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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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mit ihrem Springbrunnen und des Gartens selbst mit seinen Blumenbeeten,
seinen Granatenbüschcn. Cypressen und Orangenbäumen vor der Seele.
frischen Farben erscheint Kadurah. der braune schnurrbärtige Kawasch,
der Glasurne des Nargileh, aus dessen Schlangenrohr wir den duftigen Rauch
persischen Tabaks trinken,*) mit Findjan und Ssarf, darin der braune Trau
Arabiens. Lebhafter als alles aber bewahre ich das Bild des Herrn dies"
anmuthigen Häuslichkeit und der Stunden, in denen es mir gegönnt war,
von ihm Belehrung zu holen oder mit ihm Gedanken über Gegenwart und
Zukunft auszutauschen. Möge der dankbare Gruß, den ich dem treffliclM
Mann und seiner Gemahlin in diesem Blatt über Gebirg und Meer zuruft'
auch ihm eine freundliche Erinnerung wecken.

Consul Rosen war früher preußischer Dragoman in Konstantinopel.
spricht türkisch mit allen Feinheiten dieses Idioms und ebenso arabisch- ^
Übertragung des türkischen Märchenbuchs "Tutti Rauch", von ihm vor zwe
Jahren herausgegeben, zeugte von Geschmack (die gleichzeitig erschienene Wickel'
hausersche war eine durch wiener Witze verunstaltete Umschreibung des On-
ginals) und ungewöhnlicher Gewandtheit in der Behandlung auch der denk'
schen Sprache. Jetzt arbeitet er in Mußestunden an der Uebersetzung ein
ähnlichen orientalischen Werkes. Als Consul nimmt er die Interessen der vo"
ihm vertretenen Macht fleißig wahr und vermehrt mit Umsicht den preußisch^
Besitz, der jetzt bereits sehr ansehnlich ist. Das Consulatsgebäude kost^'
350,000 Piaster. Diakonissenhaus, Hospiz und Predigerwohnung kamen zus"'"'
men auf 450,000 zu stehen. Bei dem raschen Steigen des Werthes ^
Grundstücke in Jerusalem repräsentiren diese Besitzthümer, von denen CinI"'
lat. Hospiz und Predigerwohnung aneinandergrenzen, jetzt etwa das Dreist)
ihre Ankaufspreises, also ungefähr dritthalb Millionen Piaster, oder in unser"'
Gelde 140.000 Thaler. Lärm ist bei diesem Erwerb nicht geschlagen worde"-
wie bei dem östreichischen Pilgerhaus, bei dessen Erbauung nicht blos die ^>
ficht, den Franzosen Schach zu bieten, sondern sicher auch das Streben, de
preußischen Hospiz Concurrenz zu machen, leitender Gedanke war. Das o>
reichische Haus ist bei Weitem geräumiger und schöner, als das preußische.
weben aber um dieses keine von den oben angedeuteten Schatten, die. wog ^
sie nun Realität haben oder nicht, immerhin Schatten bleiben, Schatten. ^
wenigstens auf die Möglichkeit schließen lassen, daß der Eine oder der And"
sich die Hände nicht rein gehalten habe.

Auffallend ist der Unterschied zwischen dem Verhalten, welches bei den ^
gangen in Radius der englische, und dem. welches der preußische Consul '
obachtete. Bekanntlich brach hier im Jahre 1856 infolge der Unvorsichtig^
eines Missionärs, durch die ein Mohammedaner getödtet wurde, ein Ausser"



") Das arabische Wort "schcrib" bedeutet sowol trinken als rauchen.

mit ihrem Springbrunnen und des Gartens selbst mit seinen Blumenbeeten,
seinen Granatenbüschcn. Cypressen und Orangenbäumen vor der Seele.
frischen Farben erscheint Kadurah. der braune schnurrbärtige Kawasch,
der Glasurne des Nargileh, aus dessen Schlangenrohr wir den duftigen Rauch
persischen Tabaks trinken,*) mit Findjan und Ssarf, darin der braune Trau
Arabiens. Lebhafter als alles aber bewahre ich das Bild des Herrn dies"
anmuthigen Häuslichkeit und der Stunden, in denen es mir gegönnt war,
von ihm Belehrung zu holen oder mit ihm Gedanken über Gegenwart und
Zukunft auszutauschen. Möge der dankbare Gruß, den ich dem treffliclM
Mann und seiner Gemahlin in diesem Blatt über Gebirg und Meer zuruft'
auch ihm eine freundliche Erinnerung wecken.

Consul Rosen war früher preußischer Dragoman in Konstantinopel.
spricht türkisch mit allen Feinheiten dieses Idioms und ebenso arabisch- ^
Übertragung des türkischen Märchenbuchs „Tutti Rauch", von ihm vor zwe
Jahren herausgegeben, zeugte von Geschmack (die gleichzeitig erschienene Wickel'
hausersche war eine durch wiener Witze verunstaltete Umschreibung des On-
ginals) und ungewöhnlicher Gewandtheit in der Behandlung auch der denk'
schen Sprache. Jetzt arbeitet er in Mußestunden an der Uebersetzung ein
ähnlichen orientalischen Werkes. Als Consul nimmt er die Interessen der vo»
ihm vertretenen Macht fleißig wahr und vermehrt mit Umsicht den preußisch^
Besitz, der jetzt bereits sehr ansehnlich ist. Das Consulatsgebäude kost^'
350,000 Piaster. Diakonissenhaus, Hospiz und Predigerwohnung kamen zus"'"'
men auf 450,000 zu stehen. Bei dem raschen Steigen des Werthes ^
Grundstücke in Jerusalem repräsentiren diese Besitzthümer, von denen CinI»'
lat. Hospiz und Predigerwohnung aneinandergrenzen, jetzt etwa das Dreist)
ihre Ankaufspreises, also ungefähr dritthalb Millionen Piaster, oder in unser»'
Gelde 140.000 Thaler. Lärm ist bei diesem Erwerb nicht geschlagen worde"-
wie bei dem östreichischen Pilgerhaus, bei dessen Erbauung nicht blos die ^>
ficht, den Franzosen Schach zu bieten, sondern sicher auch das Streben, de
preußischen Hospiz Concurrenz zu machen, leitender Gedanke war. Das o>
reichische Haus ist bei Weitem geräumiger und schöner, als das preußische.
weben aber um dieses keine von den oben angedeuteten Schatten, die. wog ^
sie nun Realität haben oder nicht, immerhin Schatten bleiben, Schatten. ^
wenigstens auf die Möglichkeit schließen lassen, daß der Eine oder der And"
sich die Hände nicht rein gehalten habe.

Auffallend ist der Unterschied zwischen dem Verhalten, welches bei den ^
gangen in Radius der englische, und dem. welches der preußische Consul '
obachtete. Bekanntlich brach hier im Jahre 1856 infolge der Unvorsichtig^
eines Missionärs, durch die ein Mohammedaner getödtet wurde, ein Ausser»



") Das arabische Wort „schcrib" bedeutet sowol trinken als rauchen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/390>, abgerufen am 23.07.2024.