Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.nähme anregen müßte, so gänzlich ohne Betheiligung dastehen. Deutschland Wahrhaft glänzend erscheint aber die Thätigkeit von Robert Franz und nähme anregen müßte, so gänzlich ohne Betheiligung dastehen. Deutschland Wahrhaft glänzend erscheint aber die Thätigkeit von Robert Franz und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0168" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107754"/> <p xml:id="ID_548" prev="#ID_547"> nähme anregen müßte, so gänzlich ohne Betheiligung dastehen. Deutschland<lb/> hätte einen Stolz darein setzen müssen, allein, ohne Hilfe des Auslandes diese,<lb/> an und für sich ja geringfügige Sache zu Stande zu bringen. — Das ist<lb/> aber bei der Lauheit des größeren Theils seiner hervorragenden Künstler nicht<lb/> möglich geworden, und wie England dem lebenden Meister eine Heimath<lb/> wurde, so mußte es auch noch zu seiner Verherrlichung im eignen Vaterlande<lb/> beitragen. — Grade die bedeutendsten deutschen Musik'orde haben Verhältniß'<lb/> mäßig das Wenigste gethan, Berlin z. B. brachte die lächerlich geringe Summe<lb/> von 25 Thalern aus; für unsere leipziger Singakademie war diese Händelsache eine<lb/> gute Gelegenheit — zu schweigen, womit sie allerdings nur ihrer Gewohn¬<lb/> heit consequent getreu blieb. Das Concert des Riedelschen Vereins zum Besten<lb/> des Monumentes war, im Gegensatz zu den sonst überfüllten, allerdings un¬<lb/> entgeltlichen Aufführungen, verhnltnißmäßig schwach besucht — die streng¬<lb/> classische Geschmacksrichtung unseres Publicums wird doch nicht etwa an dein,<lb/> sür diesen Fall zu zahlenden Euer6e gescheitert sein, oder ist Händel vielleicht<lb/> noch nicht durch die leipziger Concertdirection anerkannt? Und doch ist Leipzig<lb/> der Sitz der Bach- und Händelgesellschaft. Die verhültnißmäßig größten Bei¬<lb/> träge sind im Durchschnitt aus kleinen Städten gekommen; sonst keineswegs<lb/> musikalisch hervorragende Orte haben sich, wie aus der Aufzählung derselben<lb/> zu ersehen, theilnahmvoll gezeigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_549" next="#ID_550"> Wahrhaft glänzend erscheint aber die Thätigkeit von Robert Franz und<lb/> seiner halleschen Singakademie — nicht nur in Beziehung zur Monumcnt-<lb/> angelegenheit, sondern überhaupt zur ganzen Rückberufung Händels in seine<lb/> deutsche Heimath. Denn es galt nicht nur Herbeischaffung von Geldmitteln,<lb/> um das Monument hinzustellen, sondern vor allen Dingen durfte der seiner<lb/> Vaterstadt so ziemlich ein Fremdling gewordene Meister nicht als ein solcher<lb/> dahin zurückkehren; seine Bildsäule durste nicht eine Stelle aus dem Markte<lb/> einnehmen, ohne daß seiner Kunst ein sicherer Boden im Geist und Herzen<lb/> des Volkes bereitet wäre. Seit fünf Jahren hielten Franz und der Verein<lb/> diese Aufgabe fest im Auge; in jedem Jahre wurden'mehre theils öffentliche,<lb/> theils auf den Kreis der Vereinsmitglieder beschränkte Aufführungen Händel-<lb/> scher Werke veranstaltet. So kamen nach und nach die Oratorien Samsö"<lb/> (dreimal), Messias (zweimal), Judas Maccabäus, Jephtha, Israel, Bruchstücke<lb/> aus der Athalia und aus der Passion u. s. w. zur Darstellung. Der Haupt¬<lb/> zweck dieser Bemühungen ist nun erreicht: das Denkmal steht fertig da, der<lb/> Tonmeister lebt wieder auf heimischem Boden; seine Kunst hat einen den Ver¬<lb/> hältnissen des Ortes angemessenen Vcrehrerkreis gewonnen, der bei größeren<lb/> Aufführungen stets durch Auswärtige erweitert wurde. Gewiß ist damit aber<lb/> die Sache nicht abgethan, sondern es liegt wol in der Idee des Vereines,<lb/> diese Aufführungen auch fernerhur ihren Fortgang nehmen zu lassen, und so</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0168]
