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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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schuld war. welcher den von ihm hergeführten Japanesen nicht gestattet hatte,
mit ihren Landsleuten zu sprechen und ihnen den Grund des Besuchs an¬
zugeben. Der Morrison begab sich nach diesem unfreundlichen Empfang nach
der Bucht von Kangosima. wo man zunächst ein Boot nach der Stadt schickte,
um anzuzeigen, weshalb man gekommen. Ein hoher Beamter kam darauf
an Bord. Die schiffbrüchigen Japanesen wurden ihm vorgestellt, worauf er
den Capitän benachrichtigte, daß man zwar Maßregeln getroffen, sein Fahr¬
zeug in den Grund zu bohren, daß er indeß, da ihre Angaben befriedigend
schienen, einen Aufschub der Feindseligkeiten anordnen wolle, um sich von sei¬
nen Vorgesetzten Verhaltungsbefehle einholen zu können. Inzwischen könnte
er niemand -- auch den Japanesen nicht -- die Landung erlauben. Man
hoffte an Bord auf einen günstigen Bescheid. Allein am nächsten Tage
stellten sich Truppen am Ufer auf und begannen ein Kleingewehr- und
Geschützfeuer, welches das Schiff zur Abfahrt nöthigte. Man kehrte nach
Makao zurück, ohne die Schiffbrüchigen den Ihrigen wiedergegeben zu
haben.

1845 drang die britische Fregatte Samarang in den Hafen von Nanga-
saki ein, die zum Zweck von Vermessungen und astronomischen Beobachtungen
diese Meere befuhr. Gegen ein so großes Schiff wagte man keine offne
Feindseligkeit. Indeß bemühten sich die japanesischen Behörden nach Kräften,
die Engländer vom Lande fern zu halten. Als das Schiff sich näherte,
wurde es mit Wachtbooten umstellt, und dem Capitän ein Brief übergeben,
der ihm untersagte in einer Rhede einzulaufen, bevor das Fahrzeug von den
Hafenbeamten untersucht worden. Mit großer Mühe erlangte man die Er¬
laubniß, zum Zweck astronomischer Beobachtungen an das Land zu gehen,
und es wurden dazu nur zwei Tage zugestanden. Die Japanesen benahmen
sich übrigens sehr artig und versorgten das Schiff reichlich mit Lebensmitteln.

In demselben Jahr fischte ein amerikanischer Walfischfahrer zwischen
den nördlichen Inseln Japans dreiundzwanzig Japanesen aus, welche auf
den Trümmern einer Dschonke herumschwammen, und brachte sie nach der
Bucht von Jeddo. Sofort sah der Capitän sein Schiff von vierhundert Booten
umgeben, welche dasselbe bis zur Stadt Odawarra bugsirten. Hier hieß man
ihn Anker werfen und nahm ihm die Kanonen weg. that ihm aber sonst
nichts zu Leide. Nach drei Tagen kam ein kaiserlicher Befehl an. in welchem
es hieß, es sei zwar gegen die Gesetze des Landes, schiffbrüchige Japanesen
in andern als holländischen oder chinesischen Schiffen heimzubringen, da er
wdeß dieses Gesetz nicht gekannt zu haben scheine, so wolle man ihn in Frie¬
den ziehen lassen, er möge sich aber damit beeilen. Man versah dann den
Capitän mit Wasser und Lebensmitteln, gab ihm seine Kanonen wieder, und
nun wurde das Schiff von einer anderthalb Meilen langen Flotte von


schuld war. welcher den von ihm hergeführten Japanesen nicht gestattet hatte,
mit ihren Landsleuten zu sprechen und ihnen den Grund des Besuchs an¬
zugeben. Der Morrison begab sich nach diesem unfreundlichen Empfang nach
der Bucht von Kangosima. wo man zunächst ein Boot nach der Stadt schickte,
um anzuzeigen, weshalb man gekommen. Ein hoher Beamter kam darauf
an Bord. Die schiffbrüchigen Japanesen wurden ihm vorgestellt, worauf er
den Capitän benachrichtigte, daß man zwar Maßregeln getroffen, sein Fahr¬
zeug in den Grund zu bohren, daß er indeß, da ihre Angaben befriedigend
schienen, einen Aufschub der Feindseligkeiten anordnen wolle, um sich von sei¬
nen Vorgesetzten Verhaltungsbefehle einholen zu können. Inzwischen könnte
er niemand — auch den Japanesen nicht — die Landung erlauben. Man
hoffte an Bord auf einen günstigen Bescheid. Allein am nächsten Tage
stellten sich Truppen am Ufer auf und begannen ein Kleingewehr- und
Geschützfeuer, welches das Schiff zur Abfahrt nöthigte. Man kehrte nach
Makao zurück, ohne die Schiffbrüchigen den Ihrigen wiedergegeben zu
haben.

