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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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lente der Portugiesen waren entschiedene Feinde des Landes. Jene wirkten
für den Papst, diese für den König von Portugal. Hätte man die Eindring¬
linge nicht vertrieben, die von den Priestern bekehrten Eingebornen nicht zur
Verleugnung ihres Glaubens genöthigt, die zugleich eine Verleugnung ihres
Zusammenhangs mit der Macht Roms war, so wäre eine stete Quelle von
innern Wirren geblieben, mit dem Wachsthum des Christenthums wäre die
Kühnheit seiner Priester gewachsen, und sobald die Christen die Mehrzahl im
Lande gebildet hätten, würden sie ebenso intolerant gegen das Heidenthum
verfahren sein, als dieses gegen sie war. Wenn man sie hinrichtete oder ver¬
bannte, so spielte man ihnen nur das Prävenire, und die Geschichte hat sich
in Hinblick auf die Blutarbeit der Inquisition, die auch hier drohte, dazu nur
Glück zu wünschen. Fast ein Jahrhundert lang von jetzt an sah Japan an
seiner Küste nur die Flagge Hollands. Da begannen zu Anfang des 18. Jahr¬
hunderts die Nüssen ihre Fahrten hierhin auszudehnen. 1713 betraten sie eine
der zu Japan gehörigen Inseln der Kurilcngruppe. 1736 besuchten sie die
südlichen Kurilen, 1787 stellte Lapeyrouse in den japanischen Meeren seine Be¬
obachtungen an. Bald nachher versuchte das englische Schiff Argonaut, welches
im Dienste der nordamerikanischen Pelzhändlergesellschaft fuhr, auf der West¬
küste von Nipon Handelsverbindungen anzuknüpfen, wurde jedoch zurückgewiesen.
1792 unternahm die russische Regierung eine Expedition nach Japan, um sich
mit dem Siogun in diplomatischen Verkehr zu setzen und wo möglich im Lande
Fuß zu fassen. Zehn Jahre vorher hatte eine japanesische Dschonke im Meer von
Ochotsk Schiffbruch gelitten, die Russen hatten die Mannschaft gerettet und
sie nach Jrkutsk gebracht, wo sie blieben, bis 1792 Katharina die Zweite den
Befehl gab, sie in ihre Heimath zurückzuführen und sie von einem russischen
Gesandten begleiten zu lassen. Das Schiff, das sie trug, landete im Hafen
von Hakodadi, von wo sich der Gesandte mit seinen japanesischen Begleitern
nach Matsmai begab. Hier wurde er zwar mit großer Artigkeit empfangen,
ihm aber zugleich bemerkt, daß er die Reichsgesetze verletzt, welche Fremden
nur die Einfahrt in den Hafen von Nangasaki gestatteten, und daß er infolge
dessen eigentlich mit ewiger Gesangenschaft zu bestrafen sei. Indeß wolle man
auf seine gute Absicht und seine Unkenntnis; der Gesetze Rücksicht nehmen. So
entließ man ihn mit reichen Geschenken und versah überdies sein Fahrzeug
unentgeltlich mit Lebensmitteln. 1804 wiederholten die Russen ihren Besuch,
indem sie wieder mehre schiffbrüchige Japanesen zurückbrachten. Sie landeten
diesmal in Nangasaki, aber auch jetzt gelang es nicht, die Aufträge, welche
der Gesandte hatte, durchzusetzen. Schon vor der Landung erhob sich Streit.
Die japanesischen Behörden forderten die Kanonen so wie die Munition des
Schiffes und verlangten, daß die Fremden sich vor ihnen als Vertretern Sr.
Majestät des Mikado zur Erde würfen. Die Russen lehnten beides ab, und


lente der Portugiesen waren entschiedene Feinde des Landes. Jene wirkten
für den Papst, diese für den König von Portugal. Hätte man die Eindring¬
linge nicht vertrieben, die von den Priestern bekehrten Eingebornen nicht zur
Verleugnung ihres Glaubens genöthigt, die zugleich eine Verleugnung ihres
Zusammenhangs mit der Macht Roms war, so wäre eine stete Quelle von
innern Wirren geblieben, mit dem Wachsthum des Christenthums wäre die
Kühnheit seiner Priester gewachsen, und sobald die Christen die Mehrzahl im
Lande gebildet hätten, würden sie ebenso intolerant gegen das Heidenthum
verfahren sein, als dieses gegen sie war. Wenn man sie hinrichtete oder ver¬
bannte, so spielte man ihnen nur das Prävenire, und die Geschichte hat sich
in Hinblick auf die Blutarbeit der Inquisition, die auch hier drohte, dazu nur
Glück zu wünschen. Fast ein Jahrhundert lang von jetzt an sah Japan an
seiner Küste nur die Flagge Hollands. Da begannen zu Anfang des 18. Jahr¬
hunderts die Nüssen ihre Fahrten hierhin auszudehnen. 1713 betraten sie eine
der zu Japan gehörigen Inseln der Kurilcngruppe. 1736 besuchten sie die
südlichen Kurilen, 1787 stellte Lapeyrouse in den japanischen Meeren seine Be¬
obachtungen an. Bald nachher versuchte das englische Schiff Argonaut, welches
im Dienste der nordamerikanischen Pelzhändlergesellschaft fuhr, auf der West¬
küste von Nipon Handelsverbindungen anzuknüpfen, wurde jedoch zurückgewiesen.
