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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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ließ auf den Fluren seine schwermüthige Stimme vernehmen. Mitunter trabte
M einem grauen Schakal ein Nachkomme der Füchse über das Gefilde, mit
denen Simson. der Phiiistertödter. einst die Saaten dieser Aecker verbrannte.
Schon war es ganz dunkel, und wir sahen von Ramleh, welches auf dem
Wege bald verschwunden, bald wieder aufgetaucht war. nur noch die von
den Lampen des Ramadan strahlenden Thürme, als wir vor einer langen
hohen Mauer hielten, neben der sich rechts und links schwarzes Gezweig und
Gebüsch vom blaßgrauen Nachthimmel abhob. Es war das Kloster, das uns
Herberge geben sollte. Die Kawaschen riefen und pochten an der Pforte.
Ueber der Mauer fragte eine Stimme herab nach den Einlaßbegehrenden.
Dann wurde Licht hinter dem Thorweg sichtbar, ein schwerer Riegel schob sich
weg. und die Karawane passirte in den Vorhof des Klosters, wo zwei bär¬
tige Mönche in braunen Kutten uns empfingen.

Man brachte uns in ein gut eingerichtetes Zimmer im Erdgeschoß, wo
wir jeder eines jener breiten italienischen Betten fanden, auf die man sich.
Wenns beliebte, der Quer legen könnte. Von dort zum Abendessen abgeholt,
trafen wir im Refectorium mehre andere fränkische Reisende, darunter einen
deutschen Doctor. der von Jerusalem zurückkehrte. Bei Tische gab es nur
Fastenspeisen, eine Wassersuppe, weiche Eier. Salat, eingemachte Oliven und
Zum Schluß noch einen Pfannenkuchen -- eine Speisenkarte, die in den Klö¬
stern Palästinas, gleich viel ob Fastenzeit ist oder nicht, die Regel zu bilden
scheint, über die man sich aber nicht beklagen darf, da nichts dafür verlangt,
höchstens etwas erwartet wird. Der Wein war hier wie überall in diesen
geistlichen Gasthäusern des Landes das rothe bitterlich-süß schmeckende Reven-
blut von Cypern. Geschirr und Tafeltuch, waren sauber, fast elegant. und
Wir erfreuten uns sogar des Luxus von Servietten und silbernen Löffeln, ja
^r galante Mönch, der uns aufwartete, hatte vor die Damen selbst eine
Glasvase mit Blumen hingestellt. War der wackere Frater Aufwärter nach
^r Gewandtheit, mit der er hin- und hersprang. Teller und Bestecke wech¬
selte und dabei noch Zeit fand, in den Augen der Damen etwa aufsteigende
wünsche nach Verbesserungen des Soupers zu errathen, sicher einst Hotel¬
kellner gewesen, so hätte ich in dem Priester, mit dem wir uns nach dem Thee
im Nebenzimmer unterhielten, den ehemaligen Diplomaten errathen mögen.
Die Art. wie er sich über die italienische Frage ausließ, die geschickten Men¬
ingen, mit denen er es uns unter den Fuß gab. daß er viele Arme zu
unterstützen hätte und daß sein Kloster nicht die Mittel dazu besäße, ganz be¬
sonders aber die Manier, in der er seine Prisen nahm und seine Dose pra-
s°Ntirte. konnte er sich unmöglich anderswo als in diplomatischen Cirkeln an-
^wohnt haben.

Im Uebrigen waren die Mönche, mit denen wir verkehrten, sammt und


ließ auf den Fluren seine schwermüthige Stimme vernehmen. Mitunter trabte
M einem grauen Schakal ein Nachkomme der Füchse über das Gefilde, mit
denen Simson. der Phiiistertödter. einst die Saaten dieser Aecker verbrannte.
Schon war es ganz dunkel, und wir sahen von Ramleh, welches auf dem
Wege bald verschwunden, bald wieder aufgetaucht war. nur noch die von
den Lampen des Ramadan strahlenden Thürme, als wir vor einer langen
hohen Mauer hielten, neben der sich rechts und links schwarzes Gezweig und
Gebüsch vom blaßgrauen Nachthimmel abhob. Es war das Kloster, das uns
Herberge geben sollte. Die Kawaschen riefen und pochten an der Pforte.
Ueber der Mauer fragte eine Stimme herab nach den Einlaßbegehrenden.
Dann wurde Licht hinter dem Thorweg sichtbar, ein schwerer Riegel schob sich
weg. und die Karawane passirte in den Vorhof des Klosters, wo zwei bär¬
tige Mönche in braunen Kutten uns empfingen.

