Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Giulay hatte, sobald er die Ankunft der ersten Franzosen zu Novara er¬
fuhr -- er scheint seine Nachrichten stets außerordentlich spät für einen mit
allen Mitteln der Erkundigung ausgerüsteten Obergeneral erhalten zu haben.
-- nichts Eiligeres zu thun, als den Rückzug ans östliche Ufer des Tessin an¬
zutreten. Das zweite, Liechtensteinsche Armeecorps begann ihn früh Morgens
am 2., ging über Vigevano und vereinigte sich bei Magenta mit dem ersten
Armeecorps, -- Clam Gallas -- welches erst im letzten Drittel des Mai von
Böhmen her auf der Eisenbahn Augsburg und München passirt hatte,
ebenso mittelst der Eisenbahn über Mailand nach Magenta vorgeschoben mit
einem Detachement den Brückenkopf bei S. Martino am rechten Tessinufer
besetzt, denselben aber sofort wieder aufgegeben und am 2. einige Bogen der
Tessinbrücke von Buffalora unvollkommen gesprengt hatte, um sich nun lediglich
am linken Ufer zu halten. Der Feldmarschalllieutenant Clam Gallas übernahm
vorläufig das Commando des vereinigten ersten und zweiten Corps.

Seine Hauptstellung nahm Clam Gallas bei Magenta. Die gesammte
Macht, über welche er gebot, kann man auf etwa 35,000 M. anschlagen.

Am Abend des 2. Juni gingen die Massen des siebenten und dritten Corps,
Zobel und Schwarzenberg, ans linke Ufer des Tessin zurück; ihr Befehl war
sich auf Abbiategrasso und Nosate zu concentriren. -- Eben dahin waren
das fünfte Corps, Stadion, über Pavia, das neunte, Schaafgottsche. und das
achte. Benedek, aus der Gegend zwischen Pavia und Piacenza beordert. Die Be¬
fehle an diese letzteren, am entferntesten stehenden Corps gingen sehr langsam.

Nach den Entfernungen, welche die Corps zurückzulegen hatten, um den
Concentrirungspunkt zu erreichen, konnte Giulay auf das erste, zweite, siebente
und dritte Corps etwa für den 4. Juni Morgens, auf das fünfte Corps für
den 4. Abends, auf das neunte Corps für den 5. Morgens und auf das
achte allenfalls für den 5. Abends rechnen; vielleicht erst für den 6. Juni
Morgens. Das siebente Corps hatte noch am 2. Juni eine Vorwärtsbewe¬
gung gegen Robbio gemacht, es mußte etwas müde geworden sein. Mit
Ausnahme des ersten wird man die östreichischen Corps in diesem Zeitpunkt
zu 25,000 bis 30,000 M. anschlagen dürfen; Giulay hatte dann ungefähr
für die Concentrirung bei Abbiategrasso bereit auf den 4. Juni 100,000 M. ;
auf den 5. Juni 150,000 M; auf den 6. Juni 175,000 M.

War es nicht möglich, muß man nothwendig fragen, diese gesammte
Macht ebenso wol am rechten, als am linken Tessinufer zu concentriren, wohl¬
verstanden so, daß man eine hinreichende Anzahl Brücken unmittelbar hinter
sich hatte? Und wie stand es in diesem Falle mit dem Tesstnübergang der
Franzosen, wenn Giulay während desselben zum Angriff schritt?

Am früher Morgen des 3. stand eine Brigade der Division Canon bei
Turvigo am linken Tessinufer, die andere am rechten. An demselben Tage


Giulay hatte, sobald er die Ankunft der ersten Franzosen zu Novara er¬
fuhr — er scheint seine Nachrichten stets außerordentlich spät für einen mit
allen Mitteln der Erkundigung ausgerüsteten Obergeneral erhalten zu haben.
— nichts Eiligeres zu thun, als den Rückzug ans östliche Ufer des Tessin an¬
zutreten. Das zweite, Liechtensteinsche Armeecorps begann ihn früh Morgens
am 2., ging über Vigevano und vereinigte sich bei Magenta mit dem ersten
Armeecorps, — Clam Gallas — welches erst im letzten Drittel des Mai von
Böhmen her auf der Eisenbahn Augsburg und München passirt hatte,
ebenso mittelst der Eisenbahn über Mailand nach Magenta vorgeschoben mit
einem Detachement den Brückenkopf bei S. Martino am rechten Tessinufer
besetzt, denselben aber sofort wieder aufgegeben und am 2. einige Bogen der
Tessinbrücke von Buffalora unvollkommen gesprengt hatte, um sich nun lediglich
am linken Ufer zu halten. Der Feldmarschalllieutenant Clam Gallas übernahm
vorläufig das Commando des vereinigten ersten und zweiten Corps.

Seine Hauptstellung nahm Clam Gallas bei Magenta. Die gesammte
Macht, über welche er gebot, kann man auf etwa 35,000 M. anschlagen.

