Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.gehört, mit solcher meisterhaften Klarheit und in so lichtvoller Ordnung dar¬ Die Ausführung des Werks war sehr ungleich, weil Schiller während Das eigentliche Interesse des Werks beginnt und endet mit Wallenstein. gehört, mit solcher meisterhaften Klarheit und in so lichtvoller Ordnung dar¬ Die Ausführung des Werks war sehr ungleich, weil Schiller während Das eigentliche Interesse des Werks beginnt und endet mit Wallenstein. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0513" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107560"/> <p xml:id="ID_1605" prev="#ID_1604"> gehört, mit solcher meisterhaften Klarheit und in so lichtvoller Ordnung dar¬<lb/> gestellt, auch das unvermeidlich Trockene durch Reflexionen und Schilderungen<lb/> so kunstvoll und doch so natürlich durchflochten, daß Damen von einigem patrio¬<lb/> tischen Gefühl, und die nur immer würdig sind. Freundinnen, Weiber und<lb/> Mütter deutscher Männer zu sein, gewiß das ganze Buch mit gleicher Unter¬<lb/> haltung wie unser Geschlecht lesen werden. So soll es auch sein: der echte<lb/> Geschmack gefällt allen Geschlechtern und Altern; seine unveränderlichen Grund¬<lb/> sätze behaupten überall und immer ihre auf die Natur gegründeten Rechte;<lb/> und Hr. Schiller Hütte ohne einige Unbescheidenheit, ohne den geringsten Miß-<lb/> stand, sein herrliches Werk ebensowol einem Kalender für die Nation, als<lb/> einem Damenkalender einverleiben können."</p><lb/> <p xml:id="ID_1606"> Die Ausführung des Werks war sehr ungleich, weil Schiller während<lb/> derselben häufig durch Krankheit unterbrochen wurde. Im Ganzen ist die<lb/> Arbeit viel leichter als bei der niederländischen Geschichte, aber sie macht auch<lb/> viel geringere Ansprüche und gibt sich als das zu erkennen, was sie ist. Zu¬<lb/> erst hatte Schiller auch hier die Idee, das Ganze in Biographien zu zerbröckeln,<lb/> wie denn auch Maximilian von Baiern, Amalie von Hessen und Richelieu<lb/> wirklich ausgeführt wurden. Der Haß gegen das Priesterthum. welches sich<lb/> müht die Cultur zurückzuschrauben, ist ebenso lebhaft wie in dein vorigen Werk,<lb/> und wenn Schiller für den dogmatischen Inhalt der Reformation nicht das<lb/> mindeste Interesse zeigt, so saßt er ihre politische Bedeutung richtig auf,<lb/> und vertheidigt die Kirchentrennung, insofern sie gegen die politische Unter¬<lb/> drückung einen Damm aufrichtete. Vielleicht war es gut, daß seine Detail¬<lb/> studien nicht so weit gingen, ihm einen Einblick in die Misere der kleinen prote¬<lb/> stantischen Höfe zu geben, freilich fehlt es auch deshalb durchweg an concreter<lb/> Anschauung; von der entsetzlichen Zerrüttung jener Zeit erhält man keinen<lb/> Begriff, denn durch allgemeine Declamationen kann die Fülle anschaulicher<lb/> Thatsachen nicht ersetzt werden. Inzwischen hat er diesmal, wie er mit eini¬<lb/> gem Selbstgefühl bemerkt, die Thatsachen mit größerem Bedacht gruppirt und<lb/> sich dadurch manche Reflexion erspart, was ihm auch Körner mit Vergnügen<lb/> bestätigt. Einzelne Umstände sind wieder mit großem Blick richtig getroffen<lb/> z. B. der Wendepunkt in der Geschichte Gustav Adolphs, der sich zuletzt offen¬<lb/> bar in sehr bedenkliche und für Deutschland gefährliche Pläne einließ. Es<lb/> macht Schiller um so mehr Ehre, diesen Umstand scharf hervorgehoben zu<lb/> haben, da sonst sein Gefühl sich sehr warm sür diese einzig menschlich schöne<lb/> Erscheinung des entsetzlichen Krieges ausspricht. Auch hatte er damals den<lb/> Plan. Gustav Adolph in einem epischen Gedicht zu verherrlichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1607" next="#ID_1608"> Das eigentliche Interesse des Werks beginnt und endet mit Wallenstein.<lb/> Man sieht, daß er es schon als ein Vorstudium für das spätere Drama be¬<lb/> trachtete. In diesem letztern ist freilich seine Bildung merklich vorgeschritten:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0513]
