Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

"eh guten Stiefel und einen erträglichen Rock gemacht bekommen. Alles was
§Um Luxus gehört, muß von auswärts verschrieben werden und ist infolge
°sha in der Regel noch einmal so theuer als in Deutschland. Indeß dürste
as mit der Zeit sich anders gestalten, da das Bestreben des obengenannten
Kaufmanns Löwenthal, die Jerusalemer mit den Bedürfnissen der Cultur zu
^'sehen, einesteils sich aus andere Branchen als die nothwendigsten aus-
ehnen, anderntheils nicht ohne Concurrenz bleiben wird.

Daß Jerusalem ein gesunder Aufenthaltsort sei, wird man schon aus
>einer hohen Lage schließen. Die Hitze ist im Sommer ziemlich stark, aber
wegen der reinen Luft nicht eben sehr drückend. Bemittelte, denen es in der
^abd zu heiß wird, halten unter Zelten in Thälern, welche dem Winde
"sser sind, eine Art Sommerfrische. Landhäuser anzulegen ist der Beduinen
wegen nicht gerathen. Von Krankheiten kommen vorzüglich Wechselfieber, die
^°lge der Cisternen, welche sich in jedem Hof befinden, Augenentzündungen,
^Uenterien, Masern und eine Halskrankheit vor. welche in Anschwellung
°er Mandeln besteht und bisweilen tödtlich wird. Aerztliche Hilfe ist zur
Genüge vorhanden. Die Herren sind zwar mit Ausnahme des Judendoctors
^ugländer. und diese geben der Apotheke ost mehr zuverdienen, als die neue
Zutsche Schule gutheißen würde, aber man hat Ursache, Gott zu danken,
aß man sie hat und nicht an Italiener verwiesen ist, die im Wesentlichen
Blutigeln und der Lanzette curiren.

Wohnungen sind sehr theuer, und ebenso sind in den letzten zehn Jahren
^e Preise der Lebensmittel gestiegen. Ein geheizter Ofen -- im Winter eine
wohlthat und darum jetzt nicht selten unter den Franken -- ist gleichfalls ein
Gegenstand, der nicht unbeträchtliche Ausgaben erfordert. Man brennt Knick-
)°lz und Gestrüpp, welches aus der Gegend von Hebron kommt und bündel¬
weise verkauft wird.

Die Auswahl von Speisen ist sehr beschränkt, und so hat das Genie
^ Hausfrauen, aus Einerlei Mancherlei zu machen, weiten Spielraum,
^"dfleisch ist selten und niemals gut zu haben, Kalbfleisch gar nicht. Das
^ehas liefert wie in der ganzen Levante auch hier das Hauptgericht für die
"sei. Außerdem kommen bei Wohlhabenden Hühner, Kalekuter, Rebhühner
""d wilde Tauben, im Winter Fische, bisweilen auch Hasen und Gazellen
"uf den Tisch. Amerika schickt Schinken, die Lombardei Salami. Kuhmilch
^schwer zu bekommen, man hat sich daher mit Ziegenmilch zu begnügen.
-Nit der Butter muß in den letzten Jahren eine erfreuliche Veränderung vor¬
sangen sein; während andere Reisende darüber klagen, habe ich im Hospiz
"Ur sehr wohlschmeckende gefunden. Trockne Gemüse werden eingeführt, na¬
mentlich Reis, der in der Form von Pillaw auch von den Franken häusig
^Rossen wird. Die achtbare Familie der grünen Gemüse ist nur durch die


boten III. 1859. 47

"eh guten Stiefel und einen erträglichen Rock gemacht bekommen. Alles was
§Um Luxus gehört, muß von auswärts verschrieben werden und ist infolge
°sha in der Regel noch einmal so theuer als in Deutschland. Indeß dürste
as mit der Zeit sich anders gestalten, da das Bestreben des obengenannten
Kaufmanns Löwenthal, die Jerusalemer mit den Bedürfnissen der Cultur zu
^'sehen, einesteils sich aus andere Branchen als die nothwendigsten aus-
ehnen, anderntheils nicht ohne Concurrenz bleiben wird.

Daß Jerusalem ein gesunder Aufenthaltsort sei, wird man schon aus
>einer hohen Lage schließen. Die Hitze ist im Sommer ziemlich stark, aber
wegen der reinen Luft nicht eben sehr drückend. Bemittelte, denen es in der
^abd zu heiß wird, halten unter Zelten in Thälern, welche dem Winde
"sser sind, eine Art Sommerfrische. Landhäuser anzulegen ist der Beduinen
wegen nicht gerathen. Von Krankheiten kommen vorzüglich Wechselfieber, die
^°lge der Cisternen, welche sich in jedem Hof befinden, Augenentzündungen,
^Uenterien, Masern und eine Halskrankheit vor. welche in Anschwellung
°er Mandeln besteht und bisweilen tödtlich wird. Aerztliche Hilfe ist zur
Genüge vorhanden. Die Herren sind zwar mit Ausnahme des Judendoctors
^ugländer. und diese geben der Apotheke ost mehr zuverdienen, als die neue
Zutsche Schule gutheißen würde, aber man hat Ursache, Gott zu danken,
aß man sie hat und nicht an Italiener verwiesen ist, die im Wesentlichen
Blutigeln und der Lanzette curiren.

