten nicht ohne
Schwierigkeiten sein" möchte. Welch schnell gemachte Erfahrung! Wie wenig
'""Ü die "Nittercurie" der Regierung gefallen haben! Es muß schwer sein.
Mischen dem Einkammersystem und dem Zweikammersystem zu wählen, da
^ sich am leichtesten regiert, wenn man -- keins von beiden hat! Aber
"uel) die zweite Kammer erfreut sich nicht ganz des Beifalls der Negierung.
" "vorzugsweise" (gegen andere Lander, wie Sachsen. Würtemberg u. s. w.)
"'hre (die hessische) Landesvertretung auf die Interessenverschiedenheit
"tut ist und das charakteristische -- (sollte das ein Schreibfehler für
"charaktervolle" sein?) -- Festhalten ihrer Bevölkerung an wahren oder ver-


Grenzboten III. 1859. 52

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fühlen oder gewählt werden! Die Stände, selbst aus solchen Wahlen ent¬
rungen, wollen die zweite Hälfte der Wähler aus den höchstbesteuerten Bür-
gebildet und indirecte Wahl — es liegt nahe, weshalb man diese indirecte
""si will, unter welcher eine geheime zu verstehen ist. — bestimmt wissen. Aber
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übung des auf Stand. Amt und Beruf, verbunden mit directen Wahlen,
^ruhenden ständischen Princips bezweckt."

Die Lnndbezirke sollen durch die Ortsvorsteher und Ausschußvorsteher der
Landgemeinden jeden Bezirkes aus dessen Mitte wühlen; die Stände wünschen
äMnge Erweiterungen und „indirecte" Wahl, beides wird ebenso verworfen.

Warum nicht auch hier Rückkehr zur Verfassung von 1831, die das all¬
gemeine Wahlrecht mit den Interessen des befestigten Besitzes nicht unglücklich
Urkunden hatte (tzK. 64 bis 66 der Verfassung. 11. 14, 45, 50, 52 des
Wahlgesetzes)? Der Ausschußbericht befürwortet im Wesentlichen die Regie-
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dem ständischen Princip mehr entsprechend bezeichnet" werde, die directe
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e» Vorzug directer oder indirecter Wahlen betreffe, näher einzugehen. Was
^ in Werten „ständisches Princip" mehr enthalten als ein leeres. Po¬
rsches Parteischlagwort? Wie viel Stände und welche zählt der kurhessische.
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Aber an einer anderen Stelle erkennt die kurhessische Negierung gradezu
"uff überraschendste selbst die Unzweckmäßigkeit des Zweikammersystems und
^er eigenen Bildungen für Kurhessen an. indem sie sagt, es entspringe dar¬
aus die Gefahr, daß „gebieterische Forderungen des allgemeinen Landeswoh-
^ mit Beharrlichkeit von der prüdominirenden Majorität einer Kammer
>dren Sonderinteressen nachgesetzt" werden, eine Neuwahl für die erste Kam¬
mer kein neues Resultat gewähren würde (freilich unangenehm!), „die Bildung
uner ersten Kammer überhaupt in den deutschen Mittelstaaten nicht ohne
Schwierigkeiten sein" möchte. Welch schnell gemachte Erfahrung! Wie wenig
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Mischen dem Einkammersystem und dem Zweikammersystem zu wählen, da
^ sich am leichtesten regiert, wenn man — keins von beiden hat! Aber
"uel) die zweite Kammer erfreut sich nicht ganz des Beifalls der Negierung.
" »vorzugsweise" (gegen andere Lander, wie Sachsen. Würtemberg u. s. w.)
"'hre (die hessische) Landesvertretung auf die Interessenverschiedenheit
"tut ist und das charakteristische — (sollte das ein Schreibfehler für
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/423>, abgerufen am 23.07.2024.