Am Abend des 2. Juni gingen die Massen des siebenten und dritten Corps,
Zobel und Schwarzenberg, ans linke Ufer des Tessin zurück; ihr Befehl war
sich auf Abbiategrasso und Nosate zu concentriren. — Eben dahin waren
das fünfte Corps, Stadion, über Pavia, das neunte, Schaafgottsche. und das
achte. Benedek, aus der Gegend zwischen Pavia und Piacenza beordert. Die Be¬
fehle an diese letzteren, am entferntesten stehenden Corps gingen sehr langsam.

Nach den Entfernungen, welche die Corps zurückzulegen hatten, um den
Concentrirungspunkt zu erreichen, konnte Giulay auf das erste, zweite, siebente
und dritte Corps etwa für den 4. Juni Morgens, auf das fünfte Corps für
den 4. Abends, auf das neunte Corps für den 5. Morgens und auf das
achte allenfalls für den 5. Abends rechnen; vielleicht erst für den 6. Juni
Morgens. Das siebente Corps hatte noch am 2. Juni eine Vorwärtsbewe¬
gung gegen Robbio gemacht, es mußte etwas müde geworden sein. Mit
Ausnahme des ersten wird man die östreichischen Corps in diesem Zeitpunkt
zu 25,000 bis 30,000 M. anschlagen dürfen; Giulay hatte dann ungefähr
für die Concentrirung bei Abbiategrasso bereit auf den 4. Juni 100,000 M. ;
auf den 5. Juni 150,000 M; auf den 6. Juni 175,000 M.

War es nicht möglich, muß man nothwendig fragen, diese gesammte
Macht ebenso wol am rechten, als am linken Tessinufer zu concentriren, wohl¬
verstanden so, daß man eine hinreichende Anzahl Brücken unmittelbar hinter
sich hatte? Und wie stand es in diesem Falle mit dem Tesstnübergang der
Franzosen, wenn Giulay während desselben zum Angriff schritt?

Am früher Morgen des 3. stand eine Brigade der Division Canon bei
Turvigo am linken Tessinufer, die andere am rechten. An demselben Tage