gehört, mit solcher meisterhaften Klarheit und in so lichtvoller Ordnung dar¬
gestellt, auch das unvermeidlich Trockene durch Reflexionen und Schilderungen
so kunstvoll und doch so natürlich durchflochten, daß Damen von einigem patrio¬
tischen Gefühl, und die nur immer würdig sind. Freundinnen, Weiber und
Mütter deutscher Männer zu sein, gewiß das ganze Buch mit gleicher Unter¬
haltung wie unser Geschlecht lesen werden. So soll es auch sein: der echte
Geschmack gefällt allen Geschlechtern und Altern; seine unveränderlichen Grund¬
sätze behaupten überall und immer ihre auf die Natur gegründeten Rechte;
und Hr. Schiller Hütte ohne einige Unbescheidenheit, ohne den geringsten Miß-
stand, sein herrliches Werk ebensowol einem Kalender für die Nation, als
einem Damenkalender einverleiben können."
Die Ausführung des Werks war sehr ungleich, weil Schiller während
derselben häufig durch Krankheit unterbrochen wurde. Im Ganzen ist die
Arbeit viel leichter als bei der niederländischen Geschichte, aber sie macht auch
viel geringere Ansprüche und gibt sich als das zu erkennen, was sie ist. Zu¬
erst hatte Schiller auch hier die Idee, das Ganze in Biographien zu zerbröckeln,
wie denn auch Maximilian von Baiern, Amalie von Hessen und Richelieu
wirklich ausgeführt wurden. Der Haß gegen das Priesterthum. welches sich
müht die Cultur zurückzuschrauben, ist ebenso lebhaft wie in dein vorigen Werk,
und wenn Schiller für den dogmatischen Inhalt der Reformation nicht das
mindeste Interesse zeigt, so saßt er ihre politische Bedeutung richtig auf,
und vertheidigt die Kirchentrennung, insofern sie gegen die politische Unter¬
drückung einen Damm aufrichtete. Vielleicht war es gut, daß seine Detail¬
studien nicht so weit gingen, ihm einen Einblick in die Misere der kleinen prote¬
stantischen Höfe zu geben, freilich fehlt es auch deshalb durchweg an concreter
Anschauung; von der entsetzlichen Zerrüttung jener Zeit erhält man keinen
Begriff, denn durch allgemeine Declamationen kann die Fülle anschaulicher
Thatsachen nicht ersetzt werden. Inzwischen hat er diesmal, wie er mit eini¬
gem Selbstgefühl bemerkt, die Thatsachen mit größerem Bedacht gruppirt und
sich dadurch manche Reflexion erspart, was ihm auch Körner mit Vergnügen
bestätigt. Einzelne Umstände sind wieder mit großem Blick richtig getroffen
z. B. der Wendepunkt in der Geschichte Gustav Adolphs, der sich zuletzt offen¬
bar in sehr bedenkliche und für Deutschland gefährliche Pläne einließ. Es
macht Schiller um so mehr Ehre, diesen Umstand scharf hervorgehoben zu
haben, da sonst sein Gefühl sich sehr warm sür diese einzig menschlich schöne
Erscheinung des entsetzlichen Krieges ausspricht. Auch hatte er damals den
Plan. Gustav Adolph in einem epischen Gedicht zu verherrlichen.
Das eigentliche Interesse des Werks beginnt und endet mit Wallenstein.
Man sieht, daß er es schon als ein Vorstudium für das spätere Drama be¬
trachtete. In diesem letztern ist freilich seine Bildung merklich vorgeschritten:
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |