Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.Um solche Präliminarbedingungcn zu stellen, muß es doch aber erst sicher sein, Der Vertrag müßte dreierlei enthalten: 1) die dem Kaiser Napoleon vorzule¬ Alle "gutuntcrrichtctcn" Personen reden von dem wirklichen Abschluß eines Wir wollen von dem letzten Punkt hier nicht reden, da dessen Bestimmung den Aber die Hauptsache bleibt der erste Punkt, der, wie es scheint, von den bis¬ Um solche Präliminarbedingungcn zu stellen, muß es doch aber erst sicher sein, Der Vertrag müßte dreierlei enthalten: 1) die dem Kaiser Napoleon vorzule¬ Alle „gutuntcrrichtctcn" Personen reden von dem wirklichen Abschluß eines Wir wollen von dem letzten Punkt hier nicht reden, da dessen Bestimmung den Aber die Hauptsache bleibt der erste Punkt, der, wie es scheint, von den bis¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0524" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107571"/> <p xml:id="ID_1688"> Um solche Präliminarbedingungcn zu stellen, muß es doch aber erst sicher sein,<lb/> daß Oestreich damit einverstanden ist? — Denn wenn nun Napoleon Ja sagt, und<lb/> Oestreich Nein! welche Rolle soll dann Preußen spielen? Soll es die Armee wieder<lb/> auscinandcrschicken? oder gegen Oestreich marschiren?</p><lb/> <p xml:id="ID_1689"> Der Vertrag müßte dreierlei enthalten: 1) die dem Kaiser Napoleon vorzule¬<lb/> genden Friedensbedingungen; 2) militärische Maßregeln für den Kriegsfall; 3) Ver¬<lb/> trag über die an Frankreich zu stellenden Bedingungen im Fa.it eines erfolgreichen<lb/> Krieges.</p><lb/> <p xml:id="ID_1690"> Alle „gutuntcrrichtctcn" Personen reden von dem wirklichen Abschluß eines<lb/> Vertrags zwischen Oestreich und Preußen; und wir wünschten wol zu wissen, auf<lb/> welchen der drei Punkte sich dieser angebliche Vertrag beziehn soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_1691"> Wir wollen von dem letzten Punkt hier nicht reden, da dessen Bestimmung den<lb/> größten Bedenken unterliegt, und da er ohnehin nur in Frage kommt, wenn die<lb/> beiden andern erledigt sind. — Was den zweiten Punkt betrifft, so wurde vor einigen<lb/> Tagen versichert, es wäre bereits alles in Ordnung gebracht und Preußen sei die<lb/> militärische und diplomatische Leitung der Bundcsangelegenheitcn sür diesen bestimm¬<lb/> ten Fall übertragen worden. Abgesehn davon, daß es auch hier noch im Unklaren<lb/> blieb, ob unter Bundcsangclegenheiten nur diejenigen der Staaten außer Oestreich<lb/> zu verstehen seien, wodurch der früher projectirte engere Bund wenigstens für diesen<lb/> bestimmten Fall wirklich zu Stande gekommen wäre, oder die Angelegenheiten des<lb/> ganzen Bundesgebietes-, abgesehn davon, daß das militärische Obercommando<lb/> nur dann eine Realität ist, wenn es durch politische Einrichtungen garantirt ist: —<lb/> so hört man jetzt wiederum von gutuntcrrichtcter Seite starke Zweifel an dem wirk¬<lb/> lichen Abschluß eines solchen Bündnisses aussprechen; es tauchen wiederum Ideen<lb/> einer dritten, „rcindcutschcn", von Oestreich und von Preußen gesonderten<lb/> Bundcsmacht auf, und so scheint auch nach dieser Seite noch alles in Frage gestellt<lb/> zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1692" next="#ID_1693"> Aber die Hauptsache bleibt der erste Punkt, der, wie es scheint, von den bis¬<lb/> herigen Berichterstattern als unerheblich ganz Übergängen ist. Es wurde darüber<lb/> disputirt, ob Preußen bei dem von ihm in Antrag gestellten Frieden Oestreich die<lb/> Lombardei erhalten solle oder nicht. Aber uns will scheinen, als ob Oestreich auch<lb/> damit noch durchaus nicht befriedigt sein würde, ja nicht befriedigt fein könnte.<lb/> Sollen denn die legitimen Beherrscher von Toscana, Modena und Parma nicht<lb/> wieder eingesetzt werden? soll Oestreich sein vermeintliches Recht, um dessentwillen es<lb/> den Krieg begann, sein Recht, in diesen Fürstentümern jeden Augenblick zu inter-<lb/> veniren, jetzt plötzlich ohne weiteres aufgeben? Was liegt sür ein Grund vor? Die<lb/> Situation hat Oestreich bereits am 10. Januar übersehn können, als Lord Loftus<lb/> dem Baron Buol erklärte, es könne in der Behauptung dieses Rechts aus britische<lb/> Unterstützung nicht rechnen. Die stolze und sichere Antwort, die Oestreich damals<lb/> gab, würde jedenfalls wiederholt werden, wenn man ihm von bundcsvcrwand-<lb/> ter Seite ähnliche Zumuthungen stellte. Zwar sind die Umstände etwas ernster, es<lb/> hat am Tessin eine moralische Niederlage erlitten, in England ist eine ihm noch weni¬<lb/> ger günstige Regierung, Nußland hat sich mehr pronuncirt, die Zustände seiner eignen<lb/> Kasse machen immer seltsamere Maßregeln nöthig; aber noch steht es da in kräftiger,<lb/> militärischer Haltung, hinter Festungen wohl gesichert; es weiß, daß ihm Deutsch-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0524]
Um solche Präliminarbedingungcn zu stellen, muß es doch aber erst sicher sein,
daß Oestreich damit einverstanden ist? — Denn wenn nun Napoleon Ja sagt, und
Oestreich Nein! welche Rolle soll dann Preußen spielen? Soll es die Armee wieder
auscinandcrschicken? oder gegen Oestreich marschiren?
