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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Haufen Bahn zu machen.*) Zur Schlacht selbst stellten sich die tiefen vier¬
eckigen Massen des Fußvolkes nebeneinander, jeder Schlachthaufen bestand
aus vielen Fähnlein, zuweilen aus mehren Regimentern; die Reiterei stand in
ähnlicher tiefer Aufstellung an den Flügeln. Regelmäßige Reserve fehlte, nur
Zuweilen ward einer der drei Haufen für die Entscheidung zurückgehalten; von
auserwählter Mannschaft wurde ein "Verlorner Haufen" gebildet für gefähr¬
lichen Dienst, zur Forcirung von Flußübergängen, der Besetzung eines ent¬
scheidenden Punktes. Umgehung des Feindes. Seit das Feuerrohr neben der
Pike überhand genommen, wurden die großen Schlachthaufen von Schützen¬
gliedern umgeben. Schützenflügel an sie angehängt, endlich besondere Schützen¬
haufen gebildet. Die Unbehilflichkeit dieser schweren Schlachtmassen führte
schon in den niederländischen Kämpfen zu einem Zerlegen der Schlachtordnung
in kleinere taktische Körper, welche in zwei oder drei Treffen standen. Aber
nur langsam bildete sich die Treffenstellung und das System der Reserven aus.
Noch war den kaiserlichen Heeren beim Beginn des Krieges vieles von
alten Methode geblieben. Immer noch wurden die Fähnlein der Infan-
terie zu tiefen Quadraten -- den Bataillonen -- zusammengefügt. Feste
Stellungen suchen und die Schlacht in der Defensive ausnehmen, war gegen¬
über den wild anstürmenden Türken in ruhmlosen Feldzügen zu sehr Brauch
^worden. Allerdings konnte die Zähigkeit und die Wucht der tiefen Massen
gewaltig sein, aber sie litten auch furchtbar, wenn es dem Feind gelang,
"Ut seinem Geschütz in ihnen zu arbeiten, und sehr unbehilflich waren alle
'hre Bewegungen. Gustav Adolph nahm die taktischen Neuerungen der
Niederländer in geistvoller Weise auf, er stellte zur Schlacht die Infanterie
sechs Mann, die Cavalerie vielleicht nur drei Mann tief, zerlegte die großen
lassen in kleine Abtheilungen, welche in fester Verbindung miteinander
d'e taktische Einheit der "schwedischen Brigade" bildeten, er verstärkte die
^Valerie, indem er Schützencompagnien zwischen sie stellte, führte außer der
Reserve- und Positionsartillerie leichte Negimentsgeschütze ein, und gewöhnte
^me Soldaten an schnelle offensive Bewegungen und rücksichtsloses Vorgehn.
Seine Infanterie feuerte schneller, als die kaiserliche, in der Schlacht bei Brei-
tenseld erschütterte zum ersten Mal nahes Peletonfeuer die alten Wallonen-
regimenter Tillys, für seine Cavalerie stellte er zuerst die Lehre aus, durch
welche hundert Jahre später Friedrich der Große seine Reiterei zur ersten der
?ete machte: sich nicht mit Feuern aufzuhalten, und in schnellster Gangart
über den Feind herzufallen.

Während der Schlacht erkannten die Soldaten einander am Feldgeschrei
an besondern Abzeichen, die Offiziere an den Feldbinden. Bei Breiten-



,, ') So hatte" si^S^stMv'am Ende des schmalkaldischen Krieges 'gesehen, er beschreibt
'v"n M^sah sehr anschaulich.
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Haufen Bahn zu machen.*) Zur Schlacht selbst stellten sich die tiefen vier¬
eckigen Massen des Fußvolkes nebeneinander, jeder Schlachthaufen bestand
aus vielen Fähnlein, zuweilen aus mehren Regimentern; die Reiterei stand in
ähnlicher tiefer Aufstellung an den Flügeln. Regelmäßige Reserve fehlte, nur
Zuweilen ward einer der drei Haufen für die Entscheidung zurückgehalten; von
auserwählter Mannschaft wurde ein „Verlorner Haufen" gebildet für gefähr¬
lichen Dienst, zur Forcirung von Flußübergängen, der Besetzung eines ent¬
scheidenden Punktes. Umgehung des Feindes. Seit das Feuerrohr neben der
Pike überhand genommen, wurden die großen Schlachthaufen von Schützen¬
gliedern umgeben. Schützenflügel an sie angehängt, endlich besondere Schützen¬
haufen gebildet. Die Unbehilflichkeit dieser schweren Schlachtmassen führte
schon in den niederländischen Kämpfen zu einem Zerlegen der Schlachtordnung
in kleinere taktische Körper, welche in zwei oder drei Treffen standen. Aber
nur langsam bildete sich die Treffenstellung und das System der Reserven aus.
Noch war den kaiserlichen Heeren beim Beginn des Krieges vieles von
alten Methode geblieben. Immer noch wurden die Fähnlein der Infan-
terie zu tiefen Quadraten — den Bataillonen — zusammengefügt. Feste
Stellungen suchen und die Schlacht in der Defensive ausnehmen, war gegen¬
über den wild anstürmenden Türken in ruhmlosen Feldzügen zu sehr Brauch
^worden. Allerdings konnte die Zähigkeit und die Wucht der tiefen Massen
gewaltig sein, aber sie litten auch furchtbar, wenn es dem Feind gelang,
"Ut seinem Geschütz in ihnen zu arbeiten, und sehr unbehilflich waren alle
'hre Bewegungen. Gustav Adolph nahm die taktischen Neuerungen der
Niederländer in geistvoller Weise auf, er stellte zur Schlacht die Infanterie
sechs Mann, die Cavalerie vielleicht nur drei Mann tief, zerlegte die großen
lassen in kleine Abtheilungen, welche in fester Verbindung miteinander
d'e taktische Einheit der „schwedischen Brigade" bildeten, er verstärkte die
^Valerie, indem er Schützencompagnien zwischen sie stellte, führte außer der
Reserve- und Positionsartillerie leichte Negimentsgeschütze ein, und gewöhnte
^me Soldaten an schnelle offensive Bewegungen und rücksichtsloses Vorgehn.
Seine Infanterie feuerte schneller, als die kaiserliche, in der Schlacht bei Brei-
tenseld erschütterte zum ersten Mal nahes Peletonfeuer die alten Wallonen-
regimenter Tillys, für seine Cavalerie stellte er zuerst die Lehre aus, durch
welche hundert Jahre später Friedrich der Große seine Reiterei zur ersten der
?ete machte: sich nicht mit Feuern aufzuhalten, und in schnellster Gangart
über den Feind herzufallen.

