Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.das Hauptvergnügen des Paares, Uebrigens beschränkten sich die Possen nicht Mit der Zeit nahm Katharina eine selbstständigere Stellung ein; seit Statt dieser Staatsangelegenheiten lieber noch eine anmuthige Geschichte das Hauptvergnügen des Paares, Uebrigens beschränkten sich die Possen nicht Mit der Zeit nahm Katharina eine selbstständigere Stellung ein; seit Statt dieser Staatsangelegenheiten lieber noch eine anmuthige Geschichte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0086" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107133"/> <p xml:id="ID_227" prev="#ID_226"> das Hauptvergnügen des Paares, Uebrigens beschränkten sich die Possen nicht<lb/> auf die Großfürstin; Ihre Majestät gab nicht selten Bälle, wo die Herren<lb/> als Damen, die Damen als Cavaliere erscheinen mußten: sie war die einzige,<lb/> die in der Herrenkleidung stattlich aussah.</p><lb/> <p xml:id="ID_228"> Mit der Zeit nahm Katharina eine selbstständigere Stellung ein; seit<lb/> 1752 nahm sie ihrem Gemahl die holsteinischen Regierungssorgen ab; Hof-<lb/> leute, die gegen sie intriguirten. belehrte sie durch derbe Ohrfeigen; sie bil¬<lb/> dete sich einen eignen Hofstaat und nahm endlich auch einen anerkannten<lb/> Günstling, Sergius Soltikoff. „Er war schon wie der Tag und niemand<lb/> kam ihm gleich." „Ich widerstand ihm während des Frühlings und eines<lb/> Theils des Sommers." „Eines Tages kam mir der Gedanke, mich seiner zu<lb/> entledigen, indem ich ihm sagte: vielleicht ist mein Herz schon von einem<lb/> andern erobert! Doch ich bemerkte, daß diese Worte, statt ihn zu entmuthigen,<lb/> seinen Bewerbungen nur eine heißere Leidenschaft einflößten. Von meinem<lb/> lieben Gemahl war bei allen diesen Vorgängen nicht die Rede." Einmals,<lb/> als sie ihn „aufmerksamer als gewöhnlich anhörte," drang er in sie. sie solle<lb/> ihm wenigstens gestatten zu glauben, daß er ihr nicht gleichgiltig sei. „Ich<lb/> erwiderte, ich könne ihn nicht hindern, sich seinen Phantasien hinzugeben."<lb/> Die Intrigue wurde diesmal vom Hof begünstigt. — Was weiter folgt, mag<lb/> man doch lieber im Buche selbst nachlesen. Die Oberhofmeisterin, die das<lb/> Verhältniß vermittelt, behauptete, das Reich sei ihr zu großem Dank verpflichtet.</p><lb/> <p xml:id="ID_229" next="#ID_230"> Statt dieser Staatsangelegenheiten lieber noch eine anmuthige Geschichte<lb/> von Peter (1753). Der Großfürst hielt sich meist in seinen Zimmern auf.,<lb/> wo ihn einer seiner Kammerdiener nach Kräften unterhielt, indem er ihm<lb/> Spielsachen und starke Getränke brachte. Während dieser Bachanalien vergaß<lb/> man oft. daß er der Großfürst sei. „Dann nahm S. kais. Hoheit zu Stockschlägen<lb/> und flachen Säbelhieben seine Zuflucht, — aber trotzdem gehorchte ihm die<lb/> Genossenschaft schlecht und mehr als einmal beklagte er sich über seine Leute<lb/> bei mir und bat mich, sie zur Vernunft zu bringen. Ich ging darauf in sein<lb/> Zimmer, schalt sie, erinnerte sie an ihre Pflichten und brachte sie sofort zum<lb/> Gehorsam — so daß der Großfürst wiederholt gegen mich äußerte und auch<lb/> gegen Brefson wiederholte, er wisse nicht, was ich mit seinen Leuten mache;<lb/> er selbst Schelte sie und könne sie nicht zum Gehorsam bringen und ich erlange<lb/> von ihnen alles mit einem Worte. Als ich eines Tages zu demselben<lb/> Zweck das Zimmer S. kais. Hoheit betrat, fiel mein Blick auf eine todte<lb/> Ratte, die er mit dem ganzen Apparat einer Hinrichtung in der Mitte<lb/> eines durch eine Breterwand gebildeten Cabinets hatte aufhängen lassen.<lb/> Ich fragte, was dies bedeute, worauf er erwiderte, diese Ratte habe<lb/> eine verbrecherische Handlung begangen, welche nach den Kriegsgeschcn<lb/> mit Hinrichtung bestraft werde. Sie sei über die Wälle einer Festung von</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0086]
das Hauptvergnügen des Paares, Uebrigens beschränkten sich die Possen nicht
auf die Großfürstin; Ihre Majestät gab nicht selten Bälle, wo die Herren
als Damen, die Damen als Cavaliere erscheinen mußten: sie war die einzige,
die in der Herrenkleidung stattlich aussah.