Wohnungen sind sehr theuer, und ebenso sind in den letzten zehn Jahren
^e Preise der Lebensmittel gestiegen. Ein geheizter Ofen — im Winter eine
wohlthat und darum jetzt nicht selten unter den Franken — ist gleichfalls ein
Gegenstand, der nicht unbeträchtliche Ausgaben erfordert. Man brennt Knick-
)°lz und Gestrüpp, welches aus der Gegend von Hebron kommt und bündel¬
weise verkauft wird.

Die Auswahl von Speisen ist sehr beschränkt, und so hat das Genie
^ Hausfrauen, aus Einerlei Mancherlei zu machen, weiten Spielraum,
^"dfleisch ist selten und niemals gut zu haben, Kalbfleisch gar nicht. Das
^ehas liefert wie in der ganzen Levante auch hier das Hauptgericht für die
"sei. Außerdem kommen bei Wohlhabenden Hühner, Kalekuter, Rebhühner
""d wilde Tauben, im Winter Fische, bisweilen auch Hasen und Gazellen
"uf den Tisch. Amerika schickt Schinken, die Lombardei Salami. Kuhmilch
^schwer zu bekommen, man hat sich daher mit Ziegenmilch zu begnügen.
-Nit der Butter muß in den letzten Jahren eine erfreuliche Veränderung vor¬
sangen sein; während andere Reisende darüber klagen, habe ich im Hospiz
"Ur sehr wohlschmeckende gefunden. Trockne Gemüse werden eingeführt, na¬
mentlich Reis, der in der Form von Pillaw auch von den Franken häusig
^Rossen wird. Die achtbare Familie der grünen Gemüse ist nur durch die