Während der Schlacht erkannten die Soldaten einander am Feldgeschrei
an besondern Abzeichen, die Offiziere an den Feldbinden. Bei Breiten-



,, ') So hatte" si^S^stMv'am Ende des schmalkaldischen Krieges 'gesehen, er beschreibt
'v"n M^sah sehr anschaulich.
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[0201] Haufen Bahn zu machen.*) Zur Schlacht selbst stellten sich die tiefen vier¬ eckigen Massen des Fußvolkes nebeneinander, jeder Schlachthaufen bestand aus vielen Fähnlein, zuweilen aus mehren Regimentern; die Reiterei stand in ähnlicher tiefer Aufstellung an den Flügeln. Regelmäßige Reserve fehlte, nur Zuweilen ward einer der drei Haufen für die Entscheidung zurückgehalten; von auserwählter Mannschaft wurde ein „Verlorner Haufen" gebildet für gefähr¬ lichen Dienst, zur Forcirung von Flußübergängen, der Besetzung eines ent¬ scheidenden Punktes. Umgehung des Feindes. Seit das Feuerrohr neben der Pike überhand genommen, wurden die großen Schlachthaufen von Schützen¬ gliedern umgeben. Schützenflügel an sie angehängt, endlich besondere Schützen¬ haufen gebildet. Die Unbehilflichkeit dieser schweren Schlachtmassen führte schon in den niederländischen Kämpfen zu einem Zerlegen der Schlachtordnung in kleinere taktische Körper, welche in zwei oder drei Treffen standen. Aber nur langsam bildete sich die Treffenstellung und das System der Reserven aus. Noch war den kaiserlichen Heeren beim Beginn des Krieges vieles von alten Methode geblieben. Immer noch wurden die Fähnlein der Infan- terie zu tiefen Quadraten — den Bataillonen — zusammengefügt. Feste Stellungen suchen und die Schlacht in der Defensive ausnehmen, war gegen¬ über den wild anstürmenden Türken in ruhmlosen Feldzügen zu sehr Brauch ^worden. Allerdings konnte die Zähigkeit und die Wucht der tiefen Massen gewaltig sein, aber sie litten auch furchtbar, wenn es dem Feind gelang, "Ut seinem Geschütz in ihnen zu arbeiten, und sehr unbehilflich waren alle 'hre Bewegungen. Gustav Adolph nahm die taktischen Neuerungen der Niederländer in geistvoller Weise auf, er stellte zur Schlacht die Infanterie sechs Mann, die Cavalerie vielleicht nur drei Mann tief, zerlegte die großen lassen in kleine Abtheilungen, welche in fester Verbindung miteinander d'e taktische Einheit der „schwedischen Brigade" bildeten, er verstärkte die ^Valerie, indem er Schützencompagnien zwischen sie stellte, führte außer der Reserve- und Positionsartillerie leichte Negimentsgeschütze ein, und gewöhnte ^me Soldaten an schnelle offensive Bewegungen und rücksichtsloses Vorgehn. Seine Infanterie feuerte schneller, als die kaiserliche, in der Schlacht bei Brei- tenseld erschütterte zum ersten Mal nahes Peletonfeuer die alten Wallonen- regimenter Tillys, für seine Cavalerie stellte er zuerst die Lehre aus, durch welche hundert Jahre später Friedrich der Große seine Reiterei zur ersten der ?ete machte: sich nicht mit Feuern aufzuhalten, und in schnellster Gangart über den Feind herzufallen. Während der Schlacht erkannten die Soldaten einander am Feldgeschrei an besondern Abzeichen, die Offiziere an den Feldbinden. Bei Breiten- ,, ') So hatte" si^S^stMv'am Ende des schmalkaldischen Krieges 'gesehen, er beschreibt 'v"n M^sah sehr anschaulich. 24*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/201>, abgerufen am 22.07.2024.