1792 unternahm die russische Regierung eine Expedition nach Japan, um sich
mit dem Siogun in diplomatischen Verkehr zu setzen und wo möglich im Lande
Fuß zu fassen. Zehn Jahre vorher hatte eine japanesische Dschonke im Meer von
Ochotsk Schiffbruch gelitten, die Russen hatten die Mannschaft gerettet und
sie nach Jrkutsk gebracht, wo sie blieben, bis 1792 Katharina die Zweite den
Befehl gab, sie in ihre Heimath zurückzuführen und sie von einem russischen
Gesandten begleiten zu lassen. Das Schiff, das sie trug, landete im Hafen
von Hakodadi, von wo sich der Gesandte mit seinen japanesischen Begleitern
nach Matsmai begab. Hier wurde er zwar mit großer Artigkeit empfangen,
ihm aber zugleich bemerkt, daß er die Reichsgesetze verletzt, welche Fremden
nur die Einfahrt in den Hafen von Nangasaki gestatteten, und daß er infolge
dessen eigentlich mit ewiger Gesangenschaft zu bestrafen sei. Indeß wolle man
auf seine gute Absicht und seine Unkenntnis; der Gesetze Rücksicht nehmen. So
entließ man ihn mit reichen Geschenken und versah überdies sein Fahrzeug
unentgeltlich mit Lebensmitteln. 1804 wiederholten die Russen ihren Besuch,
indem sie wieder mehre schiffbrüchige Japanesen zurückbrachten. Sie landeten
diesmal in Nangasaki, aber auch jetzt gelang es nicht, die Aufträge, welche
der Gesandte hatte, durchzusetzen. Schon vor der Landung erhob sich Streit.
Die japanesischen Behörden forderten die Kanonen so wie die Munition des
Schiffes und verlangten, daß die Fremden sich vor ihnen als Vertretern Sr.
Majestät des Mikado zur Erde würfen. Die Russen lehnten beides ab, und


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[0056] lente der Portugiesen waren entschiedene Feinde des Landes. Jene wirkten für den Papst, diese für den König von Portugal. Hätte man die Eindring¬ linge nicht vertrieben, die von den Priestern bekehrten Eingebornen nicht zur Verleugnung ihres Glaubens genöthigt, die zugleich eine Verleugnung ihres Zusammenhangs mit der Macht Roms war, so wäre eine stete Quelle von innern Wirren geblieben, mit dem Wachsthum des Christenthums wäre die Kühnheit seiner Priester gewachsen, und sobald die Christen die Mehrzahl im Lande gebildet hätten, würden sie ebenso intolerant gegen das Heidenthum verfahren sein, als dieses gegen sie war. Wenn man sie hinrichtete oder ver¬ bannte, so spielte man ihnen nur das Prävenire, und die Geschichte hat sich in Hinblick auf die Blutarbeit der Inquisition, die auch hier drohte, dazu nur Glück zu wünschen. Fast ein Jahrhundert lang von jetzt an sah Japan an seiner Küste nur die Flagge Hollands. Da begannen zu Anfang des 18. Jahr¬ hunderts die Nüssen ihre Fahrten hierhin auszudehnen. 1713 betraten sie eine der zu Japan gehörigen Inseln der Kurilcngruppe. 1736 besuchten sie die südlichen Kurilen, 1787 stellte Lapeyrouse in den japanischen Meeren seine Be¬ obachtungen an. Bald nachher versuchte das englische Schiff Argonaut, welches im Dienste der nordamerikanischen Pelzhändlergesellschaft fuhr, auf der West¬ küste von Nipon Handelsverbindungen anzuknüpfen, wurde jedoch zurückgewiesen. 1792 unternahm die russische Regierung eine Expedition nach Japan, um sich mit dem Siogun in diplomatischen Verkehr zu setzen und wo möglich im Lande Fuß zu fassen. Zehn Jahre vorher hatte eine japanesische Dschonke im Meer von Ochotsk Schiffbruch gelitten, die Russen hatten die Mannschaft gerettet und sie nach Jrkutsk gebracht, wo sie blieben, bis 1792 Katharina die Zweite den Befehl gab, sie in ihre Heimath zurückzuführen und sie von einem russischen Gesandten begleiten zu lassen. Das Schiff, das sie trug, landete im Hafen von Hakodadi, von wo sich der Gesandte mit seinen japanesischen Begleitern nach Matsmai begab. Hier wurde er zwar mit großer Artigkeit empfangen, ihm aber zugleich bemerkt, daß er die Reichsgesetze verletzt, welche Fremden nur die Einfahrt in den Hafen von Nangasaki gestatteten, und daß er infolge dessen eigentlich mit ewiger Gesangenschaft zu bestrafen sei. Indeß wolle man auf seine gute Absicht und seine Unkenntnis; der Gesetze Rücksicht nehmen. So entließ man ihn mit reichen Geschenken und versah überdies sein Fahrzeug unentgeltlich mit Lebensmitteln. 1804 wiederholten die Russen ihren Besuch, indem sie wieder mehre schiffbrüchige Japanesen zurückbrachten. Sie landeten diesmal in Nangasaki, aber auch jetzt gelang es nicht, die Aufträge, welche der Gesandte hatte, durchzusetzen. Schon vor der Landung erhob sich Streit. Die japanesischen Behörden forderten die Kanonen so wie die Munition des Schiffes und verlangten, daß die Fremden sich vor ihnen als Vertretern Sr. Majestät des Mikado zur Erde würfen. Die Russen lehnten beides ab, und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/56>, abgerufen am 22.12.2024.