nähme anregen müßte, so gänzlich ohne Betheiligung dastehen. Deutschland
hätte einen Stolz darein setzen müssen, allein, ohne Hilfe des Auslandes diese,
an und für sich ja geringfügige Sache zu Stande zu bringen. — Das ist
aber bei der Lauheit des größeren Theils seiner hervorragenden Künstler nicht
möglich geworden, und wie England dem lebenden Meister eine Heimath
wurde, so mußte es auch noch zu seiner Verherrlichung im eignen Vaterlande
beitragen. — Grade die bedeutendsten deutschen Musik'orde haben Verhältniß'
mäßig das Wenigste gethan, Berlin z. B. brachte die lächerlich geringe Summe
von 25 Thalern aus; für unsere leipziger Singakademie war diese Händelsache eine
gute Gelegenheit — zu schweigen, womit sie allerdings nur ihrer Gewohn¬
heit consequent getreu blieb. Das Concert des Riedelschen Vereins zum Besten
des Monumentes war, im Gegensatz zu den sonst überfüllten, allerdings un¬
entgeltlichen Aufführungen, verhnltnißmäßig schwach besucht — die streng¬
classische Geschmacksrichtung unseres Publicums wird doch nicht etwa an dein,
sür diesen Fall zu zahlenden Euer6e gescheitert sein, oder ist Händel vielleicht
noch nicht durch die leipziger Concertdirection anerkannt? Und doch ist Leipzig
der Sitz der Bach- und Händelgesellschaft. Die verhültnißmäßig größten Bei¬
träge sind im Durchschnitt aus kleinen Städten gekommen; sonst keineswegs
musikalisch hervorragende Orte haben sich, wie aus der Aufzählung derselben
zu ersehen, theilnahmvoll gezeigt.
Wahrhaft glänzend erscheint aber die Thätigkeit von Robert Franz und
seiner halleschen Singakademie — nicht nur in Beziehung zur Monumcnt-
angelegenheit, sondern überhaupt zur ganzen Rückberufung Händels in seine
deutsche Heimath. Denn es galt nicht nur Herbeischaffung von Geldmitteln,
um das Monument hinzustellen, sondern vor allen Dingen durfte der seiner
Vaterstadt so ziemlich ein Fremdling gewordene Meister nicht als ein solcher
dahin zurückkehren; seine Bildsäule durste nicht eine Stelle aus dem Markte
einnehmen, ohne daß seiner Kunst ein sicherer Boden im Geist und Herzen
des Volkes bereitet wäre. Seit fünf Jahren hielten Franz und der Verein
diese Aufgabe fest im Auge; in jedem Jahre wurden'mehre theils öffentliche,
theils auf den Kreis der Vereinsmitglieder beschränkte Aufführungen Händel-
scher Werke veranstaltet. So kamen nach und nach die Oratorien Samsö"
(dreimal), Messias (zweimal), Judas Maccabäus, Jephtha, Israel, Bruchstücke
aus der Athalia und aus der Passion u. s. w. zur Darstellung. Der Haupt¬
zweck dieser Bemühungen ist nun erreicht: das Denkmal steht fertig da, der
Tonmeister lebt wieder auf heimischem Boden; seine Kunst hat einen den Ver¬
hältnissen des Ortes angemessenen Vcrehrerkreis gewonnen, der bei größeren
Aufführungen stets durch Auswärtige erweitert wurde. Gewiß ist damit aber
die Sache nicht abgethan, sondern es liegt wol in der Idee des Vereines,
diese Aufführungen auch fernerhur ihren Fortgang nehmen zu lassen, und so
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