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107547"/>
            <p xml:id="ID_1545"> Giulay hatte, sobald er die Ankunft der ersten Franzosen zu Novara er¬<lb/>
fuhr &#x2014; er scheint seine Nachrichten stets außerordentlich spät für einen mit<lb/>
allen Mitteln der Erkundigung ausgerüsteten Obergeneral erhalten zu haben.<lb/>
&#x2014; nichts Eiligeres zu thun, als den Rückzug ans östliche Ufer des Tessin an¬<lb/>
zutreten. Das zweite, Liechtensteinsche Armeecorps begann ihn früh Morgens<lb/>
am 2., ging über Vigevano und vereinigte sich bei Magenta mit dem ersten<lb/>
Armeecorps, &#x2014; Clam Gallas &#x2014; welches erst im letzten Drittel des Mai von<lb/>
Böhmen her auf der Eisenbahn Augsburg und München passirt hatte,<lb/>
ebenso mittelst der Eisenbahn über Mailand nach Magenta vorgeschoben mit<lb/>
einem Detachement den Brückenkopf bei S. Martino am rechten Tessinufer<lb/>
besetzt, denselben aber sofort wieder aufgegeben und am 2. einige Bogen der<lb/>
Tessinbrücke von Buffalora unvollkommen gesprengt hatte, um sich nun lediglich<lb/>
am linken Ufer zu halten. Der Feldmarschalllieutenant Clam Gallas übernahm<lb/>
vorläufig das Commando des vereinigten ersten und zweiten Corps.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1546"> Seine Hauptstellung nahm Clam Gallas bei Magenta. Die gesammte<lb/>
Macht, über welche er gebot, kann man auf etwa 35,000 M. anschlagen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1547"> Am Abend des 2. Juni gingen die Massen des siebenten und dritten Corps,<lb/>
Zobel und Schwarzenberg, ans linke Ufer des Tessin zurück; ihr Befehl war<lb/>
sich auf Abbiategrasso und Nosate zu concentriren. &#x2014; Eben dahin waren<lb/>
das fünfte Corps, Stadion, über Pavia, das neunte, Schaafgottsche. und das<lb/>
achte. Benedek, aus der Gegend zwischen Pavia und Piacenza beordert. Die Be¬<lb/>
fehle an diese letzteren, am entferntesten stehenden Corps gingen sehr langsam.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1548"> Nach den Entfernungen, welche die Corps zurückzulegen hatten, um den<lb/>
Concentrirungspunkt zu erreichen, konnte Giulay auf das erste, zweite, siebente<lb/>
und dritte Corps etwa für den 4. Juni Morgens, auf das fünfte Corps für<lb/>
den 4. Abends, auf das neunte Corps für den 5. Morgens und auf das<lb/>
achte allenfalls für den 5. Abends rechnen; vielleicht erst für den 6. Juni<lb/>
Morgens. Das siebente Corps hatte noch am 2. Juni eine Vorwärtsbewe¬<lb/>
gung gegen Robbio gemacht, es mußte etwas müde geworden sein. Mit<lb/>
Ausnahme des ersten wird man die östreichischen Corps in diesem Zeitpunkt<lb/>
zu 25,000 bis 30,000 M. anschlagen dürfen; Giulay hatte dann ungefähr<lb/>
für die Concentrirung bei Abbiategrasso bereit auf den 4. Juni 100,000 M. ;<lb/>
auf den 5. Juni 150,000 M; auf den 6. Juni 175,000 M.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1549"> War es nicht möglich, muß man nothwendig fragen, diese gesammte<lb/>
Macht ebenso wol am rechten, als am linken Tessinufer zu concentriren, wohl¬<lb/>
verstanden so, daß man eine hinreichende Anzahl Brücken unmittelbar hinter<lb/>
sich hatte? Und wie stand es in diesem Falle mit dem Tesstnübergang der<lb/>
Franzosen, wenn Giulay während desselben zum Angriff schritt?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1550" next="#ID_1551"> Am früher Morgen des 3. stand eine Brigade der Division Canon bei<lb/>
Turvigo am linken Tessinufer, die andere am rechten.  An demselben Tage</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0500] Giulay hatte, sobald er die Ankunft der ersten Franzosen zu Novara er¬ fuhr — er scheint seine Nachrichten stets außerordentlich spät für einen mit allen Mitteln der Erkundigung ausgerüsteten Obergeneral erhalten zu haben. — nichts Eiligeres zu thun, als den Rückzug ans östliche Ufer des Tessin an¬ zutreten. Das zweite, Liechtensteinsche Armeecorps begann ihn früh Morgens am 2., ging über Vigevano und vereinigte sich bei Magenta mit dem ersten Armeecorps, — Clam Gallas — welches erst im letzten Drittel des Mai von Böhmen her auf der Eisenbahn Augsburg und München passirt hatte, ebenso mittelst der Eisenbahn über Mailand nach Magenta vorgeschoben mit einem Detachement den Brückenkopf bei S. Martino am rechten Tessinufer besetzt, denselben aber sofort wieder aufgegeben und am 2. einige Bogen der Tessinbrücke von Buffalora unvollkommen gesprengt hatte, um sich nun lediglich am linken Ufer zu halten. Der Feldmarschalllieutenant Clam Gallas übernahm vorläufig das Commando des vereinigten ersten und zweiten Corps. Seine Hauptstellung nahm Clam Gallas bei Magenta. Die gesammte Macht, über welche er gebot, kann man auf etwa 35,000 M. anschlagen. Am Abend des 2. Juni gingen die Massen des siebenten und dritten Corps, Zobel und Schwarzenberg, ans linke Ufer des Tessin zurück; ihr Befehl war sich auf Abbiategrasso und Nosate zu concentriren. — Eben dahin waren das fünfte Corps, Stadion, über Pavia, das neunte, Schaafgottsche. und das achte. Benedek, aus der Gegend zwischen Pavia und Piacenza beordert. Die Be¬ fehle an diese letzteren, am entferntesten stehenden Corps gingen sehr langsam. Nach den Entfernungen, welche die Corps zurückzulegen hatten, um den Concentrirungspunkt zu erreichen, konnte Giulay auf das erste, zweite, siebente und dritte Corps etwa für den 4. Juni Morgens, auf das fünfte Corps für den 4. Abends, auf das neunte Corps für den 5. Morgens und auf das achte allenfalls für den 5. Abends rechnen; vielleicht erst für den 6. Juni Morgens. Das siebente Corps hatte noch am 2. Juni eine Vorwärtsbewe¬ gung gegen Robbio gemacht, es mußte etwas müde geworden sein. Mit Ausnahme des ersten wird man die östreichischen Corps in diesem Zeitpunkt zu 25,000 bis 30,000 M. anschlagen dürfen; Giulay hatte dann ungefähr für die Concentrirung bei Abbiategrasso bereit auf den 4. Juni 100,000 M. ; auf den 5. Juni 150,000 M; auf den 6. Juni 175,000 M. War es nicht möglich, muß man nothwendig fragen, diese gesammte Macht ebenso wol am rechten, als am linken Tessinufer zu concentriren, wohl¬ verstanden so, daß man eine hinreichende Anzahl Brücken unmittelbar hinter sich hatte? Und wie stand es in diesem Falle mit dem Tesstnübergang der Franzosen, wenn Giulay während desselben zum Angriff schritt? Am früher Morgen des 3. stand eine Brigade der Division Canon bei Turvigo am linken Tessinufer, die andere am rechten. An demselben Tage

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/500
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/500>, abgerufen am 22.12.2024.