Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

letzten Krieges belehrt sein sollte, daß die Jungfrau Maria nicht zum Siege
führt, wenn den Waffen die Weihe der durch freie Institutionen getragenen
Sympathien der Bevölkerung und der Beistand der öffentlichen Meinung des
gebildeten Europa fehlt.

Oestreich kann nur auf dem Wege des Fortschrittes, niemals auf dea
dunkeln Bahnen der Reaction zu Macht und Größe und Ansehn gelangen-
Oestreich zeige und zeige es bald und ernstlich, daß es unwiderruflich
erschlossen ist. seine "innere Wohlfahrt und äußere Macht durch zweck'
mäßige Entwicklung seiner reichen, geistigen und materiellen Kräfte, wie
durch zeitgemäße Verbesserungen in Gesetzgebung und Verwaltung dauernd ZU
begründen/' In Erfüllung dieser Aufgabe befriedige es zuerst die berechtigten
Wünsche seiner lange hingehaltenen Protestanten. die auch zu den Lasten des
letzten Feldzuges nach ihrem Theile redlich beigetragen und ihre Söhne
gut wie die Katholiken, Griechen und Juden auf die lombardische Ebene >"
den Tod geschickt haben. Wenn man gleiche Pflichten für alle Staatsblnger
festsetzt, so muß man consequent auch gleiche Rechte gewähren. Sollte es den
leitenden Staatsmännern in Oestreich unbekannt sein, daß §. 46 des Staats-
Vertrages vom 18. August 1858 über die definitive Organisation der Moldau
und Walachei, den Bekennen, aller christlichen Konfessionen dieselben Rechte
zugesteht, und daß selbst das Gesetzbuch von Montenegro in §. 92 für alle
Kirchen die gleichen politischen Rechte'statuirt. so laden wir sie hierdurch ein,
sich darin zu spiegeln. Und um noch näherliegendes zu erwähnen, sei das
Decret zu Gemüthe geführt, welches Herr Vigliani.- der neue sardinische Statt'
Halter der Lombardei, in der allerjüngsten Zeit, nämlich am 4. Juli d-
I. erlassen hat. Es lautet: "Da der Unterschied, welcher nach den Gesetzen
der frühern Regierung der Lombardei zwischen den Bürgern in Bezug auf
das religiöse Bekenntniß besteht, jener vollständigen Rechtsgleichheit
nicht entspricht, die in den übrigen königl. Staaten besteht und mit d e"
Principien der heutigen Bildung nicht vereinbar ist. so wird >"
Ausführung der Beschlüsse des Ministerraths bestimmt'wie folgt: 1) Alle Bür¬
ger der lombardischen Provinzen sind vor dem Gesetze gleich, welchem reli¬
giösen Bekenntnisse sie auch angehören, und genießen, wie in den übrigen
königl. Staaten, gleiche bürgerliche und politische Rechte; 2) alle ent^
gegenstehenden Gesetze sind abgeschafft." --




letzten Krieges belehrt sein sollte, daß die Jungfrau Maria nicht zum Siege
führt, wenn den Waffen die Weihe der durch freie Institutionen getragenen
Sympathien der Bevölkerung und der Beistand der öffentlichen Meinung des
gebildeten Europa fehlt.