boten III. 1859. 47
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0383" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107969"/>
            <p xml:id="ID_1254" prev="#ID_1253"> "eh guten Stiefel und einen erträglichen Rock gemacht bekommen.  Alles was<lb/>
§Um Luxus gehört, muß von auswärts verschrieben werden und ist infolge<lb/>
°sha in der Regel noch einmal so theuer als in Deutschland. Indeß dürste<lb/>
as mit der Zeit sich anders gestalten, da das Bestreben des obengenannten<lb/>
Kaufmanns Löwenthal, die Jerusalemer mit den Bedürfnissen der Cultur zu<lb/>
^'sehen, einesteils sich aus andere Branchen als die nothwendigsten aus-<lb/>
ehnen, anderntheils nicht ohne Concurrenz bleiben wird.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1255"> Daß Jerusalem ein gesunder Aufenthaltsort sei, wird man schon aus<lb/>
&gt;einer hohen Lage schließen.  Die Hitze ist im Sommer ziemlich stark, aber<lb/>
wegen der reinen Luft nicht eben sehr drückend.  Bemittelte, denen es in der<lb/>
^abd zu heiß wird, halten unter Zelten in Thälern, welche dem Winde<lb/>
"sser sind, eine Art Sommerfrische.  Landhäuser anzulegen ist der Beduinen<lb/>
wegen nicht gerathen.  Von Krankheiten kommen vorzüglich Wechselfieber, die<lb/>
^°lge der Cisternen, welche sich in jedem Hof befinden, Augenentzündungen,<lb/>
^Uenterien, Masern und eine Halskrankheit vor. welche in Anschwellung<lb/>
°er Mandeln besteht und bisweilen tödtlich wird.  Aerztliche Hilfe ist zur<lb/>
Genüge vorhanden.  Die Herren sind zwar mit Ausnahme des Judendoctors<lb/>
^ugländer. und diese geben der Apotheke ost mehr zuverdienen, als die neue<lb/>
Zutsche Schule gutheißen würde, aber man hat Ursache, Gott zu danken,<lb/>
aß man sie hat und nicht an Italiener verwiesen ist, die im Wesentlichen<lb/>
Blutigeln und der Lanzette curiren.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1256"> Wohnungen sind sehr theuer, und ebenso sind in den letzten zehn Jahren<lb/>
^e Preise der Lebensmittel gestiegen. Ein geheizter Ofen &#x2014; im Winter eine<lb/>
wohlthat und darum jetzt nicht selten unter den Franken &#x2014; ist gleichfalls ein<lb/>
Gegenstand, der nicht unbeträchtliche Ausgaben erfordert. Man brennt Knick-<lb/>
)°lz und Gestrüpp, welches aus der Gegend von Hebron kommt und bündel¬<lb/>
weise verkauft wird.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1257" next="#ID_1258"> Die Auswahl von Speisen ist sehr beschränkt, und so hat das Genie<lb/>
^ Hausfrauen, aus Einerlei Mancherlei zu machen, weiten Spielraum,<lb/>
^"dfleisch ist selten und niemals gut zu haben, Kalbfleisch gar nicht. Das<lb/>
^ehas liefert wie in der ganzen Levante auch hier das Hauptgericht für die<lb/>
"sei. Außerdem kommen bei Wohlhabenden Hühner, Kalekuter, Rebhühner<lb/>
""d wilde Tauben, im Winter Fische, bisweilen auch Hasen und Gazellen<lb/>
"uf den Tisch. Amerika schickt Schinken, die Lombardei Salami. Kuhmilch<lb/>
^schwer zu bekommen, man hat sich daher mit Ziegenmilch zu begnügen.<lb/>
-Nit der Butter muß in den letzten Jahren eine erfreuliche Veränderung vor¬<lb/>
sangen sein; während andere Reisende darüber klagen, habe ich im Hospiz<lb/>
"Ur sehr wohlschmeckende gefunden. Trockne Gemüse werden eingeführt, na¬<lb/>
mentlich Reis, der in der Form von Pillaw auch von den Franken häusig<lb/>
^Rossen wird.  Die achtbare Familie der grünen Gemüse ist nur durch die</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> boten III. 1859. 47</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0383] "eh guten Stiefel und einen erträglichen Rock gemacht bekommen. Alles was §Um Luxus gehört, muß von auswärts verschrieben werden und ist infolge °sha in der Regel noch einmal so theuer als in Deutschland. Indeß dürste as mit der Zeit sich anders gestalten, da das Bestreben des obengenannten Kaufmanns Löwenthal, die Jerusalemer mit den Bedürfnissen der Cultur zu ^'sehen, einesteils sich aus andere Branchen als die nothwendigsten aus- ehnen, anderntheils nicht ohne Concurrenz bleiben wird. Daß Jerusalem ein gesunder Aufenthaltsort sei, wird man schon aus >einer hohen Lage schließen. Die Hitze ist im Sommer ziemlich stark, aber wegen der reinen Luft nicht eben sehr drückend. Bemittelte, denen es in der ^abd zu heiß wird, halten unter Zelten in Thälern, welche dem Winde "sser sind, eine Art Sommerfrische. Landhäuser anzulegen ist der Beduinen wegen nicht gerathen. Von Krankheiten kommen vorzüglich Wechselfieber, die ^°lge der Cisternen, welche sich in jedem Hof befinden, Augenentzündungen, ^Uenterien, Masern und eine Halskrankheit vor. welche in Anschwellung °er Mandeln besteht und bisweilen tödtlich wird. Aerztliche Hilfe ist zur Genüge vorhanden. Die Herren sind zwar mit Ausnahme des Judendoctors ^ugländer. und diese geben der Apotheke ost mehr zuverdienen, als die neue Zutsche Schule gutheißen würde, aber man hat Ursache, Gott zu danken, aß man sie hat und nicht an Italiener verwiesen ist, die im Wesentlichen Blutigeln und der Lanzette curiren. Wohnungen sind sehr theuer, und ebenso sind in den letzten zehn Jahren ^e Preise der Lebensmittel gestiegen. Ein geheizter Ofen — im Winter eine wohlthat und darum jetzt nicht selten unter den Franken — ist gleichfalls ein Gegenstand, der nicht unbeträchtliche Ausgaben erfordert. Man brennt Knick- )°lz und Gestrüpp, welches aus der Gegend von Hebron kommt und bündel¬ weise verkauft wird. Die Auswahl von Speisen ist sehr beschränkt, und so hat das Genie ^ Hausfrauen, aus Einerlei Mancherlei zu machen, weiten Spielraum, ^"dfleisch ist selten und niemals gut zu haben, Kalbfleisch gar nicht. Das ^ehas liefert wie in der ganzen Levante auch hier das Hauptgericht für die "sei. Außerdem kommen bei Wohlhabenden Hühner, Kalekuter, Rebhühner ""d wilde Tauben, im Winter Fische, bisweilen auch Hasen und Gazellen "uf den Tisch. Amerika schickt Schinken, die Lombardei Salami. Kuhmilch ^schwer zu bekommen, man hat sich daher mit Ziegenmilch zu begnügen. -Nit der Butter muß in den letzten Jahren eine erfreuliche Veränderung vor¬ sangen sein; während andere Reisende darüber klagen, habe ich im Hospiz "Ur sehr wohlschmeckende gefunden. Trockne Gemüse werden eingeführt, na¬ mentlich Reis, der in der Form von Pillaw auch von den Franken häusig ^Rossen wird. Die achtbare Familie der grünen Gemüse ist nur durch die boten III. 1859. 47

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/383
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/383>, abgerufen am 23.07.2024.