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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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fischen Mitteln erhalten und erweitert werden -- Frankreich zahlte als Staat
von der ersten Revolution an bis ans Ludwig Philipp gar nichts und gibt
auch jetzt nur jährlich ein Nenjahrsgeschenk von 2000 Franken, während Oest¬
reich mehr als das Zwanzigfache dieser Summe sendete -- so war es doch bis
1849 bei der Unaufmerksamkeit und dem Ungeschick der Vertreter der wiener
Negierung in Syrien Gebrauch, wenn eine neue katholische Anstalt errichtet
wurde, es so auffassen zu lassen, als ob sie von Frankreich gegründet würde.
Man betete bei allen großen kirchlichen Functionen, beim Pontificale u. s> ^'
nur für den französischen Herrscher als Protector des heiligen Grabes. obiM"
nach den Verträgen kein solches Separatprotectorat Frankreichs besteht, d>e
Auffassung der Stellung dieser Macht zu den heiligen Orten als einer Schuh'
macht nur auf dem Usus beruht. Oestreich verlangte nun Gleichstellung aller
katholischen Mächte, der Patriarch weigerte sich dessen. Die wiener Regierung
suchte beim Papst ihre Wünsche zu erwirken, und man will hier Zusagen auf
Abstellung des Mißbrauchs erlangt haben, deren Erfüllung man indeß wol
noch so lange zu erwarten haben wird, als Frankreich dem Papst mehr impo'
rire als Oestreich.'

Als das Konsulat innewurde, daß es auf einen raschen Erfolg in dies"
Angelegenheit verzichten müsse, begann es in Wien den Gedanken anzuregen-
von den bisher an die Custodie des heiligen Landes gezählten Geldern fortan
nur noch so viel zu schicken, als nothwendig sei, um sagen zu können, n>an
trage überhaupt noch zur Erhaltung der hiesigen katholischen Institute be>>
Die Hauptmasse sollte von jetzt ab auf die Gründung von Anstalten ver¬
wendet werden, welche den Namen Oestreichs führen und ganz unzweifel¬
haft Separatbesitz dieser Macht, wenn auch für alle Katholiken bestimmt se>"
sollten. Es war nicht die Meinung, damit das Protectorat Frankreichs "'
Frage zu stellen, nur die Anmaßung der Franzosen, allein für Schutz und
Förderung der katholischen Interessen in Palästina zu sorgen, allein hier Be¬
sitz zu haben, sollte in die gebührenden Schranken zurückgewiesen werden"
So begann man vor drei Jahren mit Errichtung eines östreichischen Pilger-
Hauses, welches jetzt vollendet und das schönste weltliche Gebäude Jerusalems
ist. So soll ferner die Druckerei im Se. Salvatvrkloster, die jetzt schon unde>
der Direction eines wiener Geistlichen steht, ganz von östreichischen Geld er¬
halten werden und somit ein specifisch östreichisches Institut sein. Der P^'
triarch konnte dagegen nichts thun, indeß machte er seinem Verdruß babi"'.
Luft, daß er einerseits die Mönche, andrerseits den Consul nach Kräften
ärgerte.

Als der Grundstein zum Pilgerhaus gelegt werden sollte, weigerte er p^
die übliche Weihe der Kapelle vorzunehmen, und als der Guardian Neveren-
dissimus der Franciscaner für ihn eintrat, zog er ihn darüber zur iliechen-


fischen Mitteln erhalten und erweitert werden — Frankreich zahlte als Staat
von der ersten Revolution an bis ans Ludwig Philipp gar nichts und gibt
auch jetzt nur jährlich ein Nenjahrsgeschenk von 2000 Franken, während Oest¬
reich mehr als das Zwanzigfache dieser Summe sendete — so war es doch bis
1849 bei der Unaufmerksamkeit und dem Ungeschick der Vertreter der wiener
Negierung in Syrien Gebrauch, wenn eine neue katholische Anstalt errichtet
wurde, es so auffassen zu lassen, als ob sie von Frankreich gegründet würde.
Man betete bei allen großen kirchlichen Functionen, beim Pontificale u. s> ^'
nur für den französischen Herrscher als Protector des heiligen Grabes. obiM"
nach den Verträgen kein solches Separatprotectorat Frankreichs besteht, d>e
Auffassung der Stellung dieser Macht zu den heiligen Orten als einer Schuh'
macht nur auf dem Usus beruht. Oestreich verlangte nun Gleichstellung aller
katholischen Mächte, der Patriarch weigerte sich dessen. Die wiener Regierung
suchte beim Papst ihre Wünsche zu erwirken, und man will hier Zusagen auf
Abstellung des Mißbrauchs erlangt haben, deren Erfüllung man indeß wol
noch so lange zu erwarten haben wird, als Frankreich dem Papst mehr impo'
rire als Oestreich.'

Als das Konsulat innewurde, daß es auf einen raschen Erfolg in dies"
Angelegenheit verzichten müsse, begann es in Wien den Gedanken anzuregen-
von den bisher an die Custodie des heiligen Landes gezählten Geldern fortan
nur noch so viel zu schicken, als nothwendig sei, um sagen zu können, n>an
trage überhaupt noch zur Erhaltung der hiesigen katholischen Institute be>>
Die Hauptmasse sollte von jetzt ab auf die Gründung von Anstalten ver¬
wendet werden, welche den Namen Oestreichs führen und ganz unzweifel¬
haft Separatbesitz dieser Macht, wenn auch für alle Katholiken bestimmt se>"
sollten. Es war nicht die Meinung, damit das Protectorat Frankreichs »'
Frage zu stellen, nur die Anmaßung der Franzosen, allein für Schutz und
Förderung der katholischen Interessen in Palästina zu sorgen, allein hier Be¬
sitz zu haben, sollte in die gebührenden Schranken zurückgewiesen werden«
So begann man vor drei Jahren mit Errichtung eines östreichischen Pilger-
Hauses, welches jetzt vollendet und das schönste weltliche Gebäude Jerusalems
ist. So soll ferner die Druckerei im Se. Salvatvrkloster, die jetzt schon unde>
der Direction eines wiener Geistlichen steht, ganz von östreichischen Geld er¬
halten werden und somit ein specifisch östreichisches Institut sein. Der P^'
triarch konnte dagegen nichts thun, indeß machte er seinem Verdruß babi»'.
Luft, daß er einerseits die Mönche, andrerseits den Consul nach Kräften
ärgerte.

Als der Grundstein zum Pilgerhaus gelegt werden sollte, weigerte er p^
die übliche Weihe der Kapelle vorzunehmen, und als der Guardian Neveren-
dissimus der Franciscaner für ihn eintrat, zog er ihn darüber zur iliechen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/356>, abgerufen am 23.07.2024.