Der Vertrag müßte dreierlei enthalten: 1) die dem Kaiser Napoleon vorzule¬
genden Friedensbedingungen; 2) militärische Maßregeln für den Kriegsfall; 3) Ver¬
trag über die an Frankreich zu stellenden Bedingungen im Fa.it eines erfolgreichen
Krieges.
Alle „gutuntcrrichtctcn" Personen reden von dem wirklichen Abschluß eines
Vertrags zwischen Oestreich und Preußen; und wir wünschten wol zu wissen, auf
welchen der drei Punkte sich dieser angebliche Vertrag beziehn soll.
Wir wollen von dem letzten Punkt hier nicht reden, da dessen Bestimmung den
größten Bedenken unterliegt, und da er ohnehin nur in Frage kommt, wenn die
beiden andern erledigt sind. — Was den zweiten Punkt betrifft, so wurde vor einigen
Tagen versichert, es wäre bereits alles in Ordnung gebracht und Preußen sei die
militärische und diplomatische Leitung der Bundcsangelegenheitcn sür diesen bestimm¬
ten Fall übertragen worden. Abgesehn davon, daß es auch hier noch im Unklaren
blieb, ob unter Bundcsangclegenheiten nur diejenigen der Staaten außer Oestreich
zu verstehen seien, wodurch der früher projectirte engere Bund wenigstens für diesen
bestimmten Fall wirklich zu Stande gekommen wäre, oder die Angelegenheiten des
ganzen Bundesgebietes-, abgesehn davon, daß das militärische Obercommando
nur dann eine Realität ist, wenn es durch politische Einrichtungen garantirt ist: —
so hört man jetzt wiederum von gutuntcrrichtcter Seite starke Zweifel an dem wirk¬
lichen Abschluß eines solchen Bündnisses aussprechen; es tauchen wiederum Ideen
einer dritten, „rcindcutschcn", von Oestreich und von Preußen gesonderten
Bundcsmacht auf, und so scheint auch nach dieser Seite noch alles in Frage gestellt
zu sein.
Aber die Hauptsache bleibt der erste Punkt, der, wie es scheint, von den bis¬
herigen Berichterstattern als unerheblich ganz Übergängen ist. Es wurde darüber
disputirt, ob Preußen bei dem von ihm in Antrag gestellten Frieden Oestreich die
Lombardei erhalten solle oder nicht. Aber uns will scheinen, als ob Oestreich auch
damit noch durchaus nicht befriedigt sein würde, ja nicht befriedigt fein könnte.
Sollen denn die legitimen Beherrscher von Toscana, Modena und Parma nicht
wieder eingesetzt werden? soll Oestreich sein vermeintliches Recht, um dessentwillen es
den Krieg begann, sein Recht, in diesen Fürstentümern jeden Augenblick zu inter-
veniren, jetzt plötzlich ohne weiteres aufgeben? Was liegt sür ein Grund vor? Die
Situation hat Oestreich bereits am 10. Januar übersehn können, als Lord Loftus
dem Baron Buol erklärte, es könne in der Behauptung dieses Rechts aus britische
Unterstützung nicht rechnen. Die stolze und sichere Antwort, die Oestreich damals
gab, würde jedenfalls wiederholt werden, wenn man ihm von bundcsvcrwand-
ter Seite ähnliche Zumuthungen stellte. Zwar sind die Umstände etwas ernster, es
hat am Tessin eine moralische Niederlage erlitten, in England ist eine ihm noch weni¬
ger günstige Regierung, Nußland hat sich mehr pronuncirt, die Zustände seiner eignen
Kasse machen immer seltsamere Maßregeln nöthig; aber noch steht es da in kräftiger,
militärischer Haltung, hinter Festungen wohl gesichert; es weiß, daß ihm Deutsch-
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