Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sich als Reserve das Corps von Ccmrobert (das dritte) am Curone, zwischen
Pontecurone und Tortona auf; das zweite (Mac Mahon) und das vierte
Corps (Nie!) standen westwärts der beiden vorigen zwischen der untern Seri-
via und Valenza; sie konnten, so lange sie diese Stellung einnahmen, den
Po bewachen, rechts oder links abmarschiren, sie konnten an einer umgekehr¬
ten Schlacht von Marengo, die vorkommendenfalls zwischen Voghera und
Alessandria geliefert ward, Theil nehmen, wenn sie rechtsum machten; sie
konnten mit linksum und über den Po bei Casale den Piemontesen an der
Sesia zu Hilfe eilen, sollte es Giulay noch einmal einfallen, wieder über
diesen Fluß vorgehn zu wollen. Drei piemontesische Divisionen standen am
reckten Ufer der Sesia, von der Mündung des Flusses aufwärts bis Vercelli,
eine vierte bei Casale in Reserve für diese, die vierte hielt am rechten Po-
ufer die Verbindung zwischen Casale und dem linken Flügel der Franzosen.
Die Kaisergarde war zu Alessandria.

Diese Ausstellung ließ Napoleon der Dritte alsbald nach dem Treffen von
Montebello einnehmen. Sie war am 26. Mai vollendet, also mit Windes¬
eile war auch hier nicht alles geschehen. Indessen kamen die Oestreicher nicht,
wie vermuthet von Piacenza her, um den Angriff am rechten Poufer zu unter¬
nehmen, sie blieben vielmehr am linken Ufer stehen.

Napoleon sah ein, daß ein Stillstand auf diese Weise nicht länger an¬
dauern könne, daß er etwas unternehmen müsse, wenn Giulay es nicht that.
Es trat aber allerdings noch eine kurze Pause ein, welche mit Zweifeln aus¬
gefüllt war. Was sollte unternommen werden?

Das Vorrücken einer großen Armee, welche sich auf die Linie der drei
Plätze Genua, Alessandria und Casale stützt, gegen Osten, muß naturgemäß
und nach allen Regeln der Kriegskunst am Po stattfinden; diese Armee darf
sich vom Po nach Norden hin nur dann ohne Gefahr weiter entfernen, wenn
sie des Sieges gewiß ist; andernfalls läuft sie Gefahr, nach einer Verlornen
Schlacht von dem siegreichen Gegner,, der zwischen ihr und dem Po steht, gegen
die Alpen geworfen zu werden, sie gibt ihren Rückzug Preis. In dieser Lage
hatten sich 1849 die Piemontesen bei Novara den Oestreichern gegenüber be¬
funden. Sie hatten nicht mehr ausweichen können und dies hatte die Nieder¬
lage von Novara so entscheidend gemacht. Wollte Napoleon sich bei der
Offensive, zu welcher er geneigt war, am Po halten, so mußte er am rechten
Ufer auf Piacenza marschiren, um in dessen Gegend über den Fluß zu gehn,
oder er mühte es bei Valenza thun, oder über Casale und von dort über
die untere Sesia. in beiden letzteren Fällen traf er mit seiner Front auf
die Front der Oestreicher; bei Valenza kam noch hinzu, daß hier erst eine
Brücke geschlagen werden mußte, da die Eisenbahnbrücke von den Oestreichern
gesprengt war, und daß der Brückenschlag angesichts der Oestreicher stattfinden


sich als Reserve das Corps von Ccmrobert (das dritte) am Curone, zwischen
Pontecurone und Tortona auf; das zweite (Mac Mahon) und das vierte
Corps (Nie!) standen westwärts der beiden vorigen zwischen der untern Seri-
via und Valenza; sie konnten, so lange sie diese Stellung einnahmen, den
Po bewachen, rechts oder links abmarschiren, sie konnten an einer umgekehr¬
ten Schlacht von Marengo, die vorkommendenfalls zwischen Voghera und
Alessandria geliefert ward, Theil nehmen, wenn sie rechtsum machten; sie
konnten mit linksum und über den Po bei Casale den Piemontesen an der
Sesia zu Hilfe eilen, sollte es Giulay noch einmal einfallen, wieder über
diesen Fluß vorgehn zu wollen. Drei piemontesische Divisionen standen am
reckten Ufer der Sesia, von der Mündung des Flusses aufwärts bis Vercelli,
eine vierte bei Casale in Reserve für diese, die vierte hielt am rechten Po-
ufer die Verbindung zwischen Casale und dem linken Flügel der Franzosen.
Die Kaisergarde war zu Alessandria.

