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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Pirckheimers Werken suchte vorne zu helfen, indem er (in der einen Reda¬
ction, S. 251; denn er gibt den Brief zweimal, und das zweite Mal, S. 405,
rente ihn die Aenderung wieder) Mi in sibi verwandelte; während Böcking
umgekehrt (mit welchem Rechte, mag er selbst zusehen) /kvesSc" durch Käs über¬
setzt, indeß lieber eAiwsso lesen möchte. Doch eine weit einfachere Heilung
der Stelle bietet sich durch eine leichte Aenderung der Jnterpunction. Man lese:
es ... äignissimns ... <M dro omni antica, pravserveris psste, tibi, amieis et
Nusis vivens. ^->7Sav! (d. h. möge es geschehen , mein Wunsch in Er¬
füllung gehen!) und alles ist in Ordnung.

Ein besonderes Verdienst hat sich der Herausgeber um die wichtigen
Briefe des Crotus erworben, die uns bisher in gar traurig verdorbener
Gestalt vorlagen. Aus einer Handschrift in der herzoglichen Bibliothek zu
Gotha Hot er einen zum ersten Mal ans Licht gezogen, andere wenigstens
zum ersten Male lesbar gemacht, und auch diejenigen, von welchen keine Hand¬
schrift mehr vorhanden ist, vielfaltig verbessert. Doch ist hier immer noch
ein Feld für weitere Bemühungen, besonders da auch die gothaische Hand¬
schrift nicht die Urschrift des Crotus ist. Wenn dieser sich in einem Brief
an Luther über eine zu erwartende Schrift des Silvester Prierias lustig macht
und meint, wenn das Mondkalb geboren sein werde, mox... xvrtemus s>ä
extromas insulas, aut pro loco i-elinquamus in meäio Irominum (S. 308,
Z. 26 f.), so wird es erlaubt sein, statt des sinnleeren pro loco, pro iooo
d. h. luäiw-lo, zum Spaße, zu vermuthen. In einem andern Brief redet
Crotus Luthern zu, den guten Willen Franzens von Sickingen nicht zurück¬
zuweisen, da er nicht wissen könne, wann er den Schutz des Ritters brauchen
werde. Denn römischerseits gebe man sich alle Mühe, ihn um den seines
Kurfürsten zu bringen und zur Flucht nach Böhmen zu nöthigen. Dann,
meinen seine Feinde, wäre es um seinen Credit geschehen, da die Böhmen
einmal für Ketzer gelten: nosti in Huem coirtemntum adiit roe nomen
(Lvdemoi'um); et opinio aetate eomprodg-eg. punt va-le^t, ^melas non cloeuit
(S. 340, Z. 32). Böcking hat hinter das äoeuit ein Fragezeichen gesetzt:
was die von der Zeit bekräftigte Meinung vermöge, hat das nicht Judas
gelehrt? Wir antworten: Nein! das hat er nicht gelehrt, weder der Verräther,
daß wir wüßten, noch der Verfasser des Briefs Jubel, und geben dem Heraus¬
geber sein Fragezeichen, von dem wir keinen Gebrauch machen können, zurück.
Freilich aber, wenn uns Judas dasjenige, wovon die Rede, nicht gelehrt hat,
was thut er dann hier? Der ängstliche Crotus, müssen wir uns erinnern, er¬
mahnt in seinen Briefen aus dem Jahr 1520 den kühnen Reformator wieder¬
holt zur Vorsicht. Lireumsinee, schreibt er ihm etwas später, ^rgus sis...
Insiäiae nmZnae sunt nbiyue... ^.nclivi "zgo ins auritus rodustnm Oentau-
nun, Lanoniens erat, rendues xroütentem, non clWeile neMtium sibi köre,


Pirckheimers Werken suchte vorne zu helfen, indem er (in der einen Reda¬
ction, S. 251; denn er gibt den Brief zweimal, und das zweite Mal, S. 405,
rente ihn die Aenderung wieder) Mi in sibi verwandelte; während Böcking
umgekehrt (mit welchem Rechte, mag er selbst zusehen) /kvesSc» durch Käs über¬
setzt, indeß lieber eAiwsso lesen möchte. Doch eine weit einfachere Heilung
der Stelle bietet sich durch eine leichte Aenderung der Jnterpunction. Man lese:
es ... äignissimns ... <M dro omni antica, pravserveris psste, tibi, amieis et
Nusis vivens. ^->7Sav! (d. h. möge es geschehen , mein Wunsch in Er¬
füllung gehen!) und alles ist in Ordnung.

