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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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1857 besonders stark gewordene Nachfrage nach Silber zur Verschiffung nach
Indien und China wesentlich mitwirken mußte, da konnte es nicht ausbleiben,
daß der größere Theil des in Europa importirten Goldes sofort seinen Weg
in die pariser Münze nahm, daß damit die vollhaltigen silbernen Fünsfrank-
stücke zum Einschmelzen und zur Ausfuhr aufgekauft wurden und das Provcnü
dieses Silberexports wieder zum Ankauf von Gold diente, um die nämliche
gewinmciche Procedur zu wiederholen. So ist es gekommen, daß Europa im
Stande gewesen ist, in den Jahren 1852 bis 1857 Silber zum Werth von
443 Mill. Thlr. nach Ostasien zu versenden, denn die Silberrimessen aus
Südamerika und Mexiko hätten hierzu bei weitem nicht ausgereicht. Wie
viel Frankreich zu diesem erstaunlichen Silberexport geliefert hat, läßt sich nicht
mit Genauigkeit ermitteln, allein es ist wol nicht zu bezweifeln, daß gegen
die dort neu in Circulation gekommenen etwa 3000 Mill. Franken gewiß
weit über die Hälfte dieses Werthes an Silber außer Landes gegangen ist.
Ganz klar aber liegt es vor Augen, daß so lange man in Frankreich, ab¬
gesehen von den hinzukommenden verhältnißmäßig unbedeutenden Münzkosten
und sonstigen Spesen, für 1 Pfd. Gold 15-/- Pfd. Silber sich verschaffen
kann, die Werthrelation der Edelmetalle auf dem Weltmarkt unmöglich unter
dies Verhältniß erheblich sinken kann.

Alle Anzeichen sprechen dafür, daß die dermalige große Goldgewinnung
sein rasch vorübergehendes Phänomen, sondern wenigstens noch sür eine Reihe
von Jahren von Dauer sein wird. Die Goldgewinnung durch vereinzeltes
Graben und Auswaschen hat in Kalifornien und Australien an Ergiebigkeit schon
verloren; dagegen ist aber mit Hilfe darauf verwendeter Capitalien und Ma¬
schinen die systematische Ausbeutung der Goldablagerungen und des im
Quarz selbst noch enthaltenen Goldes mehr und mehr -in Angriff genommen
und verspricht nachhaltige Resultate. Mag auch in vielen Fällen der schlie߬
liche Reingewinn bei diesem Bergbau den davon gehegten Erwartungen we¬
niger entsprechen, so wird nichts desto weniger eine Menge Gold dadurch pro-
ducirt, und die einmal vorhandene Capitalanlage ist ein Motiv, die begonnene
Production mit möglichster Ausdauer fortzuführen. Auch haben sorgfältige
geologische Untersuchungen ergeben, daß sowol in den eben genannten Ländern
als nicht minder in Sibirien die Gold enthaltenden Landstriche und Gebirgs-
züge eine sehr große Ausdehnung haben, welche noch auf lange Zeit hin er¬
giebige Ausbeute in Aussicht stellen.

Wie bei allen übrigen Waaren, so muß auch beim Gold eine ungewöhn¬
liche und anhaltende Zunahme der Production die naturgemäße Tendenz haben,
eine bedeutende Werthverringerung herbeizuführen -- wofern nicht eine ent¬
sprechende Nachfrage zu einer Verwendung unter gleichen Preisvevhältniffen
wie bis dahin, ein Gegengewicht abgibt. Wir haben gesehen, daß eine solche


1857 besonders stark gewordene Nachfrage nach Silber zur Verschiffung nach
Indien und China wesentlich mitwirken mußte, da konnte es nicht ausbleiben,
daß der größere Theil des in Europa importirten Goldes sofort seinen Weg
in die pariser Münze nahm, daß damit die vollhaltigen silbernen Fünsfrank-
stücke zum Einschmelzen und zur Ausfuhr aufgekauft wurden und das Provcnü
dieses Silberexports wieder zum Ankauf von Gold diente, um die nämliche
gewinmciche Procedur zu wiederholen. So ist es gekommen, daß Europa im
Stande gewesen ist, in den Jahren 1852 bis 1857 Silber zum Werth von
443 Mill. Thlr. nach Ostasien zu versenden, denn die Silberrimessen aus
Südamerika und Mexiko hätten hierzu bei weitem nicht ausgereicht. Wie
viel Frankreich zu diesem erstaunlichen Silberexport geliefert hat, läßt sich nicht
mit Genauigkeit ermitteln, allein es ist wol nicht zu bezweifeln, daß gegen
die dort neu in Circulation gekommenen etwa 3000 Mill. Franken gewiß
weit über die Hälfte dieses Werthes an Silber außer Landes gegangen ist.
Ganz klar aber liegt es vor Augen, daß so lange man in Frankreich, ab¬
gesehen von den hinzukommenden verhältnißmäßig unbedeutenden Münzkosten
und sonstigen Spesen, für 1 Pfd. Gold 15-/- Pfd. Silber sich verschaffen
kann, die Werthrelation der Edelmetalle auf dem Weltmarkt unmöglich unter
dies Verhältniß erheblich sinken kann.