Diese Ausstellung ließ Napoleon der Dritte alsbald nach dem Treffen von
Montebello einnehmen. Sie war am 26. Mai vollendet, also mit Windes¬
eile war auch hier nicht alles geschehen. Indessen kamen die Oestreicher nicht,
wie vermuthet von Piacenza her, um den Angriff am rechten Poufer zu unter¬
nehmen, sie blieben vielmehr am linken Ufer stehen.

Napoleon sah ein, daß ein Stillstand auf diese Weise nicht länger an¬
dauern könne, daß er etwas unternehmen müsse, wenn Giulay es nicht that.
Es trat aber allerdings noch eine kurze Pause ein, welche mit Zweifeln aus¬
gefüllt war. Was sollte unternommen werden?

Das Vorrücken einer großen Armee, welche sich auf die Linie der drei
Plätze Genua, Alessandria und Casale stützt, gegen Osten, muß naturgemäß
und nach allen Regeln der Kriegskunst am Po stattfinden; diese Armee darf
sich vom Po nach Norden hin nur dann ohne Gefahr weiter entfernen, wenn
sie des Sieges gewiß ist; andernfalls läuft sie Gefahr, nach einer Verlornen
Schlacht von dem siegreichen Gegner,, der zwischen ihr und dem Po steht, gegen
die Alpen geworfen zu werden, sie gibt ihren Rückzug Preis. In dieser Lage
hatten sich 1849 die Piemontesen bei Novara den Oestreichern gegenüber be¬
funden. Sie hatten nicht mehr ausweichen können und dies hatte die Nieder¬
lage von Novara so entscheidend gemacht. Wollte Napoleon sich bei der
Offensive, zu welcher er geneigt war, am Po halten, so mußte er am rechten
Ufer auf Piacenza marschiren, um in dessen Gegend über den Fluß zu gehn,
oder er mühte es bei Valenza thun, oder über Casale und von dort über
die untere Sesia. in beiden letzteren Fällen traf er mit seiner Front auf
die Front der Oestreicher; bei Valenza kam noch hinzu, daß hier erst eine
Brücke geschlagen werden mußte, da die Eisenbahnbrücke von den Oestreichern
gesprengt war, und daß der Brückenschlag angesichts der Oestreicher stattfinden


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107543"/>
            <p xml:id="ID_1524" prev="#ID_1523"> sich als Reserve das Corps von Ccmrobert (das dritte) am Curone, zwischen<lb/>
Pontecurone und Tortona auf; das zweite (Mac Mahon) und das vierte<lb/>
Corps (Nie!) standen westwärts der beiden vorigen zwischen der untern Seri-<lb/>
via und Valenza; sie konnten, so lange sie diese Stellung einnahmen, den<lb/>
Po bewachen, rechts oder links abmarschiren, sie konnten an einer umgekehr¬<lb/>
ten Schlacht von Marengo, die vorkommendenfalls zwischen Voghera und<lb/>
Alessandria geliefert ward, Theil nehmen, wenn sie rechtsum machten; sie<lb/>
konnten mit linksum und über den Po bei Casale den Piemontesen an der<lb/>
Sesia zu Hilfe eilen, sollte es Giulay noch einmal einfallen, wieder über<lb/>
diesen Fluß vorgehn zu wollen. Drei piemontesische Divisionen standen am<lb/>
reckten Ufer der Sesia, von der Mündung des Flusses aufwärts bis Vercelli,<lb/>
eine vierte bei Casale in Reserve für diese, die vierte hielt am rechten Po-<lb/>
ufer die Verbindung zwischen Casale und dem linken Flügel der Franzosen.<lb/>
Die Kaisergarde war zu Alessandria.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1525"> Diese Ausstellung ließ Napoleon der Dritte alsbald nach dem Treffen von<lb/>
Montebello einnehmen. Sie war am 26. Mai vollendet, also mit Windes¬<lb/>
eile war auch hier nicht alles geschehen. Indessen kamen die Oestreicher nicht,<lb/>
wie vermuthet von Piacenza her, um den Angriff am rechten Poufer zu unter¬<lb/>
nehmen, sie blieben vielmehr am linken Ufer stehen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1526"> Napoleon sah ein, daß ein Stillstand auf diese Weise nicht länger an¬<lb/>
dauern könne, daß er etwas unternehmen müsse, wenn Giulay es nicht that.<lb/>
Es trat aber allerdings noch eine kurze Pause ein, welche mit Zweifeln aus¬<lb/>
gefüllt war.  Was sollte unternommen werden?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1527" next="#ID_1528"> Das Vorrücken einer großen Armee, welche sich auf die Linie der drei<lb/>
Plätze Genua, Alessandria und Casale stützt, gegen Osten, muß naturgemäß<lb/>
und nach allen Regeln der Kriegskunst am Po stattfinden; diese Armee darf<lb/>
sich vom Po nach Norden hin nur dann ohne Gefahr weiter entfernen, wenn<lb/>
sie des Sieges gewiß ist; andernfalls läuft sie Gefahr, nach einer Verlornen<lb/>
Schlacht von dem siegreichen Gegner,, der zwischen ihr und dem Po steht, gegen<lb/>
die Alpen geworfen zu werden, sie gibt ihren Rückzug Preis. In dieser Lage<lb/>
hatten sich 1849 die Piemontesen bei Novara den Oestreichern gegenüber be¬<lb/>
funden. Sie hatten nicht mehr ausweichen können und dies hatte die Nieder¬<lb/>
lage von Novara so entscheidend gemacht. Wollte Napoleon sich bei der<lb/>
Offensive, zu welcher er geneigt war, am Po halten, so mußte er am rechten<lb/>
Ufer auf Piacenza marschiren, um in dessen Gegend über den Fluß zu gehn,<lb/>
oder er mühte es bei Valenza thun, oder über Casale und von dort über<lb/>
die untere Sesia. in beiden letzteren Fällen traf er mit seiner Front auf<lb/>
die Front der Oestreicher; bei Valenza kam noch hinzu, daß hier erst eine<lb/>
Brücke geschlagen werden mußte, da die Eisenbahnbrücke von den Oestreichern<lb/>
gesprengt war, und daß der Brückenschlag angesichts der Oestreicher stattfinden</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0496] sich als Reserve das Corps von Ccmrobert (das dritte) am Curone, zwischen Pontecurone und Tortona auf; das zweite (Mac Mahon) und das vierte Corps (Nie!) standen westwärts der beiden vorigen zwischen der untern Seri- via und Valenza; sie konnten, so lange sie diese Stellung einnahmen, den Po bewachen, rechts oder links abmarschiren, sie konnten an einer umgekehr¬ ten Schlacht von Marengo, die vorkommendenfalls zwischen Voghera und Alessandria geliefert ward, Theil nehmen, wenn sie rechtsum machten; sie konnten mit linksum und über den Po bei Casale den Piemontesen an der Sesia zu Hilfe eilen, sollte es Giulay noch einmal einfallen, wieder über diesen Fluß vorgehn zu wollen. Drei piemontesische Divisionen standen am reckten Ufer der Sesia, von der Mündung des Flusses aufwärts bis Vercelli, eine vierte bei Casale in Reserve für diese, die vierte hielt am rechten Po- ufer die Verbindung zwischen Casale und dem linken Flügel der Franzosen. Die Kaisergarde war zu Alessandria. Diese Ausstellung ließ Napoleon der Dritte alsbald nach dem Treffen von Montebello einnehmen. Sie war am 26. Mai vollendet, also mit Windes¬ eile war auch hier nicht alles geschehen. Indessen kamen die Oestreicher nicht, wie vermuthet von Piacenza her, um den Angriff am rechten Poufer zu unter¬ nehmen, sie blieben vielmehr am linken Ufer stehen. Napoleon sah ein, daß ein Stillstand auf diese Weise nicht länger an¬ dauern könne, daß er etwas unternehmen müsse, wenn Giulay es nicht that. Es trat aber allerdings noch eine kurze Pause ein, welche mit Zweifeln aus¬ gefüllt war. Was sollte unternommen werden? Das Vorrücken einer großen Armee, welche sich auf die Linie der drei Plätze Genua, Alessandria und Casale stützt, gegen Osten, muß naturgemäß und nach allen Regeln der Kriegskunst am Po stattfinden; diese Armee darf sich vom Po nach Norden hin nur dann ohne Gefahr weiter entfernen, wenn sie des Sieges gewiß ist; andernfalls läuft sie Gefahr, nach einer Verlornen Schlacht von dem siegreichen Gegner,, der zwischen ihr und dem Po steht, gegen die Alpen geworfen zu werden, sie gibt ihren Rückzug Preis. In dieser Lage hatten sich 1849 die Piemontesen bei Novara den Oestreichern gegenüber be¬ funden. Sie hatten nicht mehr ausweichen können und dies hatte die Nieder¬ lage von Novara so entscheidend gemacht. Wollte Napoleon sich bei der Offensive, zu welcher er geneigt war, am Po halten, so mußte er am rechten Ufer auf Piacenza marschiren, um in dessen Gegend über den Fluß zu gehn, oder er mühte es bei Valenza thun, oder über Casale und von dort über die untere Sesia. in beiden letzteren Fällen traf er mit seiner Front auf die Front der Oestreicher; bei Valenza kam noch hinzu, daß hier erst eine Brücke geschlagen werden mußte, da die Eisenbahnbrücke von den Oestreichern gesprengt war, und daß der Brückenschlag angesichts der Oestreicher stattfinden

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/496
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/496>, abgerufen am 23.12.2024.