Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.auch sind ihre Geschütze den östreichischen an Kaliber und Tragfähigkeit überlegen. Der Die militärische Stellung Piemonts ist eine ziemlich schwierige. Kann es auch 5"
auch sind ihre Geschütze den östreichischen an Kaliber und Tragfähigkeit überlegen. Der Die militärische Stellung Piemonts ist eine ziemlich schwierige. Kann es auch 5"
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0045" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107092"/> <p xml:id="ID_108" prev="#ID_107"> auch sind ihre Geschütze den östreichischen an Kaliber und Tragfähigkeit überlegen. Der<lb/> Generalstab ist gut organisirt, und enthält zahlreiche junge, fähige und unterrichtete<lb/> Offiziere. Empfindlich ist aber in der Armee Sardiniens der Mangel an Generalen<lb/> für die höheren Kommandos, zu denen die Armee Vertrauen besäße; wahrscheinlich<lb/> müßte das Obcrcommando einem fremden General gegeben werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_109"> Die militärische Stellung Piemonts ist eine ziemlich schwierige. Kann es auch<lb/> aus die Unterstützung Frankreichs rechnen, so bleibt es doch der Gefahr ausgesetzt,<lb/> von der in der Lombardei ausgestellten östreichischen Armee angegriffen, und vielleicht ver¬<lb/> nichtet zu werden, oder doch erhebliche Verluste zu erleiden, ehe eine französische<lb/> Armee über die Alpen herbeikommen, oder von Genua aus am Kriegsschauplatz er¬<lb/> scheinen kann, den wahrscheinlich die Ebene bei Alessandria bilden würde. So wie<lb/> im Anfang dieses Jahres Oestreich fürchten mußte, von Piemont überrascht zu<lb/> werden, ehe es sich bei Mailand zu concentriren im Stande war, so muß jetzt Pie¬<lb/> mont alles aufbieten, um im Beginn so stark als möglich zu sein, um den ersten<lb/> Stoß der östreichischen Heeresmacht bis zu dem Eintreffen französischer Hilft aus¬<lb/> zuhalten. Dies dürfte der sardinischen Armee durch den Schutz des verschanzten<lb/> Lagers bei Alessandria ermöglicht werden, welches sonach berufen ist, in einem be¬<lb/> vorstehenden Kriege eine wichtige Rolle zu spielen. Im schlimmsten Fall, wenn<lb/> die sardinische Armee sich weder am Po. bei Cascile, noch selbst in Alessandria zu<lb/> halten vermöchte, so stände ihr die Wahl frei, den Rückzug über Turin in das<lb/> Gebirge nach Savoyen oder nach Genua zu nehmen, welches durch seine befestigte<lb/> Lage am Meer und seine gesicherte Verbindung mit Frankreich sich vielleicht am<lb/> besten zum Rcplipunkt der piemontesischen Macht eignen dürste, wozu es auch in der<lb/> That, nach einzelnen Mittheilungen turiner Journale, so wie auch nach dem Um¬<lb/> stand zu schließen, daß die größte Stärke der piemontesischen Armee sich auf deren<lb/> rechten Flügel, gegen Genua hin, befindet, — auserlesen worden zu sein scheint.<lb/> Oestreich seinerseits muß, sobald der Krieg entschieden und beschlossen ist, vom<lb/> militärischen Gesichtspunkt aus seine anfängliche Uebermacht über Sardinien<lb/> rasch und ohne sich durch irgendwelche weitere Rücksichten abhalten zu lassen,<lb/> benutzen, um den Gegner, so lange er noch allein steht, niederzuwerfen, und dadurch<lb/> zugleich die Bewegung im Lande zu ersticken. Wirken nicht andere Rücksichten von<lb/> wirklich höchster Bedeutung lähmend aus seinen diesfällsiger Entschluß ein, so muß<lb/> Oestreich die Initiative ergreifen, und dem Gegner zuvorkommen; aus diesem<lb/> Grunde muß es auch, sobald der erste französische Soldat den piemontesischen Boden<lb/> betritt, dies als os-sus dölli betrachten; denn, es geschehe unter welchem Vorwand<lb/> immer, so ist es dann ziemlich klar, daß an eine Erhaltung des Friedens nicht mehr<lb/> zu denken. Abzuwarten, bis sich die Gegner vereinigen und gemeinsam die zusehende<lb/> östreichische Armee angreifen, wäre vom militärischen, ja, wie wir glauben, von<lb/> jedem Gesichtspunkt aus unverantwortlich. Der erste Feldzug Friedrichs des Zweiten<lb/> im siebenjährigen Krieg, die Invasion Sachsens, liefert das großartigste Beispiel<lb/> in der Kriegsgeschichte, wie eine kühn und geschickt ergriffene Initiative in der De¬<lb/> fensive die Uebermacht der Feinde zu Paralysiren und den Schwächeren selbst zum<lb/><note type="byline"> B.</note> Herrn der Situation zu machen vermag. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 5"</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0045]
auch sind ihre Geschütze den östreichischen an Kaliber und Tragfähigkeit überlegen. Der
Generalstab ist gut organisirt, und enthält zahlreiche junge, fähige und unterrichtete
Offiziere. Empfindlich ist aber in der Armee Sardiniens der Mangel an Generalen
für die höheren Kommandos, zu denen die Armee Vertrauen besäße; wahrscheinlich
müßte das Obcrcommando einem fremden General gegeben werden.
