Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.sanft gewellt und bisweilen von einem kleinen Hügel überragt, etwa dritthalb Große Unruhe verursachten unserm Architekten die schwarzen Punkte, die Es dämmerte bereits und die Berge vor uns warfen lange Schatten, sanft gewellt und bisweilen von einem kleinen Hügel überragt, etwa dritthalb Große Unruhe verursachten unserm Architekten die schwarzen Punkte, die Es dämmerte bereits und die Berge vor uns warfen lange Schatten, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107854"/> <p xml:id="ID_876" prev="#ID_875"> sanft gewellt und bisweilen von einem kleinen Hügel überragt, etwa dritthalb<lb/> Meilen breit nach dem Gebirge hinaufzieht. Von den alttestamentlichen Rosen<lb/> war nichts zu erblicken. Dagegen war das Land, da es in diesem Frühjahr<lb/> nicht an Regen gefehlt hatte, noch allenthalben grün. Felder mit Gerste be¬<lb/> stellt wechselten mit brachliegenden Strichen, auf denen Gras und einzelne blühende<lb/> Kräuter, namentlich Mohn und Kannten wuchsen. Auf dem Hügeln zeigten<lb/> sich rechts und links Dörfer in Wäldchen von Kaktussträuchern, Oliven- und<lb/> Feigenbäumen: zuerst Jasur, dann Bet Dedschen, dann dicht am Wege Ser-<lb/> fend, alle mehr oder minder armselige Geniste von ruinenartigen Steinhäusern<lb/> und erdfahlen, aus Stangenwerk und Lehm zusammengeklebten Hütten in Kegel-<lb/> form. Hin und wieder begegneten uns Pilgerzüge. gelegentlich ein beladenes<lb/> Kameel, bisweilen sahen wir einen Fellah mit lanzenartigem Treibstock hinter<lb/> dem einfachen Holzhaken hergehen, mit dem man hier wie vor dreitausend<lb/> Jahren seinen Acker pflügt. Die meisten hatten Ochsen vorgespannt, kleine<lb/> dürftige Thiere von rother Farbe. Einer ankerte mit einem Kameel, ein andrer<lb/> ließ sich den Pflug von einer Kuh und einer verschleierten Frau ziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_877"> Große Unruhe verursachten unserm Architekten die schwarzen Punkte, die<lb/> weiter nach den Bergen hin rechts und links von der Straße hier und da<lb/> sichtbar wurden, und noch unbequemer schien er sich im Sattel zu fühlen, als<lb/> bald nachher ein ganzer Trupp solcher Punkte am Abhang eines Hügels erschien.<lb/> Die Punkte waren Beduinenzelte, der Trupp ein ganzes Lager dieser räuberischen<lb/> Nomaden, die jetzt in der Graszeit von der Wüste am Jordan bis ans Meer<lb/> herabgezogen waren, um die Bracher abzuweiden, in Ermangelung von Gras<lb/> sich an das Getreide zu halten und nebenbei ein Dorf oder eine Karavane<lb/> auszuplündern. Die Unruhe unsers Gefährten erreichte den Gipfel, als wieder¬<lb/> holt Haufen dieser wilden Gesellen an uns vorbeisprengten, hinter uns, vor<lb/> uns hielten und die Köpfe zusammensteckten, dann plötzlich im Galopp in eine<lb/> Senkung der Ebne hineinsprengten und nach einer Weile auf der Höhe da¬<lb/> hinter erschienen, als ob sie uns beobachten wollten. Wir schlössen uns etwas<lb/> enger zusammen, und die welche Schießzeughattcn, machten es fertig. Es war in¬<lb/> deß schwerlich Gefahr vorhanden, und die Herren der Wüste werden vermuthlich<lb/> bei ihren Bewegungen nur von der Verwunderung getrieben worden sein, die<lb/> ihnen die prächtigen Kawaschen und der buntüberdachte Maulthierpalankin ein¬<lb/> flößte, in welchem unsre Frau Generalconsulin sich nach Jerusalem schaukeln ließ.<lb/> Auf alle Fälle blieben wir unbehelligt, was mir um so angenehmer war, als<lb/> ich meinen Revolver im Koffer gelassen hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_878" next="#ID_879"> Es dämmerte bereits und die Berge vor uns warfen lange Schatten,<lb/> als wir der weißen Minarets von Ramleh, unserm Ziel für diesen Tag,<lb/> über grünen Bodenerhebungen ansichtig wurden. Es wurde kühl, und det<lb/> Feuchtigkeit des Abends begann unsere Kleider zu nässen. Gethier der Nacht</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0268]
