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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Tausendmal leichter als mit der Berlepsch geh ich ihr durch alle Saiten der
Seele, sie soll immer froher durch mich werden, denn ich manere, hoff ich,
einige aus dem Altar ihrer Liebe zu ihrer Familie gefallene Steine wieder
ein. Sie hat drei große Güter, und wird, wenn die Processe geendet sind,
wie sie sagt, reicher als eine Herzogin. Im Frühling begleite ich sie ciuss
schönste, und habe alles." -- Der Freund hat doch seine ernsten Bedeuten.
U3. Jan.) ..Ich sann ihrem Leben nach, und bei aller Erhabenheit, die sie
jetzt hat, fand ich doch manches auf ihrem Weg, auf dem sie sie errungen
hat. weshalb ich sie deiner -- es thut mir weh es zu sagen -- unwerth
hielt. Allzeit brach ich meine Gedanken darüber mit den Herderschen Worten
ab: sie trage ihr Schicksal."

27. Jan. "Schiller nähert sich sehr der Kalb, und sagte schon öfter zu
ihr: wir müssen miteinander nach Paris. Hier ist alles revolutionär kühn
und Gattinnen gelten nichts. Wieland nimmt im Frühling, um aufzuleben,
seine erste Geliebte, die Laroche, ins Haus, und die Kalb stellte seiner Finn
den Nutzen vor. Schiller achtet unendlich den fürchterlichen R6elf de la Bre-
tonne und will nach Paris, ihn zu sehen. So viel ist gewiß, eine geistigere
und größere Revolution als die politische, und nur ebenso mörderisch wie
diese, schlägt im Herzen der Welt." -- 2. Febr.: "Die Kalb hat an ihren
Schwager geschrieben wegen der Scheidung. Sie sprach mit einer Gräfin B.,
ohne den Mann zu nennen, über eine hiesige reiche Engländerin, Gore, die
sie ihm zudeukt. Er und sie werden es annehmen. Hier sind Sitten im
Spiel, die ich dir nur mündlich malen kann. Ich beharre fest auf meinen
Stand, auch ist ihr die Trennung ohne alles weitere schon erwünscht, zumal
er mit einem neuen Riß die voxula cal'unus ganz zerrissen. Sie nahm, weil
ihre Phantasie ihr nichts von der UnVeränderlichkeit der Berlepsch gibt, ihre
Resignation schon oft und heftig zurück -- die glühenden Briefe werden dir
einmal unbegreiflich machen, wie ich mein Entsagen ohne Orkane wiederholen
konnte. Müßt ich ihr einmal den Namen einer Geliebten ansagen -- leider
weiß ich keinen -- so thäte sich ein Fegefeuer auf." -- i. März: "Gegen
die Titanide steh ich fest. Ich habe zwar zweimal neulich eine Pfeife ge¬
bucht, wozu sie leider die Fidibus, das Licht und Tabak brachte, aber jetzt
ists verschworen. In einem solchen Fall, wo die andere Person oft selber
außer dem Billiger (was dir unbegreiflich sein muß) eine Heilige wird, ists
uicht leicht, die Pfeife zum Fenster hinauszuwerfen." In diesen Tagen ladet
Flau von Kalb, da ihr Mann Avancements wegen nach München geht. Ottos
^rant Unsre zu sich nach Kalbsrieth: "sie hat im neuen Cölibat grade den
stärksten Wunsch." (4. März) "Ich denke, mit einer Frau von mehr Geistes-
freiheit, Tiefe und Kraft und Toleranz als ich je eine gekannt, wird sich
Amiine wol befreunden. Versäume ihre Bekanntschaft nicht. Die Kalb will


Grenzlwten II. 1659. 43

Tausendmal leichter als mit der Berlepsch geh ich ihr durch alle Saiten der
Seele, sie soll immer froher durch mich werden, denn ich manere, hoff ich,
einige aus dem Altar ihrer Liebe zu ihrer Familie gefallene Steine wieder
ein. Sie hat drei große Güter, und wird, wenn die Processe geendet sind,
wie sie sagt, reicher als eine Herzogin. Im Frühling begleite ich sie ciuss
schönste, und habe alles." — Der Freund hat doch seine ernsten Bedeuten.
U3. Jan.) ..Ich sann ihrem Leben nach, und bei aller Erhabenheit, die sie
jetzt hat, fand ich doch manches auf ihrem Weg, auf dem sie sie errungen
hat. weshalb ich sie deiner — es thut mir weh es zu sagen — unwerth
hielt. Allzeit brach ich meine Gedanken darüber mit den Herderschen Worten
ab: sie trage ihr Schicksal."

27. Jan. „Schiller nähert sich sehr der Kalb, und sagte schon öfter zu
ihr: wir müssen miteinander nach Paris. Hier ist alles revolutionär kühn
und Gattinnen gelten nichts. Wieland nimmt im Frühling, um aufzuleben,
seine erste Geliebte, die Laroche, ins Haus, und die Kalb stellte seiner Finn
den Nutzen vor. Schiller achtet unendlich den fürchterlichen R6elf de la Bre-
tonne und will nach Paris, ihn zu sehen. So viel ist gewiß, eine geistigere
und größere Revolution als die politische, und nur ebenso mörderisch wie
diese, schlägt im Herzen der Welt." — 2. Febr.: „Die Kalb hat an ihren
Schwager geschrieben wegen der Scheidung. Sie sprach mit einer Gräfin B.,
ohne den Mann zu nennen, über eine hiesige reiche Engländerin, Gore, die
sie ihm zudeukt. Er und sie werden es annehmen. Hier sind Sitten im
Spiel, die ich dir nur mündlich malen kann. Ich beharre fest auf meinen
Stand, auch ist ihr die Trennung ohne alles weitere schon erwünscht, zumal
er mit einem neuen Riß die voxula cal'unus ganz zerrissen. Sie nahm, weil
ihre Phantasie ihr nichts von der UnVeränderlichkeit der Berlepsch gibt, ihre
Resignation schon oft und heftig zurück — die glühenden Briefe werden dir
einmal unbegreiflich machen, wie ich mein Entsagen ohne Orkane wiederholen
konnte. Müßt ich ihr einmal den Namen einer Geliebten ansagen — leider
weiß ich keinen — so thäte sich ein Fegefeuer auf." — i. März: „Gegen
die Titanide steh ich fest. Ich habe zwar zweimal neulich eine Pfeife ge¬
bucht, wozu sie leider die Fidibus, das Licht und Tabak brachte, aber jetzt
ists verschworen. In einem solchen Fall, wo die andere Person oft selber
außer dem Billiger (was dir unbegreiflich sein muß) eine Heilige wird, ists
uicht leicht, die Pfeife zum Fenster hinauszuwerfen." In diesen Tagen ladet
Flau von Kalb, da ihr Mann Avancements wegen nach München geht. Ottos
^rant Unsre zu sich nach Kalbsrieth: „sie hat im neuen Cölibat grade den
stärksten Wunsch." (4. März) „Ich denke, mit einer Frau von mehr Geistes-
freiheit, Tiefe und Kraft und Toleranz als ich je eine gekannt, wird sich
Amiine wol befreunden. Versäume ihre Bekanntschaft nicht. Die Kalb will


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/347>, abgerufen am 23.12.2024.