1845 drang die britische Fregatte Samarang in den Hafen von Nanga-
saki ein, die zum Zweck von Vermessungen und astronomischen Beobachtungen
diese Meere befuhr. Gegen ein so großes Schiff wagte man keine offne
Feindseligkeit. Indeß bemühten sich die japanesischen Behörden nach Kräften,
die Engländer vom Lande fern zu halten. Als das Schiff sich näherte,
wurde es mit Wachtbooten umstellt, und dem Capitän ein Brief übergeben,
der ihm untersagte in einer Rhede einzulaufen, bevor das Fahrzeug von den
Hafenbeamten untersucht worden. Mit großer Mühe erlangte man die Er¬
laubniß, zum Zweck astronomischer Beobachtungen an das Land zu gehen,
und es wurden dazu nur zwei Tage zugestanden. Die Japanesen benahmen
sich übrigens sehr artig und versorgten das Schiff reichlich mit Lebensmitteln.

In demselben Jahr fischte ein amerikanischer Walfischfahrer zwischen
den nördlichen Inseln Japans dreiundzwanzig Japanesen aus, welche auf
den Trümmern einer Dschonke herumschwammen, und brachte sie nach der
Bucht von Jeddo. Sofort sah der Capitän sein Schiff von vierhundert Booten
umgeben, welche dasselbe bis zur Stadt Odawarra bugsirten. Hier hieß man
ihn Anker werfen und nahm ihm die Kanonen weg. that ihm aber sonst
nichts zu Leide. Nach drei Tagen kam ein kaiserlicher Befehl an. in welchem
es hieß, es sei zwar gegen die Gesetze des Landes, schiffbrüchige Japanesen
in andern als holländischen oder chinesischen Schiffen heimzubringen, da er
wdeß dieses Gesetz nicht gekannt zu haben scheine, so wolle man ihn in Frie¬
den ziehen lassen, er möge sich aber damit beeilen. Man versah dann den
Capitän mit Wasser und Lebensmitteln, gab ihm seine Kanonen wieder, und
nun wurde das Schiff von einer anderthalb Meilen langen Flotte von


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[0061] schuld war. welcher den von ihm hergeführten Japanesen nicht gestattet hatte, mit ihren Landsleuten zu sprechen und ihnen den Grund des Besuchs an¬ zugeben. Der Morrison begab sich nach diesem unfreundlichen Empfang nach der Bucht von Kangosima. wo man zunächst ein Boot nach der Stadt schickte, um anzuzeigen, weshalb man gekommen. Ein hoher Beamter kam darauf an Bord. Die schiffbrüchigen Japanesen wurden ihm vorgestellt, worauf er den Capitän benachrichtigte, daß man zwar Maßregeln getroffen, sein Fahr¬ zeug in den Grund zu bohren, daß er indeß, da ihre Angaben befriedigend schienen, einen Aufschub der Feindseligkeiten anordnen wolle, um sich von sei¬ nen Vorgesetzten Verhaltungsbefehle einholen zu können. Inzwischen könnte er niemand — auch den Japanesen nicht — die Landung erlauben. Man hoffte an Bord auf einen günstigen Bescheid. Allein am nächsten Tage stellten sich Truppen am Ufer auf und begannen ein Kleingewehr- und Geschützfeuer, welches das Schiff zur Abfahrt nöthigte. Man kehrte nach Makao zurück, ohne die Schiffbrüchigen den Ihrigen wiedergegeben zu haben. 1845 drang die britische Fregatte Samarang in den Hafen von Nanga- saki ein, die zum Zweck von Vermessungen und astronomischen Beobachtungen diese Meere befuhr. Gegen ein so großes Schiff wagte man keine offne Feindseligkeit. Indeß bemühten sich die japanesischen Behörden nach Kräften, die Engländer vom Lande fern zu halten. Als das Schiff sich näherte, wurde es mit Wachtbooten umstellt, und dem Capitän ein Brief übergeben, der ihm untersagte in einer Rhede einzulaufen, bevor das Fahrzeug von den Hafenbeamten untersucht worden. Mit großer Mühe erlangte man die Er¬ laubniß, zum Zweck astronomischer Beobachtungen an das Land zu gehen, und es wurden dazu nur zwei Tage zugestanden. Die Japanesen benahmen sich übrigens sehr artig und versorgten das Schiff reichlich mit Lebensmitteln. In demselben Jahr fischte ein amerikanischer Walfischfahrer zwischen den nördlichen Inseln Japans dreiundzwanzig Japanesen aus, welche auf den Trümmern einer Dschonke herumschwammen, und brachte sie nach der Bucht von Jeddo. Sofort sah der Capitän sein Schiff von vierhundert Booten umgeben, welche dasselbe bis zur Stadt Odawarra bugsirten. Hier hieß man ihn Anker werfen und nahm ihm die Kanonen weg. that ihm aber sonst nichts zu Leide. Nach drei Tagen kam ein kaiserlicher Befehl an. in welchem es hieß, es sei zwar gegen die Gesetze des Landes, schiffbrüchige Japanesen in andern als holländischen oder chinesischen Schiffen heimzubringen, da er wdeß dieses Gesetz nicht gekannt zu haben scheine, so wolle man ihn in Frie¬ den ziehen lassen, er möge sich aber damit beeilen. Man versah dann den Capitän mit Wasser und Lebensmitteln, gab ihm seine Kanonen wieder, und nun wurde das Schiff von einer anderthalb Meilen langen Flotte von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/61>, abgerufen am 22.12.2024.