Oestreich kann nur auf dem Wege des Fortschrittes, niemals auf dea
dunkeln Bahnen der Reaction zu Macht und Größe und Ansehn gelangen-
Oestreich zeige und zeige es bald und ernstlich, daß es unwiderruflich
erschlossen ist. seine „innere Wohlfahrt und äußere Macht durch zweck'
mäßige Entwicklung seiner reichen, geistigen und materiellen Kräfte, wie
durch zeitgemäße Verbesserungen in Gesetzgebung und Verwaltung dauernd ZU
begründen/' In Erfüllung dieser Aufgabe befriedige es zuerst die berechtigten
Wünsche seiner lange hingehaltenen Protestanten. die auch zu den Lasten des
letzten Feldzuges nach ihrem Theile redlich beigetragen und ihre Söhne
gut wie die Katholiken, Griechen und Juden auf die lombardische Ebene >"
den Tod geschickt haben. Wenn man gleiche Pflichten für alle Staatsblnger
festsetzt, so muß man consequent auch gleiche Rechte gewähren. Sollte es den
leitenden Staatsmännern in Oestreich unbekannt sein, daß §. 46 des Staats-
Vertrages vom 18. August 1858 über die definitive Organisation der Moldau
und Walachei, den Bekennen, aller christlichen Konfessionen dieselben Rechte
zugesteht, und daß selbst das Gesetzbuch von Montenegro in §. 92 für alle
Kirchen die gleichen politischen Rechte'statuirt. so laden wir sie hierdurch ein,
sich darin zu spiegeln. Und um noch näherliegendes zu erwähnen, sei das
Decret zu Gemüthe geführt, welches Herr Vigliani.- der neue sardinische Statt'
Halter der Lombardei, in der allerjüngsten Zeit, nämlich am 4. Juli d-
I. erlassen hat. Es lautet: „Da der Unterschied, welcher nach den Gesetzen
der frühern Regierung der Lombardei zwischen den Bürgern in Bezug auf
das religiöse Bekenntniß besteht, jener vollständigen Rechtsgleichheit
nicht entspricht, die in den übrigen königl. Staaten besteht und mit d e»
Principien der heutigen Bildung nicht vereinbar ist. so wird >»
Ausführung der Beschlüsse des Ministerraths bestimmt'wie folgt: 1) Alle Bür¬
ger der lombardischen Provinzen sind vor dem Gesetze gleich, welchem reli¬
giösen Bekenntnisse sie auch angehören, und genießen, wie in den übrigen
königl. Staaten, gleiche bürgerliche und politische Rechte; 2) alle ent^
gegenstehenden Gesetze sind abgeschafft." —