Ein besonderes Verdienst hat sich der Herausgeber um die wichtigen
Briefe des Crotus erworben, die uns bisher in gar traurig verdorbener
Gestalt vorlagen. Aus einer Handschrift in der herzoglichen Bibliothek zu
Gotha Hot er einen zum ersten Mal ans Licht gezogen, andere wenigstens
zum ersten Male lesbar gemacht, und auch diejenigen, von welchen keine Hand¬
schrift mehr vorhanden ist, vielfaltig verbessert. Doch ist hier immer noch
ein Feld für weitere Bemühungen, besonders da auch die gothaische Hand¬
schrift nicht die Urschrift des Crotus ist. Wenn dieser sich in einem Brief
an Luther über eine zu erwartende Schrift des Silvester Prierias lustig macht
und meint, wenn das Mondkalb geboren sein werde, mox... xvrtemus s>ä
extromas insulas, aut pro loco i-elinquamus in meäio Irominum (S. 308,
Z. 26 f.), so wird es erlaubt sein, statt des sinnleeren pro loco, pro iooo
d. h. luäiw-lo, zum Spaße, zu vermuthen. In einem andern Brief redet
Crotus Luthern zu, den guten Willen Franzens von Sickingen nicht zurück¬
zuweisen, da er nicht wissen könne, wann er den Schutz des Ritters brauchen
werde. Denn römischerseits gebe man sich alle Mühe, ihn um den seines
Kurfürsten zu bringen und zur Flucht nach Böhmen zu nöthigen. Dann,
meinen seine Feinde, wäre es um seinen Credit geschehen, da die Böhmen
einmal für Ketzer gelten: nosti in Huem coirtemntum adiit roe nomen
(Lvdemoi'um); et opinio aetate eomprodg-eg. punt va-le^t, ^melas non cloeuit
(S. 340, Z. 32). Böcking hat hinter das äoeuit ein Fragezeichen gesetzt:
was die von der Zeit bekräftigte Meinung vermöge, hat das nicht Judas
gelehrt? Wir antworten: Nein! das hat er nicht gelehrt, weder der Verräther,
daß wir wüßten, noch der Verfasser des Briefs Jubel, und geben dem Heraus¬
geber sein Fragezeichen, von dem wir keinen Gebrauch machen können, zurück.
Freilich aber, wenn uns Judas dasjenige, wovon die Rede, nicht gelehrt hat,
was thut er dann hier? Der ängstliche Crotus, müssen wir uns erinnern, er¬
mahnt in seinen Briefen aus dem Jahr 1520 den kühnen Reformator wieder¬
holt zur Vorsicht. Lireumsinee, schreibt er ihm etwas später, ^rgus sis...
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nun, Lanoniens erat, rendues xroütentem, non clWeile neMtium sibi köre,


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[0257] Pirckheimers Werken suchte vorne zu helfen, indem er (in der einen Reda¬ ction, S. 251; denn er gibt den Brief zweimal, und das zweite Mal, S. 405, rente ihn die Aenderung wieder) Mi in sibi verwandelte; während Böcking umgekehrt (mit welchem Rechte, mag er selbst zusehen) /kvesSc» durch Käs über¬ setzt, indeß lieber eAiwsso lesen möchte. Doch eine weit einfachere Heilung der Stelle bietet sich durch eine leichte Aenderung der Jnterpunction. Man lese: es ... äignissimns ... <M dro omni antica, pravserveris psste, tibi, amieis et Nusis vivens. ^->7Sav! (d. h. möge es geschehen , mein Wunsch in Er¬ füllung gehen!) und alles ist in Ordnung. Ein besonderes Verdienst hat sich der Herausgeber um die wichtigen Briefe des Crotus erworben, die uns bisher in gar traurig verdorbener Gestalt vorlagen. Aus einer Handschrift in der herzoglichen Bibliothek zu Gotha Hot er einen zum ersten Mal ans Licht gezogen, andere wenigstens zum ersten Male lesbar gemacht, und auch diejenigen, von welchen keine Hand¬ schrift mehr vorhanden ist, vielfaltig verbessert. Doch ist hier immer noch ein Feld für weitere Bemühungen, besonders da auch die gothaische Hand¬ schrift nicht die Urschrift des Crotus ist. Wenn dieser sich in einem Brief an Luther über eine zu erwartende Schrift des Silvester Prierias lustig macht und meint, wenn das Mondkalb geboren sein werde, mox... xvrtemus s>ä extromas insulas, aut pro loco i-elinquamus in meäio Irominum (S. 308, Z. 26 f.), so wird es erlaubt sein, statt des sinnleeren pro loco, pro iooo d. h. luäiw-lo, zum Spaße, zu vermuthen. In einem andern Brief redet Crotus Luthern zu, den guten Willen Franzens von Sickingen nicht zurück¬ zuweisen, da er nicht wissen könne, wann er den Schutz des Ritters brauchen werde. Denn römischerseits gebe man sich alle Mühe, ihn um den seines Kurfürsten zu bringen und zur Flucht nach Böhmen zu nöthigen. Dann, meinen seine Feinde, wäre es um seinen Credit geschehen, da die Böhmen einmal für Ketzer gelten: nosti in Huem coirtemntum adiit roe nomen (Lvdemoi'um); et opinio aetate eomprodg-eg. punt va-le^t, ^melas non cloeuit (S. 340, Z. 32). Böcking hat hinter das äoeuit ein Fragezeichen gesetzt: was die von der Zeit bekräftigte Meinung vermöge, hat das nicht Judas gelehrt? Wir antworten: Nein! das hat er nicht gelehrt, weder der Verräther, daß wir wüßten, noch der Verfasser des Briefs Jubel, und geben dem Heraus¬ geber sein Fragezeichen, von dem wir keinen Gebrauch machen können, zurück. Freilich aber, wenn uns Judas dasjenige, wovon die Rede, nicht gelehrt hat, was thut er dann hier? Der ängstliche Crotus, müssen wir uns erinnern, er¬ mahnt in seinen Briefen aus dem Jahr 1520 den kühnen Reformator wieder¬ holt zur Vorsicht. Lireumsinee, schreibt er ihm etwas später, ^rgus sis... Insiäiae nmZnae sunt nbiyue... ^.nclivi «zgo ins auritus rodustnm Oentau- nun, Lanoniens erat, rendues xroütentem, non clWeile neMtium sibi köre,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/257>, abgerufen am 23.12.2024.