Alle Anzeichen sprechen dafür, daß die dermalige große Goldgewinnung
sein rasch vorübergehendes Phänomen, sondern wenigstens noch sür eine Reihe
von Jahren von Dauer sein wird. Die Goldgewinnung durch vereinzeltes
Graben und Auswaschen hat in Kalifornien und Australien an Ergiebigkeit schon
verloren; dagegen ist aber mit Hilfe darauf verwendeter Capitalien und Ma¬
schinen die systematische Ausbeutung der Goldablagerungen und des im
Quarz selbst noch enthaltenen Goldes mehr und mehr -in Angriff genommen
und verspricht nachhaltige Resultate. Mag auch in vielen Fällen der schlie߬
liche Reingewinn bei diesem Bergbau den davon gehegten Erwartungen we¬
niger entsprechen, so wird nichts desto weniger eine Menge Gold dadurch pro-
ducirt, und die einmal vorhandene Capitalanlage ist ein Motiv, die begonnene
Production mit möglichster Ausdauer fortzuführen. Auch haben sorgfältige
geologische Untersuchungen ergeben, daß sowol in den eben genannten Ländern
als nicht minder in Sibirien die Gold enthaltenden Landstriche und Gebirgs-
züge eine sehr große Ausdehnung haben, welche noch auf lange Zeit hin er¬
giebige Ausbeute in Aussicht stellen.

Wie bei allen übrigen Waaren, so muß auch beim Gold eine ungewöhn¬
liche und anhaltende Zunahme der Production die naturgemäße Tendenz haben,
eine bedeutende Werthverringerung herbeizuführen — wofern nicht eine ent¬
sprechende Nachfrage zu einer Verwendung unter gleichen Preisvevhältniffen
wie bis dahin, ein Gegengewicht abgibt. Wir haben gesehen, daß eine solche


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[0176] 1857 besonders stark gewordene Nachfrage nach Silber zur Verschiffung nach Indien und China wesentlich mitwirken mußte, da konnte es nicht ausbleiben, daß der größere Theil des in Europa importirten Goldes sofort seinen Weg in die pariser Münze nahm, daß damit die vollhaltigen silbernen Fünsfrank- stücke zum Einschmelzen und zur Ausfuhr aufgekauft wurden und das Provcnü dieses Silberexports wieder zum Ankauf von Gold diente, um die nämliche gewinmciche Procedur zu wiederholen. So ist es gekommen, daß Europa im Stande gewesen ist, in den Jahren 1852 bis 1857 Silber zum Werth von 443 Mill. Thlr. nach Ostasien zu versenden, denn die Silberrimessen aus Südamerika und Mexiko hätten hierzu bei weitem nicht ausgereicht. Wie viel Frankreich zu diesem erstaunlichen Silberexport geliefert hat, läßt sich nicht mit Genauigkeit ermitteln, allein es ist wol nicht zu bezweifeln, daß gegen die dort neu in Circulation gekommenen etwa 3000 Mill. Franken gewiß weit über die Hälfte dieses Werthes an Silber außer Landes gegangen ist. Ganz klar aber liegt es vor Augen, daß so lange man in Frankreich, ab¬ gesehen von den hinzukommenden verhältnißmäßig unbedeutenden Münzkosten und sonstigen Spesen, für 1 Pfd. Gold 15-/- Pfd. Silber sich verschaffen kann, die Werthrelation der Edelmetalle auf dem Weltmarkt unmöglich unter dies Verhältniß erheblich sinken kann. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß die dermalige große Goldgewinnung sein rasch vorübergehendes Phänomen, sondern wenigstens noch sür eine Reihe von Jahren von Dauer sein wird. Die Goldgewinnung durch vereinzeltes Graben und Auswaschen hat in Kalifornien und Australien an Ergiebigkeit schon verloren; dagegen ist aber mit Hilfe darauf verwendeter Capitalien und Ma¬ schinen die systematische Ausbeutung der Goldablagerungen und des im Quarz selbst noch enthaltenen Goldes mehr und mehr -in Angriff genommen und verspricht nachhaltige Resultate. Mag auch in vielen Fällen der schlie߬ liche Reingewinn bei diesem Bergbau den davon gehegten Erwartungen we¬ niger entsprechen, so wird nichts desto weniger eine Menge Gold dadurch pro- ducirt, und die einmal vorhandene Capitalanlage ist ein Motiv, die begonnene Production mit möglichster Ausdauer fortzuführen. Auch haben sorgfältige geologische Untersuchungen ergeben, daß sowol in den eben genannten Ländern als nicht minder in Sibirien die Gold enthaltenden Landstriche und Gebirgs- züge eine sehr große Ausdehnung haben, welche noch auf lange Zeit hin er¬ giebige Ausbeute in Aussicht stellen. Wie bei allen übrigen Waaren, so muß auch beim Gold eine ungewöhn¬ liche und anhaltende Zunahme der Production die naturgemäße Tendenz haben, eine bedeutende Werthverringerung herbeizuführen — wofern nicht eine ent¬ sprechende Nachfrage zu einer Verwendung unter gleichen Preisvevhältniffen wie bis dahin, ein Gegengewicht abgibt. Wir haben gesehen, daß eine solche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/176>, abgerufen am 03.01.2025.