Man brachte uns in ein gut eingerichtetes Zimmer im Erdgeschoß, wo
wir jeder eines jener breiten italienischen Betten fanden, auf die man sich.
Wenns beliebte, der Quer legen könnte. Von dort zum Abendessen abgeholt,
trafen wir im Refectorium mehre andere fränkische Reisende, darunter einen
deutschen Doctor. der von Jerusalem zurückkehrte. Bei Tische gab es nur
Fastenspeisen, eine Wassersuppe, weiche Eier. Salat, eingemachte Oliven und
Zum Schluß noch einen Pfannenkuchen — eine Speisenkarte, die in den Klö¬
stern Palästinas, gleich viel ob Fastenzeit ist oder nicht, die Regel zu bilden
scheint, über die man sich aber nicht beklagen darf, da nichts dafür verlangt,
höchstens etwas erwartet wird. Der Wein war hier wie überall in diesen
geistlichen Gasthäusern des Landes das rothe bitterlich-süß schmeckende Reven-
blut von Cypern. Geschirr und Tafeltuch, waren sauber, fast elegant. und
Wir erfreuten uns sogar des Luxus von Servietten und silbernen Löffeln, ja
^r galante Mönch, der uns aufwartete, hatte vor die Damen selbst eine
Glasvase mit Blumen hingestellt. War der wackere Frater Aufwärter nach
^r Gewandtheit, mit der er hin- und hersprang. Teller und Bestecke wech¬
selte und dabei noch Zeit fand, in den Augen der Damen etwa aufsteigende
wünsche nach Verbesserungen des Soupers zu errathen, sicher einst Hotel¬
kellner gewesen, so hätte ich in dem Priester, mit dem wir uns nach dem Thee
im Nebenzimmer unterhielten, den ehemaligen Diplomaten errathen mögen.
Die Art. wie er sich über die italienische Frage ausließ, die geschickten Men¬
ingen, mit denen er es uns unter den Fuß gab. daß er viele Arme zu
unterstützen hätte und daß sein Kloster nicht die Mittel dazu besäße, ganz be¬
sonders aber die Manier, in der er seine Prisen nahm und seine Dose pra-
s°Ntirte. konnte er sich unmöglich anderswo als in diplomatischen Cirkeln an-
^wohnt haben.

Im Uebrigen waren die Mönche, mit denen wir verkehrten, sammt und


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[0269] ließ auf den Fluren seine schwermüthige Stimme vernehmen. Mitunter trabte M einem grauen Schakal ein Nachkomme der Füchse über das Gefilde, mit denen Simson. der Phiiistertödter. einst die Saaten dieser Aecker verbrannte. Schon war es ganz dunkel, und wir sahen von Ramleh, welches auf dem Wege bald verschwunden, bald wieder aufgetaucht war. nur noch die von den Lampen des Ramadan strahlenden Thürme, als wir vor einer langen hohen Mauer hielten, neben der sich rechts und links schwarzes Gezweig und Gebüsch vom blaßgrauen Nachthimmel abhob. Es war das Kloster, das uns Herberge geben sollte. Die Kawaschen riefen und pochten an der Pforte. Ueber der Mauer fragte eine Stimme herab nach den Einlaßbegehrenden. Dann wurde Licht hinter dem Thorweg sichtbar, ein schwerer Riegel schob sich weg. und die Karawane passirte in den Vorhof des Klosters, wo zwei bär¬ tige Mönche in braunen Kutten uns empfingen. Man brachte uns in ein gut eingerichtetes Zimmer im Erdgeschoß, wo wir jeder eines jener breiten italienischen Betten fanden, auf die man sich. Wenns beliebte, der Quer legen könnte. Von dort zum Abendessen abgeholt, trafen wir im Refectorium mehre andere fränkische Reisende, darunter einen deutschen Doctor. der von Jerusalem zurückkehrte. Bei Tische gab es nur Fastenspeisen, eine Wassersuppe, weiche Eier. Salat, eingemachte Oliven und Zum Schluß noch einen Pfannenkuchen — eine Speisenkarte, die in den Klö¬ stern Palästinas, gleich viel ob Fastenzeit ist oder nicht, die Regel zu bilden scheint, über die man sich aber nicht beklagen darf, da nichts dafür verlangt, höchstens etwas erwartet wird. Der Wein war hier wie überall in diesen geistlichen Gasthäusern des Landes das rothe bitterlich-süß schmeckende Reven- blut von Cypern. Geschirr und Tafeltuch, waren sauber, fast elegant. und Wir erfreuten uns sogar des Luxus von Servietten und silbernen Löffeln, ja ^r galante Mönch, der uns aufwartete, hatte vor die Damen selbst eine Glasvase mit Blumen hingestellt. War der wackere Frater Aufwärter nach ^r Gewandtheit, mit der er hin- und hersprang. Teller und Bestecke wech¬ selte und dabei noch Zeit fand, in den Augen der Damen etwa aufsteigende wünsche nach Verbesserungen des Soupers zu errathen, sicher einst Hotel¬ kellner gewesen, so hätte ich in dem Priester, mit dem wir uns nach dem Thee im Nebenzimmer unterhielten, den ehemaligen Diplomaten errathen mögen. Die Art. wie er sich über die italienische Frage ausließ, die geschickten Men¬ ingen, mit denen er es uns unter den Fuß gab. daß er viele Arme zu unterstützen hätte und daß sein Kloster nicht die Mittel dazu besäße, ganz be¬ sonders aber die Manier, in der er seine Prisen nahm und seine Dose pra- s°Ntirte. konnte er sich unmöglich anderswo als in diplomatischen Cirkeln an- ^wohnt haben. Im Uebrigen waren die Mönche, mit denen wir verkehrten, sammt und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/269>, abgerufen am 23.07.2024.