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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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^'^den und Divisionen übertragen werden soll, nimmt er diesen trotz der
^nee des Reglements, welches daran sicher nichts verschuldet, die nöthige
Lebendigkeit und Kraft. Weil die Ordnung und zwar eine pedantische Ord¬
nung in jeder der taktischen Einheiten streng aufrecht erhalten werden soll,
wacht die Bewegung der preußischen Brigade mehr den Eindruck der Bewegung
e>ner Maschine, während bei den Franzosen, wo man im Einzelnen fünf
gerade sein läßt, der Eindruck der Bewegung eines lebenden Wesens hervor-
"ne. Dieser Vergleich dringt sich unwillkürlich aus, und es fehlt ihm nicht
einem merklichen Grad von Wahrheit.

Das preußische Jnfanterieexercirreglement, die Erbschaft einer großen
Zeit, der Neformzeit, und eines großen Mannes, Scharnhorsts, ist noch heute
das beste in Europa. Es zeichnet sich vor allen Dingen durch seine große
Einfachheit aus, in der kein anderes ihm gleichkommt, dann dadurch, daß
^an sich bemüht hat, mit wenigen Mitteln sämmtliche Evolutionen ausführen
§u lassen, so daß stets dieselben Elemente wie in der Gliederung, so im
Kommando und in der Evolution sich wiederholen. Die neuesten Entwick¬
ungen des Reglements beziehen sich vorzugsweise auf die Compagniecolonnen.
/iuch die darüber gegebenen Vorschriften sind einfach und praktisch. Was
gegen die preußischen Compagniecolonnen einzuwenden ist, das liegt nicht im
iea.keine.ut, sondern in der zu häufigen und oft ungerechtfertigten Anwendung
'eher Formation. Wenn das preußische Reglement in dem Sinn befolgt
"ird, in welchem es abgefaßt ist. so muß es zu den besten Resultaten führen,
^er es kann das nicht mehr, wenn man es in der Anwendung verkünstelt,
^as französische JnfantcrieeLercirreglement läßt bekanntlich bis aus den heu¬
len Tag vieles zu, wünschen übrig, aber die Franzosen sehen sich, sobald sie
'"6 Feld gehen, die Umstände an. richten sich augenblicklich danach und wer-
" nun allen unnützen Kram mit bewundernswerther Leichtigkeit bei Seite,
Ehrenb sie vielleicht dafür zu neuen Mitteln greifen, von denen sie normaler-
^ise eigentlich gar nichts wissen. Wir sind im Besitz eines höchst inter-
"lauten Actenstückes aus allerneuester Zeit, welches einen neuen Beweis dafür
'efert. Es jhe eine Instruction des Kaisers Napoleon des Dritten, welche er
^ die Armee herausgab, bevor er die Operation auf Novara eröffnete. Da
^ nicht wahrscheinlich ist, daß diese Instruction in Deutschland bekannt sei,
wirklich ein hohes Interesse gewährt und außerdem ziemlich kurz ist.
es nur erlaubt sein, sie in möglichst wortgetreuer Uebersetzung hierher¬
setzen-.

"Die Eigenthümlichkeit des Terrains, auf welchem die Armee in Thätig-
^ treten wird," sagt Napoleon zu seinen Generalen, "veranlaßt mich. Sie
einige Grundregeln zu erinnern, die wir bei unsern Operationen zu be-
^" haben, und die zur Kenntniß aller gebracht werden müssen. -- Die


^'^den und Divisionen übertragen werden soll, nimmt er diesen trotz der
^nee des Reglements, welches daran sicher nichts verschuldet, die nöthige
Lebendigkeit und Kraft. Weil die Ordnung und zwar eine pedantische Ord¬
nung in jeder der taktischen Einheiten streng aufrecht erhalten werden soll,
wacht die Bewegung der preußischen Brigade mehr den Eindruck der Bewegung
e>ner Maschine, während bei den Franzosen, wo man im Einzelnen fünf
gerade sein läßt, der Eindruck der Bewegung eines lebenden Wesens hervor-
"ne. Dieser Vergleich dringt sich unwillkürlich aus, und es fehlt ihm nicht
einem merklichen Grad von Wahrheit.

Das preußische Jnfanterieexercirreglement, die Erbschaft einer großen
Zeit, der Neformzeit, und eines großen Mannes, Scharnhorsts, ist noch heute
das beste in Europa. Es zeichnet sich vor allen Dingen durch seine große
Einfachheit aus, in der kein anderes ihm gleichkommt, dann dadurch, daß
^an sich bemüht hat, mit wenigen Mitteln sämmtliche Evolutionen ausführen
§u lassen, so daß stets dieselben Elemente wie in der Gliederung, so im
Kommando und in der Evolution sich wiederholen. Die neuesten Entwick¬
ungen des Reglements beziehen sich vorzugsweise auf die Compagniecolonnen.
/iuch die darüber gegebenen Vorschriften sind einfach und praktisch. Was
gegen die preußischen Compagniecolonnen einzuwenden ist, das liegt nicht im
iea.keine.ut, sondern in der zu häufigen und oft ungerechtfertigten Anwendung
'eher Formation. Wenn das preußische Reglement in dem Sinn befolgt
"ird, in welchem es abgefaßt ist. so muß es zu den besten Resultaten führen,
^er es kann das nicht mehr, wenn man es in der Anwendung verkünstelt,
^as französische JnfantcrieeLercirreglement läßt bekanntlich bis aus den heu¬
len Tag vieles zu, wünschen übrig, aber die Franzosen sehen sich, sobald sie
'"6 Feld gehen, die Umstände an. richten sich augenblicklich danach und wer-
" nun allen unnützen Kram mit bewundernswerther Leichtigkeit bei Seite,
Ehrenb sie vielleicht dafür zu neuen Mitteln greifen, von denen sie normaler-
^ise eigentlich gar nichts wissen. Wir sind im Besitz eines höchst inter-
"lauten Actenstückes aus allerneuester Zeit, welches einen neuen Beweis dafür
'efert. Es jhe eine Instruction des Kaisers Napoleon des Dritten, welche er
^ die Armee herausgab, bevor er die Operation auf Novara eröffnete. Da
^ nicht wahrscheinlich ist, daß diese Instruction in Deutschland bekannt sei,
wirklich ein hohes Interesse gewährt und außerdem ziemlich kurz ist.
es nur erlaubt sein, sie in möglichst wortgetreuer Uebersetzung hierher¬
setzen-.

„Die Eigenthümlichkeit des Terrains, auf welchem die Armee in Thätig-
^ treten wird," sagt Napoleon zu seinen Generalen, „veranlaßt mich. Sie
einige Grundregeln zu erinnern, die wir bei unsern Operationen zu be-
^" haben, und die zur Kenntniß aller gebracht werden müssen. — Die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/395>, abgerufen am 28.12.2024.