Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.""d Kirchenfrage nichts zu thun hat, und zum Herbeischaffen des nöthigen Geldes für "«d Kirchenfrage nichts zu thun hat, und zum Herbeischaffen des nöthigen Geldes für <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0333" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107919"/> <p xml:id="ID_1094" prev="#ID_1093" next="#ID_1095"> "«d Kirchenfrage nichts zu thun hat, und zum Herbeischaffen des nöthigen Geldes für<lb/> ° Staatsbcdürfnissc auch ein Protestant oder ein Jude gut genug ist. Bei den<lb/> '"tthalterciabtheilungcn in Preßburg, Ofen, Kaschau und Oldenburg und selbst<lb/> an Generalgouvernement für das Königreich Ungarn sucht man vergebens einen<lb/> protestantischen Rath. In Tirol aber können sogar protestantische Angehörige baut-<lb/> ^er Vundesstaaten, obwol Tirol ein deutsches Bundesland ist, und der §. 16<lb/> ^ deutschen Bundesacte auch für Oestreich gilt, nicht eine Scholle Landes an sich<lb/> ringe,,' — Als ob die Kirchenzeitung nicht wüßte, wer eigentlich Schuld ist, daß<lb/> '° Evangelischen in Ungarn bis auf den heutigen Tag keine Kirchenverfassung haben,<lb/> ruckt sie Artikel aus dem Stuttg. Volksbl. ab, welche den Leuten weiß machen<lb/> oller, „daß an der Verzögerung eines neuen statutarischen Organismus der bei-<lb/> ^ 'Jeder und augsburgischen Confession in Oestreich in ihren Beziehungen zum Staat<lb/> ^ches und niemand die Schuld trägt, als die Uneinigkeit der Protestanten unter<lb/> ) über das, was sie wollen" (!) — Wenn dann ein Korrespondent eines ein«-<lb/> "rtigen Blattes die Thatsache constatirt, daß die Protestanten durch das Concordat<lb/> ihrer frühern Gleichgiltigkeit aufgerüttelt worden und zu frischerem Leben er-<lb/> heielt, so schreit die Kirchenzeitung jubelnd in die Welt hinaus, daß das Cor-<lb/> ^rdat dem Protestantismus in Oestreich herrliche Früchte getragen habe. Allerdings<lb/> ^ut die Protestanten durch das Concordat rühriger geworden, aber — um sich zur<lb/> othwehr zu rüsten und im Kampfe mit ungleichen Waffen nicht zu erlahmen;<lb/> . " das Concordat ist in seinen Consequenzen nicht blos die Freiheit der katholi-<lb/> 1W Kirche, das ist des katholischen Episcopatcs, sondern auch der Feldzug gegen die<lb/> ^rgelisehe Kirche oder auch, wie ein gcschichtskundiger Katholik gesagt hat „der<lb/> ^de Anlauf gegen die Wissenschaft in Oestreich". Wie unschuldig klingt z. B.<lb/> / Neunte Artikel, wonach Erzbischöfe, Bischöfe und alle Ordinarien die denselben<lb/> 3Ac Macht mit vollkommner Freiheit üben werden, um Bücher, „welche der Reli-<lb/> und Sittlichkeit verderblich sind" als verwerflich zu bezeichnen, und die Glan-<lb/> 'gar Lesung derselben abzuhalten, und welche ungeheure Tragweite hat<lb/> Mbe in der Praxis! Alles ist „der Religion und Sittlichkeit verderblich", was<lb/> )r in ^n Kram eines stationären, bigotten, autoritätsgläubigcn, in dem Christen¬<lb/> tum wie in der Geschichte überhaupt keine Bewegung und keine Perfectibilität an¬<lb/> tuenden Klerus paßt. Wie sehr muß die Wissenschaft in Oestreich, wie sehr der<lb/> rotestantismus unter dem Druck jenes, förmlich den Kreuzzug gegen die Protestan-<lb/> ^es-deutsche Literatur predigenden Artikels leiden, zu dessen Ausführung der Staat<lb/> ^ r weltlichen Arm zu leihen verbunden ist! Die mit einem Vorwort von Merle<lb/> "ubignH eingeleitete „Geschichte der evangelischen Kirche in Ungarn, Berlin 1854"<lb/> ^ vieles andere ist verboten, während antiprotcstantische Bücher in hellen Haufen<lb/> ^ ^warzgelben Zollschranken passiren und dem lauflustiger Publicum im „Oehl-<lb/> s.H'schen Volksfreund" ungehindert angezeigt werden. Und die Tagespresse? Auch<lb/> ° Macht das Concordat mundtodt. — Deckt man aber von Zeit zu Zeit diese<lb/> t ^den auf, klagt man in auswärtigen Blättern über die Zurücksetzung des Pro-<lb/> >rutis>nus in Oestreich, so sagt Herr Brunner: das schreiben nicht Protestanten<lb/> Fr ""^ ihrer Lage zufrieden sind, sondern Juden, bei denen es sich um „sociale<lb/> Ani! sociale Unterjochung von Handel und Gewerbe, von Grund<lb/> Boden" handelt! — Wo solcher Samen gesäet wird, da ist es kein Wunder,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0333]