Mit der Zeit nahm Katharina eine selbstständigere Stellung ein; seit
1752 nahm sie ihrem Gemahl die holsteinischen Regierungssorgen ab; Hof-
leute, die gegen sie intriguirten. belehrte sie durch derbe Ohrfeigen; sie bil¬
dete sich einen eignen Hofstaat und nahm endlich auch einen anerkannten
Günstling, Sergius Soltikoff. „Er war schon wie der Tag und niemand
kam ihm gleich." „Ich widerstand ihm während des Frühlings und eines
Theils des Sommers." „Eines Tages kam mir der Gedanke, mich seiner zu
entledigen, indem ich ihm sagte: vielleicht ist mein Herz schon von einem
andern erobert! Doch ich bemerkte, daß diese Worte, statt ihn zu entmuthigen,
seinen Bewerbungen nur eine heißere Leidenschaft einflößten. Von meinem
lieben Gemahl war bei allen diesen Vorgängen nicht die Rede." Einmals,
als sie ihn „aufmerksamer als gewöhnlich anhörte," drang er in sie. sie solle
ihm wenigstens gestatten zu glauben, daß er ihr nicht gleichgiltig sei. „Ich
erwiderte, ich könne ihn nicht hindern, sich seinen Phantasien hinzugeben."
Die Intrigue wurde diesmal vom Hof begünstigt. — Was weiter folgt, mag
man doch lieber im Buche selbst nachlesen. Die Oberhofmeisterin, die das
Verhältniß vermittelt, behauptete, das Reich sei ihr zu großem Dank verpflichtet.
Statt dieser Staatsangelegenheiten lieber noch eine anmuthige Geschichte
von Peter (1753). Der Großfürst hielt sich meist in seinen Zimmern auf.,
wo ihn einer seiner Kammerdiener nach Kräften unterhielt, indem er ihm
Spielsachen und starke Getränke brachte. Während dieser Bachanalien vergaß
man oft. daß er der Großfürst sei. „Dann nahm S. kais. Hoheit zu Stockschlägen
und flachen Säbelhieben seine Zuflucht, — aber trotzdem gehorchte ihm die
Genossenschaft schlecht und mehr als einmal beklagte er sich über seine Leute
bei mir und bat mich, sie zur Vernunft zu bringen. Ich ging darauf in sein
Zimmer, schalt sie, erinnerte sie an ihre Pflichten und brachte sie sofort zum
Gehorsam — so daß der Großfürst wiederholt gegen mich äußerte und auch
gegen Brefson wiederholte, er wisse nicht, was ich mit seinen Leuten mache;
er selbst Schelte sie und könne sie nicht zum Gehorsam bringen und ich erlange
von ihnen alles mit einem Worte. Als ich eines Tages zu demselben
Zweck das Zimmer S. kais. Hoheit betrat, fiel mein Blick auf eine todte
Ratte, die er mit dem ganzen Apparat einer Hinrichtung in der Mitte
eines durch eine Breterwand gebildeten Cabinets hatte aufhängen lassen.
Ich fragte, was dies bedeute, worauf er erwiderte, diese Ratte habe
eine verbrecherische Handlung begangen, welche nach den Kriegsgeschcn
mit Hinrichtung bestraft werde. Sie sei über die Wälle einer Festung von
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