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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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sich alsbald so viel Dirnen und Jungen zum Troß, als Soldaten waren, und
der Troß stahl in acht Tagen den Unterthanen ihres Kriegsherrn so viel Pferde,
daß beinahe jeder Soldat beritten war. Der Oberst, ein tüchtiger Mann,
Nß oft die Soldaten selbst von den Pferden und zwang'fie endlich durch die
äußerste Strenge, ihre Pferde zurückzugeben. Es war aber unmöglich, den
Dirnen das Reiten zu wehren; da war keine, die nicht ein gestohlenes Pferd
Schabe Hütte, und wenn sie nicht ritten, so spannten drei, vier zusammen vor
^man Bauerkarren.*) Dann reichte die Autorität ihres Weibels nicht aus,
sie zu bändigen, und es war zuweilen eine "Komödie" für die Offiziere.
Zuzusehen, wie eine Dirne der andern vorfahren wollte, sie jagten beieinander
vorbei und fuhren einander in die Wagen; vierzig bis fünfzig Wagen hingen
in wirrem Knäuel, und stundenlange Arbeit war nöthig, sie auseinanderzu¬
bringen, dazu scholl lautes Fluchen und Schwören, Haarraufen und Schlagen.

Die Weiber, Buben und Troßkncchte standen zusammen unter der Auf¬
sicht des Hurenweibels, eines alten für den Felddienst untüchtigen Kriegsmannes,
det sich ohne sonderliche Wahl durchzuhelfen suchte. Wer ein Bein, eine Hand,
"der ern Auge verlor, den erklärte der rohe Spott des Lagers für brauchbar
W diesen, Amt. Wenn der Oberst oder Hauptmann ihn bei der Musterung
den Kriegsleuten vorstellte, so ermahnte er die Soldaten, den Mann doch zu
Achten, weil er mit Ehren verdorben sei. Und der Hurenweibel verneigte sich
und empfahl sich den Kriegsleuten, und bat sie, jeder möge sein Weib. Kind
"der Jungen ernähren, daß sie sich von ihm lenken ließen ohne Trotz, und
"hre seine Schelte übel zu nehmen. Er war doch für den gemeinen Soldaten
eine wichtige Person, und es war rathsam, sich gut mit ihm zu stellen; denn
er behütete die Angehörigen und die Beute des Kriegsmannes und deshalb
^art sein Zug, wenn er' am Ende des Heeres marschirte, durch besondere
Nachhut gedeckt. War ihm der Troß eines ganzen Regiments untergeben, so
hatte er wol noch gar einen Lieutenant und Fähnrich: denn auf dem Marsch
führte der Troß eine besondere Fahne, und zog in militärischer Ordnung.
Troßknechte. Buben und Handfeste Weiber mit Spießen bewehrt, der Weibel
selbst an der Spitze, die hübschesten Dirnen in seiner Nähe, sie vor Ungebühr
der Buben zu schützen, hinter ihm der verdorbene Hause mit Gepäck und Kar-
"n, mit Kindern und Hunden. Seine Pflicht war zu achten, daß die Bande
W den Reihen blieb und sich nicht plündernd wie "Zigeuner oder Tartern", in
den Dörfern zerstreute. Bezog das Heer seinen Lagerplatz, so war er der
^tzte, der einrückte; denn wenn die Dirnen und Buben vor den Kriegsleuten
eindrangen, stahlen sie den angefahrenen Lagervorrath: Heu, Stroh, Holz,
^eim Aufbruch zog er vor das Thor, hielt jeden an, der zum Troß gehörte



*) ^V>IIKg,u8SQ, vsksiisio Mois.<z x, 177.
Grenzboten HL 1SS9.18

sich alsbald so viel Dirnen und Jungen zum Troß, als Soldaten waren, und
der Troß stahl in acht Tagen den Unterthanen ihres Kriegsherrn so viel Pferde,
daß beinahe jeder Soldat beritten war. Der Oberst, ein tüchtiger Mann,
Nß oft die Soldaten selbst von den Pferden und zwang'fie endlich durch die
äußerste Strenge, ihre Pferde zurückzugeben. Es war aber unmöglich, den
Dirnen das Reiten zu wehren; da war keine, die nicht ein gestohlenes Pferd
Schabe Hütte, und wenn sie nicht ritten, so spannten drei, vier zusammen vor
^man Bauerkarren.*) Dann reichte die Autorität ihres Weibels nicht aus,
sie zu bändigen, und es war zuweilen eine „Komödie" für die Offiziere.
Zuzusehen, wie eine Dirne der andern vorfahren wollte, sie jagten beieinander
vorbei und fuhren einander in die Wagen; vierzig bis fünfzig Wagen hingen
in wirrem Knäuel, und stundenlange Arbeit war nöthig, sie auseinanderzu¬
bringen, dazu scholl lautes Fluchen und Schwören, Haarraufen und Schlagen.

Die Weiber, Buben und Troßkncchte standen zusammen unter der Auf¬
sicht des Hurenweibels, eines alten für den Felddienst untüchtigen Kriegsmannes,
det sich ohne sonderliche Wahl durchzuhelfen suchte. Wer ein Bein, eine Hand,
"der ern Auge verlor, den erklärte der rohe Spott des Lagers für brauchbar
W diesen, Amt. Wenn der Oberst oder Hauptmann ihn bei der Musterung
den Kriegsleuten vorstellte, so ermahnte er die Soldaten, den Mann doch zu
Achten, weil er mit Ehren verdorben sei. Und der Hurenweibel verneigte sich
und empfahl sich den Kriegsleuten, und bat sie, jeder möge sein Weib. Kind
"der Jungen ernähren, daß sie sich von ihm lenken ließen ohne Trotz, und
"hre seine Schelte übel zu nehmen. Er war doch für den gemeinen Soldaten
eine wichtige Person, und es war rathsam, sich gut mit ihm zu stellen; denn
er behütete die Angehörigen und die Beute des Kriegsmannes und deshalb
^art sein Zug, wenn er' am Ende des Heeres marschirte, durch besondere
Nachhut gedeckt. War ihm der Troß eines ganzen Regiments untergeben, so
hatte er wol noch gar einen Lieutenant und Fähnrich: denn auf dem Marsch
führte der Troß eine besondere Fahne, und zog in militärischer Ordnung.
Troßknechte. Buben und Handfeste Weiber mit Spießen bewehrt, der Weibel
selbst an der Spitze, die hübschesten Dirnen in seiner Nähe, sie vor Ungebühr
der Buben zu schützen, hinter ihm der verdorbene Hause mit Gepäck und Kar-
"n, mit Kindern und Hunden. Seine Pflicht war zu achten, daß die Bande
W den Reihen blieb und sich nicht plündernd wie „Zigeuner oder Tartern", in
den Dörfern zerstreute. Bezog das Heer seinen Lagerplatz, so war er der
^tzte, der einrückte; denn wenn die Dirnen und Buben vor den Kriegsleuten
eindrangen, stahlen sie den angefahrenen Lagervorrath: Heu, Stroh, Holz,
^eim Aufbruch zog er vor das Thor, hielt jeden an, der zum Troß gehörte



*) ^V>IIKg,u8SQ, vsksiisio Mois.<z x, 177.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/151>, abgerufen am 29.12.2024.