"«d Kirchenfrage nichts zu thun hat, und zum Herbeischaffen des nöthigen Geldes für
° Staatsbcdürfnissc auch ein Protestant oder ein Jude gut genug ist. Bei den
'"tthalterciabtheilungcn in Preßburg, Ofen, Kaschau und Oldenburg und selbst
an Generalgouvernement für das Königreich Ungarn sucht man vergebens einen
protestantischen Rath. In Tirol aber können sogar protestantische Angehörige baut-
^er Vundesstaaten, obwol Tirol ein deutsches Bundesland ist, und der §. 16
^ deutschen Bundesacte auch für Oestreich gilt, nicht eine Scholle Landes an sich
ringe,,' — Als ob die Kirchenzeitung nicht wüßte, wer eigentlich Schuld ist, daß
'° Evangelischen in Ungarn bis auf den heutigen Tag keine Kirchenverfassung haben,
ruckt sie Artikel aus dem Stuttg. Volksbl. ab, welche den Leuten weiß machen
oller, „daß an der Verzögerung eines neuen statutarischen Organismus der bei-
^ 'Jeder und augsburgischen Confession in Oestreich in ihren Beziehungen zum Staat
^ches und niemand die Schuld trägt, als die Uneinigkeit der Protestanten unter
) über das, was sie wollen" (!) — Wenn dann ein Korrespondent eines ein«-
"rtigen Blattes die Thatsache constatirt, daß die Protestanten durch das Concordat
ihrer frühern Gleichgiltigkeit aufgerüttelt worden und zu frischerem Leben er-
heielt, so schreit die Kirchenzeitung jubelnd in die Welt hinaus, daß das Cor-
^rdat dem Protestantismus in Oestreich herrliche Früchte getragen habe. Allerdings
^ut die Protestanten durch das Concordat rühriger geworden, aber — um sich zur
othwehr zu rüsten und im Kampfe mit ungleichen Waffen nicht zu erlahmen;
. " das Concordat ist in seinen Consequenzen nicht blos die Freiheit der katholi-
1W Kirche, das ist des katholischen Episcopatcs, sondern auch der Feldzug gegen die
^rgelisehe Kirche oder auch, wie ein gcschichtskundiger Katholik gesagt hat „der
^de Anlauf gegen die Wissenschaft in Oestreich". Wie unschuldig klingt z. B.
/ Neunte Artikel, wonach Erzbischöfe, Bischöfe und alle Ordinarien die denselben
3Ac Macht mit vollkommner Freiheit üben werden, um Bücher, „welche der Reli-
und Sittlichkeit verderblich sind" als verwerflich zu bezeichnen, und die Glan-
'gar Lesung derselben abzuhalten, und welche ungeheure Tragweite hat
Mbe in der Praxis! Alles ist „der Religion und Sittlichkeit verderblich", was
)r in ^n Kram eines stationären, bigotten, autoritätsgläubigcn, in dem Christen¬
tum wie in der Geschichte überhaupt keine Bewegung und keine Perfectibilität an¬
tuenden Klerus paßt. Wie sehr muß die Wissenschaft in Oestreich, wie sehr der
rotestantismus unter dem Druck jenes, förmlich den Kreuzzug gegen die Protestan-
^es-deutsche Literatur predigenden Artikels leiden, zu dessen Ausführung der Staat
^ r weltlichen Arm zu leihen verbunden ist! Die mit einem Vorwort von Merle
"ubignH eingeleitete „Geschichte der evangelischen Kirche in Ungarn, Berlin 1854"
^ vieles andere ist verboten, während antiprotcstantische Bücher in hellen Haufen
^ ^warzgelben Zollschranken passiren und dem lauflustiger Publicum im „Oehl-
s.H'schen Volksfreund" ungehindert angezeigt werden. Und die Tagespresse? Auch
° Macht das Concordat mundtodt. — Deckt man aber von Zeit zu Zeit diese
t ^den auf, klagt man in auswärtigen Blättern über die Zurücksetzung des Pro-
>rutis>nus in Oestreich, so sagt Herr Brunner: das schreiben nicht Protestanten
Fr ""^ ihrer Lage zufrieden sind, sondern Juden, bei denen es sich um „sociale
Ani! sociale Unterjochung von Handel und Gewerbe, von Grund
Boden" handelt! — Wo solcher Samen gesäet wird, da ist es kein Wunder,
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