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0286" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107872"/>
          <p xml:id="ID_942" prev="#ID_941"> letzten Krieges belehrt sein sollte, daß die Jungfrau Maria nicht zum Siege<lb/>
führt, wenn den Waffen die Weihe der durch freie Institutionen getragenen<lb/>
Sympathien der Bevölkerung und der Beistand der öffentlichen Meinung des<lb/>
gebildeten Europa fehlt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_943"> Oestreich kann nur auf dem Wege des Fortschrittes, niemals auf dea<lb/>
dunkeln Bahnen der Reaction zu Macht und Größe und Ansehn gelangen-<lb/>
Oestreich zeige und zeige es bald und ernstlich, daß es unwiderruflich<lb/>
erschlossen ist. seine &#x201E;innere Wohlfahrt und äußere Macht durch zweck'<lb/>
mäßige Entwicklung seiner reichen, geistigen und materiellen Kräfte, wie<lb/>
durch zeitgemäße Verbesserungen in Gesetzgebung und Verwaltung dauernd ZU<lb/>
begründen/' In Erfüllung dieser Aufgabe befriedige es zuerst die berechtigten<lb/>
Wünsche seiner lange hingehaltenen Protestanten. die auch zu den Lasten des<lb/>
letzten Feldzuges nach ihrem Theile redlich beigetragen und ihre Söhne<lb/>
gut wie die Katholiken, Griechen und Juden auf die lombardische Ebene &gt;"<lb/>
den Tod geschickt haben. Wenn man gleiche Pflichten für alle Staatsblnger<lb/>
festsetzt, so muß man consequent auch gleiche Rechte gewähren. Sollte es den<lb/>
leitenden Staatsmännern in Oestreich unbekannt sein, daß §. 46 des Staats-<lb/>
Vertrages vom 18. August 1858 über die definitive Organisation der Moldau<lb/>
und Walachei, den Bekennen, aller christlichen Konfessionen dieselben Rechte<lb/>
zugesteht, und daß selbst das Gesetzbuch von Montenegro in §. 92 für alle<lb/>
Kirchen die gleichen politischen Rechte'statuirt. so laden wir sie hierdurch ein,<lb/>
sich darin zu spiegeln. Und um noch näherliegendes zu erwähnen, sei das<lb/>
Decret zu Gemüthe geführt, welches Herr Vigliani.- der neue sardinische Statt'<lb/>
Halter der Lombardei, in der allerjüngsten Zeit, nämlich am 4. Juli d-<lb/>
I. erlassen hat. Es lautet: &#x201E;Da der Unterschied, welcher nach den Gesetzen<lb/>
der frühern Regierung der Lombardei zwischen den Bürgern in Bezug auf<lb/>
das religiöse Bekenntniß besteht, jener vollständigen Rechtsgleichheit<lb/>
nicht entspricht, die in den übrigen königl. Staaten besteht und mit d e»<lb/>
Principien der heutigen Bildung nicht vereinbar ist. so wird &gt;»<lb/>
Ausführung der Beschlüsse des Ministerraths bestimmt'wie folgt: 1) Alle Bür¬<lb/>
ger der lombardischen Provinzen sind vor dem Gesetze gleich, welchem reli¬<lb/>
giösen Bekenntnisse sie auch angehören, und genießen, wie in den übrigen<lb/>
königl. Staaten, gleiche bürgerliche und politische Rechte; 2) alle ent^<lb/>
gegenstehenden Gesetze sind abgeschafft." &#x2014;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0286] letzten Krieges belehrt sein sollte, daß die Jungfrau Maria nicht zum Siege führt, wenn den Waffen die Weihe der durch freie Institutionen getragenen Sympathien der Bevölkerung und der Beistand der öffentlichen Meinung des gebildeten Europa fehlt. Oestreich kann nur auf dem Wege des Fortschrittes, niemals auf dea dunkeln Bahnen der Reaction zu Macht und Größe und Ansehn gelangen- Oestreich zeige und zeige es bald und ernstlich, daß es unwiderruflich erschlossen ist. seine „innere Wohlfahrt und äußere Macht durch zweck' mäßige Entwicklung seiner reichen, geistigen und materiellen Kräfte, wie durch zeitgemäße Verbesserungen in Gesetzgebung und Verwaltung dauernd ZU begründen/' In Erfüllung dieser Aufgabe befriedige es zuerst die berechtigten Wünsche seiner lange hingehaltenen Protestanten. die auch zu den Lasten des letzten Feldzuges nach ihrem Theile redlich beigetragen und ihre Söhne gut wie die Katholiken, Griechen und Juden auf die lombardische Ebene >" den Tod geschickt haben. Wenn man gleiche Pflichten für alle Staatsblnger festsetzt, so muß man consequent auch gleiche Rechte gewähren. Sollte es den leitenden Staatsmännern in Oestreich unbekannt sein, daß §. 46 des Staats- Vertrages vom 18. August 1858 über die definitive Organisation der Moldau und Walachei, den Bekennen, aller christlichen Konfessionen dieselben Rechte zugesteht, und daß selbst das Gesetzbuch von Montenegro in §. 92 für alle Kirchen die gleichen politischen Rechte'statuirt. so laden wir sie hierdurch ein, sich darin zu spiegeln. Und um noch näherliegendes zu erwähnen, sei das Decret zu Gemüthe geführt, welches Herr Vigliani.- der neue sardinische Statt' Halter der Lombardei, in der allerjüngsten Zeit, nämlich am 4. Juli d- I. erlassen hat. Es lautet: „Da der Unterschied, welcher nach den Gesetzen der frühern Regierung der Lombardei zwischen den Bürgern in Bezug auf das religiöse Bekenntniß besteht, jener vollständigen Rechtsgleichheit nicht entspricht, die in den übrigen königl. Staaten besteht und mit d e» Principien der heutigen Bildung nicht vereinbar ist. so wird >» Ausführung der Beschlüsse des Ministerraths bestimmt'wie folgt: 1) Alle Bür¬ ger der lombardischen Provinzen sind vor dem Gesetze gleich, welchem reli¬ giösen Bekenntnisse sie auch angehören, und genießen, wie in den übrigen königl. Staaten, gleiche bürgerliche und politische Rechte; 2) alle ent^ gegenstehenden Gesetze sind abgeschafft." —

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/286
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/286>, abgerufen am 22.07.2024.