sanft gewellt und bisweilen von einem kleinen Hügel überragt, etwa dritthalb
Meilen breit nach dem Gebirge hinaufzieht. Von den alttestamentlichen Rosen
war nichts zu erblicken. Dagegen war das Land, da es in diesem Frühjahr
nicht an Regen gefehlt hatte, noch allenthalben grün. Felder mit Gerste be¬
stellt wechselten mit brachliegenden Strichen, auf denen Gras und einzelne blühende
Kräuter, namentlich Mohn und Kannten wuchsen. Auf dem Hügeln zeigten
sich rechts und links Dörfer in Wäldchen von Kaktussträuchern, Oliven- und
Feigenbäumen: zuerst Jasur, dann Bet Dedschen, dann dicht am Wege Ser-
fend, alle mehr oder minder armselige Geniste von ruinenartigen Steinhäusern
und erdfahlen, aus Stangenwerk und Lehm zusammengeklebten Hütten in Kegel-
form. Hin und wieder begegneten uns Pilgerzüge. gelegentlich ein beladenes
Kameel, bisweilen sahen wir einen Fellah mit lanzenartigem Treibstock hinter
dem einfachen Holzhaken hergehen, mit dem man hier wie vor dreitausend
Jahren seinen Acker pflügt. Die meisten hatten Ochsen vorgespannt, kleine
dürftige Thiere von rother Farbe. Einer ankerte mit einem Kameel, ein andrer
ließ sich den Pflug von einer Kuh und einer verschleierten Frau ziehen.
Große Unruhe verursachten unserm Architekten die schwarzen Punkte, die
weiter nach den Bergen hin rechts und links von der Straße hier und da
sichtbar wurden, und noch unbequemer schien er sich im Sattel zu fühlen, als
bald nachher ein ganzer Trupp solcher Punkte am Abhang eines Hügels erschien.
Die Punkte waren Beduinenzelte, der Trupp ein ganzes Lager dieser räuberischen
Nomaden, die jetzt in der Graszeit von der Wüste am Jordan bis ans Meer
herabgezogen waren, um die Bracher abzuweiden, in Ermangelung von Gras
sich an das Getreide zu halten und nebenbei ein Dorf oder eine Karavane
auszuplündern. Die Unruhe unsers Gefährten erreichte den Gipfel, als wieder¬
holt Haufen dieser wilden Gesellen an uns vorbeisprengten, hinter uns, vor
uns hielten und die Köpfe zusammensteckten, dann plötzlich im Galopp in eine
Senkung der Ebne hineinsprengten und nach einer Weile auf der Höhe da¬
hinter erschienen, als ob sie uns beobachten wollten. Wir schlössen uns etwas
enger zusammen, und die welche Schießzeughattcn, machten es fertig. Es war in¬
deß schwerlich Gefahr vorhanden, und die Herren der Wüste werden vermuthlich
bei ihren Bewegungen nur von der Verwunderung getrieben worden sein, die
ihnen die prächtigen Kawaschen und der buntüberdachte Maulthierpalankin ein¬
flößte, in welchem unsre Frau Generalconsulin sich nach Jerusalem schaukeln ließ.
Auf alle Fälle blieben wir unbehelligt, was mir um so angenehmer war, als
ich meinen Revolver im Koffer gelassen hatte.
Es dämmerte bereits und die Berge vor uns warfen lange Schatten,
als wir der weißen Minarets von Ramleh, unserm Ziel für diesen Tag,
über grünen Bodenerhebungen ansichtig wurden. Es wurde kühl, und det
Feuchtigkeit des Abends begann unsere Kleider zu nässen. Gethier der Nacht
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |