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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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von Kaufleuten ihr Bekehrungswerk fort. Dies wurde zuletzt bekannt, und
es erfolgte ein strengeres Edict, nach welchem vierzehn Jesuiten und zwei
Mönche auf dem Scheiterhaufen starben, alle übrigen Missionare das Land
verließen und die große Mehrzahl der japanischen Christen ihren Glauben
abschwor. 1622 versuchten die Spanier neue Priester einzuschmuggeln, und
die Folge war, daß ihnen für immer verboten wurde, den Boden Japans
zu betreten. Zwei Jahre später wurden alle Häfen des Reiches, Nangasaki
und Firato ausgenommen, den Flaggen fremder Nationen geschlossen. Nan-
gasaki sollte den Portugiesen, Firato den Holländern und den Engländern,
welche letztere sich mittlerweile ebenfalls Zutritt verschafft, offen stehen, wäh¬
rend die Chinesen in beiden Häfen Zutritt haben sollten.

Wenige Monate nach der Verordnung, die dies verfügte, brach ein großer
Aufstand gegen den Kaiser aus. Die Rebellen bedrohten, gegen 40,000 Mann
stark, Jeddo, wurden indeß geschlagen und zuletzt in der Festung Ximabara
nicht weit von Nangasaki, wo sie sich einige Wochen vertheidigt, sämmtlich
niedergehauen. Die Portugiesen wurden angeklagt, und zwar mit Recht,
dieser Empörung Vorschub geleistet zu haben, und so verbannte sie der Kaiser
1638 für alle Zeiten aus seinen Staaten und untersagte zugleich allen Japa¬
nesen bei Todesstrafe, das Reich zu verlassen. Die Portugiesen, nicht Wil¬
lens, ihre gewinnbringende Stellung in Japan ohne einen Versuch der Wieder¬
einsetzung in den vorigen Stand aufzugeben, schickten eine Gesandtschaft an
den Kaiser, um eine Abänderung zu erbitten. Die Mitglieder derselben wur¬
den jedoch bei ihrer Landung festgenommen und achtundvierzig von ihnen als
Uebertreter der Reichsgesetze gekreuzigt, die dreizehn übrigen schickte man nach
Makao zurück, um dort das Schicksal ihrer Gefährten zu melden und vor
weiteren Versuchen der Art zu warnen.

Die Holländer freuten sich der Verjagung ihrer Nebenbuhler, bei deren
Verfolgung sie mitgewirkt hatten.*) Sie wurden indeß schon 1641 schwer
drückenden Beschränkungen unterworfen, von Firato entfernt und auf die kleine
Insel Decima bei Nangasaki verwiesen; auch durften sie von jetzt an jährlich
nur ein einziges Schiff nach Japan senden, endlich mußten sie sich von jetzt
an jedes Jahr einer demüthigenden Ceremonie unterwerfen, die darin bestand,
daß man ihnen ein Crucifix und ein Bild der Jungfrau Maria vorlegte und
sie diese Gegenstünde mit Füßen treten ließ.

Von dieser Zeit an wurde Japan ruhig. Die Maßregeln, mit denen
Man das Christenthum ausrottete, waren unzweifelhaft hart und grausam,
aber nichts weniger als unbegründet. Die Missionäre sowol als die Kauf-



") Ximal'ara war hauptsächlich durch ihre Betheiligung an der Belagerung gefallen, in¬
dem Mynheer Kökcbecker. der damalige holländische Director der holländischen Factorei, die
Stadt bombardirte,

von Kaufleuten ihr Bekehrungswerk fort. Dies wurde zuletzt bekannt, und
es erfolgte ein strengeres Edict, nach welchem vierzehn Jesuiten und zwei
Mönche auf dem Scheiterhaufen starben, alle übrigen Missionare das Land
verließen und die große Mehrzahl der japanischen Christen ihren Glauben
abschwor. 1622 versuchten die Spanier neue Priester einzuschmuggeln, und
die Folge war, daß ihnen für immer verboten wurde, den Boden Japans
zu betreten. Zwei Jahre später wurden alle Häfen des Reiches, Nangasaki
und Firato ausgenommen, den Flaggen fremder Nationen geschlossen. Nan-
gasaki sollte den Portugiesen, Firato den Holländern und den Engländern,
welche letztere sich mittlerweile ebenfalls Zutritt verschafft, offen stehen, wäh¬
rend die Chinesen in beiden Häfen Zutritt haben sollten.

Wenige Monate nach der Verordnung, die dies verfügte, brach ein großer
Aufstand gegen den Kaiser aus. Die Rebellen bedrohten, gegen 40,000 Mann
stark, Jeddo, wurden indeß geschlagen und zuletzt in der Festung Ximabara
nicht weit von Nangasaki, wo sie sich einige Wochen vertheidigt, sämmtlich
niedergehauen. Die Portugiesen wurden angeklagt, und zwar mit Recht,
dieser Empörung Vorschub geleistet zu haben, und so verbannte sie der Kaiser
1638 für alle Zeiten aus seinen Staaten und untersagte zugleich allen Japa¬
nesen bei Todesstrafe, das Reich zu verlassen. Die Portugiesen, nicht Wil¬
lens, ihre gewinnbringende Stellung in Japan ohne einen Versuch der Wieder¬
einsetzung in den vorigen Stand aufzugeben, schickten eine Gesandtschaft an
den Kaiser, um eine Abänderung zu erbitten. Die Mitglieder derselben wur¬
den jedoch bei ihrer Landung festgenommen und achtundvierzig von ihnen als
Uebertreter der Reichsgesetze gekreuzigt, die dreizehn übrigen schickte man nach
Makao zurück, um dort das Schicksal ihrer Gefährten zu melden und vor
weiteren Versuchen der Art zu warnen.

Die Holländer freuten sich der Verjagung ihrer Nebenbuhler, bei deren
Verfolgung sie mitgewirkt hatten.*) Sie wurden indeß schon 1641 schwer
drückenden Beschränkungen unterworfen, von Firato entfernt und auf die kleine
Insel Decima bei Nangasaki verwiesen; auch durften sie von jetzt an jährlich
nur ein einziges Schiff nach Japan senden, endlich mußten sie sich von jetzt
an jedes Jahr einer demüthigenden Ceremonie unterwerfen, die darin bestand,
daß man ihnen ein Crucifix und ein Bild der Jungfrau Maria vorlegte und
sie diese Gegenstünde mit Füßen treten ließ.

Von dieser Zeit an wurde Japan ruhig. Die Maßregeln, mit denen
Man das Christenthum ausrottete, waren unzweifelhaft hart und grausam,
aber nichts weniger als unbegründet. Die Missionäre sowol als die Kauf-



") Ximal'ara war hauptsächlich durch ihre Betheiligung an der Belagerung gefallen, in¬
dem Mynheer Kökcbecker. der damalige holländische Director der holländischen Factorei, die
Stadt bombardirte,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/55>, abgerufen am 22.12.2024.