Die militärische Stellung Piemonts ist eine ziemlich schwierige. Kann es auch
aus die Unterstützung Frankreichs rechnen, so bleibt es doch der Gefahr ausgesetzt,
von der in der Lombardei ausgestellten östreichischen Armee angegriffen, und vielleicht ver¬
nichtet zu werden, oder doch erhebliche Verluste zu erleiden, ehe eine französische
Armee über die Alpen herbeikommen, oder von Genua aus am Kriegsschauplatz er¬
scheinen kann, den wahrscheinlich die Ebene bei Alessandria bilden würde. So wie
im Anfang dieses Jahres Oestreich fürchten mußte, von Piemont überrascht zu
werden, ehe es sich bei Mailand zu concentriren im Stande war, so muß jetzt Pie¬
mont alles aufbieten, um im Beginn so stark als möglich zu sein, um den ersten
Stoß der östreichischen Heeresmacht bis zu dem Eintreffen französischer Hilft aus¬
zuhalten. Dies dürfte der sardinischen Armee durch den Schutz des verschanzten
Lagers bei Alessandria ermöglicht werden, welches sonach berufen ist, in einem be¬
vorstehenden Kriege eine wichtige Rolle zu spielen. Im schlimmsten Fall, wenn
die sardinische Armee sich weder am Po. bei Cascile, noch selbst in Alessandria zu
halten vermöchte, so stände ihr die Wahl frei, den Rückzug über Turin in das
Gebirge nach Savoyen oder nach Genua zu nehmen, welches durch seine befestigte
Lage am Meer und seine gesicherte Verbindung mit Frankreich sich vielleicht am
besten zum Rcplipunkt der piemontesischen Macht eignen dürste, wozu es auch in der
That, nach einzelnen Mittheilungen turiner Journale, so wie auch nach dem Um¬
stand zu schließen, daß die größte Stärke der piemontesischen Armee sich auf deren
rechten Flügel, gegen Genua hin, befindet, — auserlesen worden zu sein scheint.
Oestreich seinerseits muß, sobald der Krieg entschieden und beschlossen ist, vom
militärischen Gesichtspunkt aus seine anfängliche Uebermacht über Sardinien
rasch und ohne sich durch irgendwelche weitere Rücksichten abhalten zu lassen,
benutzen, um den Gegner, so lange er noch allein steht, niederzuwerfen, und dadurch
zugleich die Bewegung im Lande zu ersticken. Wirken nicht andere Rücksichten von
wirklich höchster Bedeutung lähmend aus seinen diesfällsiger Entschluß ein, so muß
Oestreich die Initiative ergreifen, und dem Gegner zuvorkommen; aus diesem
Grunde muß es auch, sobald der erste französische Soldat den piemontesischen Boden
betritt, dies als os-sus dölli betrachten; denn, es geschehe unter welchem Vorwand
immer, so ist es dann ziemlich klar, daß an eine Erhaltung des Friedens nicht mehr
zu denken. Abzuwarten, bis sich die Gegner vereinigen und gemeinsam die zusehende
östreichische Armee angreifen, wäre vom militärischen, ja, wie wir glauben, von
jedem Gesichtspunkt aus unverantwortlich. Der erste Feldzug Friedrichs des Zweiten
im siebenjährigen Krieg, die Invasion Sachsens, liefert das großartigste Beispiel
in der Kriegsgeschichte, wie eine kühn und geschickt ergriffene Initiative in der De¬
fensive die Uebermacht der Feinde zu Paralysiren und den Schwächeren selbst zum
B. Herrn der Situation zu machen vermag.
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